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027 - Ruf des Blutes

027 - Ruf des Blutes

Titel: 027 - Ruf des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
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seine Stimme klang melodisch - ruhig, angenehm und auf seltsame Weise fast spürbar warm, dachte Matt - und noch im selben Moment fand er den Gedanken an sich merkwürdig. Normalerweise registrierte er solche Dinge nicht, wenigstens nicht bewusst. Aber irgendetwas an diesem Mann war… eigenartig. Als ginge etwas von ihm aus, das - Matt fand kein Wort dafür. »Ach, hab ich das?«, fragte er stattdessen.
    »O ja.«
    »Ich kann mich nicht erinnern, dich dort gesehen zu haben«, sagte Matt.
    »Das hast du auch nicht. Ich…«, der Fremde hob wie entschuldigend die Schultern, »… beobachte für gewöhnlich nur. Höre mich um. Lasse mir erzählen, was geschehen ist. Um es dann weiterzutragen an andere Orte.«
    Matt warf einen bezeichnenden Blick auf das Instrument des Anderen. Es bestand aus schätzungsweise zwanzig aneinander gereihten Pfeifen, gefertigt aus verschiedenen Materialien, darunter Holz und Metall.
    »Dann bist du so etwas wie ein fahrender Sänger? Ein… Barde?«
    »Ein Truveer.«
    Truveer - das Wort rührte wohl von dem Begriff Trouvere her, das im Grunde lediglich ein anderes Wort für Troubadour war. Der Fremde betonte es nur geringfügig anders. Was Matt wunderte, war allerdings vielmehr die Verwendung eines französischen Wortes. In New York hatte er festgestellt, dass die Sprache in Meeraka dem »alten« Englisch sehr viel verwandter war als es drüben in Europa (das die Einwohner dort Euree nannten) der Fall war; dort hatten sich praktisch sämtliche europäischen Sprachen zu einem völlig neuen Idiom vermengt, zur »Sprache der Wandernden Völker«, die Matt im Laufe der Zeit einigermaßen erlernt hatte.
    Als hätte er Matts Gedanken gelesen, sagte der Fremde: »Verzeih mir die Unhöflichkeit. Ich vergaß mich dir vorzustellen. Man nennt mich Jonpol Sombriffe. Ich komme aus dem Lande Loisaana, aus Nuu'oleens, um genau zu sein.«
    Nuu'oleens - New Orleans also. Damit machte für Matt der französische Spracheinschlag dieses Truveers Sinn.
    Auch seinen Vornamen sprach er eher weich aus - wie Jean Paul, weniger wie John Paul. Und wenn er sich Jonpol Sombriffe so besah, dann mochte es gut sein, dass sich in seiner Ahnenreihe auch Cajuns und Afroamerikaner finden ließen.
    Mit einem Schnauben brachte sich die Kreatur in Erinnerung, die Matt vorhin noch bedroht hatte. Erst jetzt fiel ihm auf, dass das beeindruckende Tier eine Art Sattel und Packtaschen über dem Rücken trug.
    »Gehört das dir?«, fragte er Jonpol Sombriffe. »Nein, meine treue Begleiterin ist ein Aneetah.« Seine Lippen huschten über die Flöte, und Matt war fast sicher - so unwahrscheinlich es auch sein mochte -, Beethovens »Für Elise« in der kurzen Tonfolge zu erkennen.
    Hinter Sombriffe ballten sich in den Eisschleiern Schatten zusammen, gewannen Kontur und Masse - und dann kam das Reittier des Troubadours.
    Wieder einmal war Matt baff. Ein… Ameisenbär!
    Freilich war dieses Tier wesentlich größer als seine Ahnen; groß genug eben, dass ein Mensch darauf reiten konnte und hinter dem Sattel noch Platz für Gepäck war.
    Das pelzige Tier trottete gemächlich heran, verhielt hinter Sombriffe, und der Troubadour fasste über die Schulter nach hinten und streichelte ihm über die Charakternase.
    »Ich nehme an, dass dieser Rhiffalo…«, Jonpol sah zum dem grauhäutigen Tier mit den Hörnern hin, »… das Reittier des toten Mannes war.«
    »Rhiffalo?«, wiederholte Matt lahm.
    Der Barde nickte. »Ja, eine seltene Spezies. Ich hatte bisher erst eines dieser Tiere gesehen. Sie gelten als sehr treu. Das Tier bleibt bei seinem Herrn, selbst über dessen Tod hinaus.«
    »Und nicht nur das. Es hat ihn sogar noch verteidigt!«, erinnerte Matt an den Angriffsversuch des Tieres. Und plötzlich fiel ihm die Melodie wieder ein. »Hast du…?«, fragte er zögernd und deutete auf Sombriffes Panflöte.
    »Ich habe das Tier beruhigt, ja.«
    »Danke. Ein Glück, dass du in der Nähe warst.« Ihm kam eine Idee. »Wie ist es - willst du dich mir anschließen? Mein Ziel ist Washington.« Matt korrigierte sich, als der Truveer offenkundig nicht recht verstand: »Waashton.«
    »Ein weiter Weg«, meinte Jonpol. »Begleite mich doch nach Phillia und raste dort.«
    »Phillia?«
    »Im Lande Sylvaania«, präzisierte der Barde. Er wies um sich. »Wir sind schon mittendrin.«
    Phillia, das konnte das einstige Philadelphia sein, vermutete Matt. Sylvaania stand natürlich für den früheren Bundesstaat Pennsylvania. Und wenn seine Geografiekenntnisse

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