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0261 - Im Schatten des Würgers

0261 - Im Schatten des Würgers

Titel: 0261 - Im Schatten des Würgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Kalmuczak
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aus, als hätten wir nichts miteinander zu schaffen.
    Wir mußten sehr vorsichtig sein. Zwar kannten wir Edward Callagham sehr genau, doch von seinen Gangstern wußten wir nichts. Leicht konnte uns einer der gewiß mißtrauischen Burschen auf der Treppe begegnen, Lunte riechen und sich davonmachen, um seine Gang zu warnen.
    Das Treppenhaus war schmierig. Kinder hatten die Wände bekritzelt. Ungeschickte Figuren waren auf die wahrscheinlich jahrzehntealte Tapete gemalt. Die auf die Straße weisenden Fenster des Treppenhauses waren staubig.
    Die Richtung der Treppe wechselte in jedem Stockwerk um neunzig Grad. Jede Treppe bestand aus 18 Stufen.
    Wir waren im zweiten Stock angelangt.
    Aus einer Wohnung drang das Plärren eines Radios. Eine quäkende Stimme sang irgendeinen Schlager und bemühte sich dabei nach Kräften um fremdländischen Akzent. Das Gedudel brach jäh ab. An seiner Stelle setzte ein wütende Männerstimme ein. Der Besitzer der Stimme ließ eine wüste Schimpfkanonade vom Stapel. Eine Frau antwortete keifend. Ihr Vokabular war noch reichhaltiger als das des Mannes. Sie mischte einige Ausdrücke darunter, die ich noch nie gehört hatte.
    »Vornehme Gegend«, kommentierte Phil. »Hoffentlich sind uns Calligham und seine Mannen dafür dankbar, daß wir sie aus dieser Nachbarschaft befreien.«
    »Noch ist es nicht soweit«, erwiderte ich und tastete nach der Smith and Wesson, die'wie stets unter der linken Achsel saß.
    Im dritten Stockwerk war es ziemlich düster. Die Scheiben des kleinen Treppenhausfensters, das als einzige Lichtquelle vorhanden war, bestanden aus Milchglas. Wegen der Staubschicht darauf drang nur wenig Tageslicht herein. Der Flur roch nach. Kohl und angebranntem Fleisch.
    Wir waren soeben im Begriff, die letzte Treppe emporzusteigen, als im vierten Stock eine Tür zugeschlagen wurde. Kurz darauf vernahm ich das Klappern von Damenschuhen. In den Gängen lagen keine Teppiche oder Läufer, und so konnte man das Stakkato der Absätze überdeutlich vernehmen.
    — Wir trugen Schuhe mit Gummisohlen, was unsere Schritte bis zur Lautlosigkeit dämpfte.
    Ich zog Phil am Ärmel in den Gang hinein, um von der Frau, die jetzt die Treppe herabkam, nicht sofort gesehen zu werden. Unsere Kollegen, denen ich ein Zeichen gab, schlüpften auf die andere Seife des Ganges.
    »Das Apartment Nr. 17 liegt dem Treppenabsatz genau gegenüber. Wenn mich nicht alles täuscht, war es die Tür dieses Apartments, die eben zuklappte.« Ich raunte Phil die Worte ins Ohr, und mein Freund nickte.
    Wir stellten uns so dicht wie möglich neben der Treppe auf. Das Klappern der Absätze hatte sich jetzt bis auf wenige' Stufen genähert. Die Frau ging die Treppe hinab und mußte in wenigen Sekunden an mir vorbei.
    Ich wagte nicht, hinter der Ecke hervorzuschauen. Zwar hatte ich keine Ahnung, um wen es sich handeln konnte. Aber immerhin war es verdächtig genug, da die Frau aller Wahrscheinlichkeit nach aus dem Apartment der Gangster kam.
    Jetzt mochten die Frau nur noch drei oder vier Stufen von der Ecke trennen, hinter der Phil und ich standen.
    Plötzlich verstummten die Schritte.
    Ich hielt den Atem an.
    Ich wandte den Kopf etwas nach rechts, um Phil ein Zeichen zu geben, gleichzeitig mit mir hervorzutreten. Als ich den Köpf wandte, wurde ich vor Schreck ganz starr. Ich hatte einen Fehler begangen, der kaum wiedergutzumachen war. Ich hätte mich ohrfeigen können wegen dieser Eselei. Aber auch Phil und meinen Kollegen war unsere Unachtsamkeit nicht aufgefallen.
    Wir alle hatten unsere Aufmerksamkeit in dem dunklen Flur nach vorn, das heißt, in Richtung zur Treppe konzentriert. Was hinter uns vorging, beachteten wir nicht. Das heißt, es ging gar nichts vor sich. Aber direkt gegenüber der Treppe — also schräg hinter uns — hing ein großer Spiegel an der Wand. Der Spiegel war beinahe mannshoch, fast einen Meter breit und so blind, als habe man mit einem Messer stundenlang darauf herumgeschabt.
    Obwohl der Flur recht dunkel war und obwohl der Spiegel bestimmt nicht ausreichte, um einer Dame zur Überprüfung des Make-up dienlich zu sein — immerhin reichten die Lichtverhältnisse und die Reflektionskraft des Spiegels aus, um mich und Phil in voller Lebensgröße abzubilden. Ich sah uns beide in dem Spiegel; unsere lauernde Haltung hinter der Flurfecke hatte etwas Komisches an sich, zumal der Gegenstand unseres Versteckspiels auf der Treppe stand und uns in dem Spiegel aus entsetzten Augen anstarrte.
    Wir waren für

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