0261 - Im Schatten des Würgers
schien ihm ein Gedanke gekommen zu sein, denn er lächelte befreit. »Richtig, Mister Cotton. Sie meinen die Körbe. Das hat seine besondere Bewandtnis. Ich habe nämlich gute Beziehungen zu der Firma. Sie liefert mir ihre Ware 5?u einem besonders günstigen Preis. Das machen sich meine Angestellten zunutze. Wir haben gemeinsam einen Eisschrank angeschafft. Er steht im ersten Stock im vierten Zimmer rechts. Dort deponieren wir die Metzgereiwaren. Meine Angestellten nehmen sich dann abends regelmäßig große Pakete mit nach Hause. Es sind jeweils Waren, die sie bestellt haben. Es ist für sie billiger und recht bequem.«
»Dürfen wir den Eisschrank sehen?«
»Natürlich. Bitte kommen Sie doch mit!«
Er ging uns voran zur Treppe. Sein Gang hatte wieder etwas Hinterhältiges und Schleichendes.
»Ist außer Ihnen noch jemand im Hause?« fragte ich, während wir die Treppen emporstiegen.
»Nein. Ich bin hier im Augenblick ganz allein.«
»Während der letzten Stunde war auch niemand bei Ihnen?«
»Niemand! — Die beiden Fleischereiangestellten waren die einzigen, die seit heute morgen um vier Uhr das Haus betreten haben. Um vier machen wir die Bar dicht.«
Wir waren im ersten Stock angelangt. Meyer Gerstein schritt vor uns durch den Gang. Vor der vierten Tür machte er halt. Ich war in diesem Zimmer noch nicht gewesen. Als Meyer Gerstein die Tür öffnete, erblickte ich einen großen Raum, dessen Mobiliar hauptsächlich aus Schränken bestand. Das Ganze machte den Eindruck von einer Art Vorratskammer. In der Ecke befand sich ein mannshoher Eisschrank.
Gerstein trat hinzu und zog die hohe Tür auf.
Der Schrank war mit Flaschen, Konserven und anderen Dingen vollgestopft. Ich hörte das leise Surren des Motors, der für die nötige Kälte sorgt. Die beiden untersten Fächer waren mit viereckigen Drahtkörben mittlerer Größe vollgepackt.
Ich starrte einige Sekunden hinein. Dann nahm ich eines der weißen Pakete aus den Körben und prüfte den Inhalt. Es handelte sich tatsächlich um Fleisch. Ich machte noch ein gutes Dutzend Stichproben, immer mit dem gleichen Ergebnis.
»Okay«, sagte ich. »Sie können den Schrank wieder' schließen. Wir wollten nur sehen, ob…«
»Moment bitte«, unterbrach mich in diesem Augenblick mein Kollege Jake Dean, der während der ganzen Zeit wortlos neben mir gestanden hatte. »Ich habe genau gesehen, daß sieben Körbe ins Haus gebracht wurden. Hier aber stehen nur sechs.«
Jake hatte sich nicht geirrt. Für die Richtigkeit seiner Worte sprach das Benehmen, das Meyer Gerstein in diesem Augenblick an den Tag legte. Er wurde käseweiß im Gesicht. Dan flackerte es in seinen Augen auf, und einer panischen Eingebung folgend, stürzte er zur Tür. Ich erwischte ihn nach zwei Schritten.
»Also doch«, sagte ich und riß den Bar-Boß an der Schulter zurück. »Was war in dem siebenten Korb, und wo ist er?«
Ich hatte das Distriktgebäude noch keine Viertelstunde verlassen, als auf Phils Schreibtisch das Telefon anschlug. Mein Freund nahm den Hörer ab, meldete sich und erhielt eine Bombennachricht.
Am anderen Ende der Leitung war ein Leutnant der Stadt-Polizei. Er gehörte dem Revier an, das in dem Bezirk nordwestlich des Times Square für Ordnung zu sorgen hat. Selbstverständlich war die Stadt-Polizei in die Fahndungsmaschinerie eingeschaltet worden, die wir wegen Messer, Callagham und der Scott in Bewegung gesetzt hatten.
»Mister Decker, ich habe eine wichtige Meldung. Vor etwa einer halben Stunde wurde von Sergeant Walker in der Westlichen 52. Straße ein Mann beobachtet, der dem gesuchten Edward Callagham sehr ähnlich sieht. Sergeant Walker verfolgte den Mann bis zu einem kleinen Apartment-Haus. Er fragte den Besitzer nach dem Herrn. Er erfuhr, daß der Mann das 17. Apartment innehat und daß dort in fünf aneinandergrenzenden Zimmern fünf Männer wohnen. Sie sind dem Hausmeister nur unter den Allerweltsnamen Smith, Collins, Miller, Yongster und Falker bekannt. — Sergeant Walker ist davon überzeugt, daß er sich nicht geirrt hat.«
»Das ist ausgezeichnet, Leutnant«, bedankte sich Phil. »Ich zolle Ihrem Sergeanten alle Hochachtung. Wir hätten nicht geglaubt, daß sich so schnell eine Spur finden läßt. Bitte geben Sie mir die genaue Adresse!«
Phil notierte sich die Hausnummer und legte dann den Hörer auf die Gabel zurück. Er besprach sich als nächstes mit Mr. High. Fünf Minuten später griff Phil 'wieder zum Telefon.
***
Gerstein zitterte am ganzen Leib.
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