027 - Gefangener des Unsichtbaren
Leben, schon gar nicht Träume, die dreißig, vierzig oder gar mehr Jahre
zurückliegen. Oder erinnerst du dich daran, was du als junges Mädchen geträumt
hast ?«
»Natürlich nicht, Phil .« Sie streichelte seine Stirn.
»Etwas stimmt da nicht, Eileen…«
kam er mit seinen Gedanken nicht von dem Thema los.
»Nicht mehr dran denken… du
phantasierst… das Fieber, Phil, es ist nur das Fieber… morgen wird es besser
sein… Versuch zu schlafen, ich bleib noch etwas hier und halte deine Hand. Nun
wird alles wieder gut werden, Phil, glaub mir…«
Ein kaum merkliches Nicken schien
ihre Worte zu bestätigen. Philip Hanton hörte nur mit halbem Ohr hin. Er war
mit seinen Gedanken ganz woanders. Aber darüber sprach er nicht mehr.
●
Noch während Eileen Hanton bei
ihrem Mann am Bett saß, warf die Nachtschwester beim Kontrollgang einen Blick
in den Raum.
Sie war überrascht und ein wenig
verärgert, Eileen Hanton zu sehen.
»Sie sollten zu Bett gehen, Missis
Hanton«, sagte sie schnippisch. »Mit Ihrer Unruhe helfen Sie weder Ihrem Mann
noch sich. Es ist niemand damit gedient, wenn auch Sie noch krank werden. Gehen
Sie schlafen! Der Zustand Ihres Mannes ist unverändert. Sollte etwas sein,
werden wir Sie wecken .«
Eileen Hanton ließ sich durch die
Aufforderung nicht irritieren. Sie legte den Finger an die Lippen. »Pst! Er ist
gerade wieder eingeschlafen… Verhalten Sie sich bitte ganz leise, Schwester…«
Die Angesprochene glaubte nicht
richtig zu hören. Sie kam näher, streifte die Besucherin mit einem unwilligen
Blick und legte ihre Hand auf die Stirn des Mannes, der auffallend ruhig und
tief atmete. Das Gesicht der Krankenschwester nahm einen ungläubigen Ausdruck
an.
»Seine Stirn fühlt sich
tatsächlich kühler an«, sagte sie, und es klang fast erschrocken, als hätte sie
mit einer solchen Möglichkeit gar nicht mehr gerechnet. Sie nahm das
Thermometer aus dem Glas mit der Desinfektionsflüssigkeit und steckte es dem
Schlafenden vorsichtig unter den Arm. Zehn Minuten später hatte sie die
Gewißheit, daß die Temperatur um ein Grad gefallen war.
»Er schläft seiner Genesung
entgegen«, sagte Eileen Hanton zuversichtlich. »Er hat es geschafft. Ich fühle
es ganz deutlich…«
Sie behielt recht.
Am Morgen bei der Krankenvisite
mußten sich auch die Ärzte gestehen, daß ohne ihr Dazutun etwas eingetreten
war, womit niemand mehr gerechnet hatte. Die künstliche Sauerstoffversorgung
konnte eingestellt werden. Philip Hantons Zustand besserte sich von Stunde zu
Stunde…
●
Der Morgen graute, als William
Monners wie stets um diese Zeit mit seinem Hund ausging.
Monners joggte grundsätzlich zwei
Stunden vor seiner Abfahrt ins Büro. Bei Wind und Wetter war er unterwegs.
Noch ehe der Ort zu neuem Leben
erwachte, hatte Monners mit seinem Schäferhund schon eine beachtliche Runde
gedreht.
Von seinem Haus lief er die Straße
bis zum Ortsende, dann benutzte er den Weg zwischen Feldern und Äckern,
beschrieb einen großen Bogen, der einen Durchmesser von etwa zwei Meilen hatte
und kehrte danach von der anderen Seite wieder zu seinem Haus zurück.
Das Joggen tat dem
Büroangestellten gut, der den ganzen Tag nicht mehr dazu kam, sich ausgiebig
Bewegung zu verschaffen, und es freute auch den Hund, der durchs Gelände
tollte.
Der Morgen war kühl und frisch.
Leichter Nieselregen fiel, und Monners trug einen signalgelben Gummimantel und
eine Mütze, die er tief in die Stirn gezogen hatte.
Monners lief gleichmäßig und ruhig
und kam an den noch dunklen Häusern vorbei, auch am Anwesen Fred McPhersons,
das hinter Gatter und Büschen lag. Das große Gebäude mit den vielen Zimmern war
alt und wirkte unbewohnt. McPherson steckte nicht viel Geld in die Erhaltung
des Hauses.
Zweihundert Meter weiter begann
der Weg zum Feld. Aus Erfahrung wußte der Mann, daß das Anfangsstück des Weges
bei Regen besonders viele Pfützen aufwies. So lief er quer über das Feld und
stutzte plötzlich, als er rund fünfhundert Meter vom Haus McPhersons entfernt,
hinter einer Bodenwelle einen länglichen Aschehaufen entdeckte.
Fast wäre er weiter gerannt. Es
kam hin und wieder vor, daß jemand aus dem Ort hier draußen Abfall verbrannte
und die Bauern bei nächster Gelegenheit die Asche dann unterpflügten.
Die Form des Aschehaufens
irritierte ihn.
Er mußte sofort daran denken, daß
hier offensichtlich ein Mensch verbrannt worden war!
Bei näherem Hinsehen erhielt er
die Gewißheit, und dann rannte
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