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027 - Ruf des Blutes

027 - Ruf des Blutes

Titel: 027 - Ruf des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
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erste Jahr überlebt hatte! Aber Matt Drax wusste, dass er dies vor allem Aruula zu verdanken hatte. Aruula, die so schöne wie raue Barbarin, die Matt unmittelbar nach seiner »Landung« in dieser Zeit erst kennen und später lieben gelernt hatte. Die ihn nicht nur mit dieser Welt vertraut gemacht, sondern ihm auch ein ums andere Mal das Leben gerettet hatte. Bis auf die britische Insel hatte sie ihn auf seiner Odyssee begleitet. Dort, in der Sklaverei, war ihr gemeinsamer Weg schließlich zu Ende gewesen. [2]
    Was aus Aruula geworden war, ob sie überhaupt noch lebte - Matt wusste es nicht. Und eben diese Ungewissheit war es, die ihm zu schaffen machte. Vor allem jetzt, auf seiner einsamen Wanderung durch diese arktische Kälte, wo ihn nichts ablenkte von den Gedanken an die Frau, die er liebte und die auf eine besondere Weise genauso fremd war wie diese Welt an sich…
    Was er für Aruula empfand, war entweder mehr als nur Liebe - oder etwas völlig anderes, für das es vielleicht nicht einmal das passende Wort gab. Die Umstände hatten sie binnen eines Jahres geradezu gewaltsam und enger aneinander gebunden, als es sich die meisten Menschen vermutlich vorstellen konnten.
    Jetzt, da Aruula nicht mehr bei ihm war, kam es Matt vor, als habe man ihm ein Teil seiner Selbst aus dem Leib gerissen. Das war keine Floskel, kein Klischee, denn er konnte den Schmerz und die Leere wirklich fühlen.
    Und auch Pieroo, ein Kampfgefährte aus Euree, den es ebenfalls vom Sklavenmarkt nach Meeraka (wie Amerika heute hieß) verschlagen hatte, war nicht lange an Matts Seite geblieben. Bei der Flucht aus Nuu'ork waren sie getrennt worden Wohin der Wind ihn inzwischen wohl getrieben hatte…?
    Zumindest reiste Pieroo in dem gasgefüllten Ballon um einiges komfortabler als Matt. Das Glück, von einem fahrenden Händler ein Stück des Weges mitgenommen zu werden, war Matthew nur dieses eine Mal beschieden gewesen. Was schlicht daran lag, dass der Händler der einzige Mensch war, den er bislang auf seinem Marsch getroffen hatte.
    Matt verscheuchte die Gedanken an verlorene Freunde, was ihm nur leidlich gelang. Er konnte förmlich spüren, wie sie sich in seinem Hinterkopf hielten, darauf lauernd, abermals über sein Denken herzufallen. Beinahe verbissen konzentrierte sich Matt deshalb auf das Jetzt und Hier.
    Der Wind heulte um ihn her und hieb mit Waffen aus blankem Eis unentwegt auf ihn ein. Hätte er nicht den (leider Gottes erbärmlich stinkenden) Fellmantel getragen, den Pieroo ihm noch zugeworfen hatte, wäre er wohl längst erfroren. Sein ganzer Körper war mittlerweile nur noch Schmerz, doch die Hoffnung, dass die Kälte irgendwann zu gefühlsmäßiger Taubheit führen würde, wollte sich partout nicht erfüllen.
    Und auch seine Kräfte wollten nicht nachlassen.
    Wie ein Roboter, der stur seiner Programmierung folgte, setzte Matt Fuß vor Fuß, tat unverdrossen einen Schritt nach dem anderen, als hielte ihn etwas, das sich seinem bewussten Zugriff entzog, in steter Bewegung.
    Jeder Schritt brachte ihn seinem nächsten Etappenziel ein winziges Stück näher - Washington, einst nicht nur das Herz dieser Nation, sondern wichtigste Schaltzentrale globaler Macht. Und als solche war die Stadt für Katastrophen vom Kaliber »Christopher-Floyds« auch gewappnet gewesen - oder besser gesagt: Man hatte hinreichend Vorsorge getroffen, die Ärsche der führenden Köpfe zu retten, ganz gleich, was mit dem Rest der Welt geschah.
    Als Angehöriger der amerikanischen Streitkräfte hatte Matt Kenntnis von gewissen »Sicherheitsmaßnahmen« gehabt.
    Zwar war er kein hochrangiger Militär gewesen, der Einblick in geheime Unterlagen hatte, dennoch wusste er genug, um davon auszugehen, dass die Regierungsspitze - und natürlich die Grauen Eminenzen dahinter - die Kometenkatastrophe 2012 unbeschadet überstanden hatten. Und das nicht etwa eingepfercht in einen engen Bunker, der rein auf Zweckmäßigkeit und als Übergangslösung ausgelegt war. Matt nahm an, dass dieser Sicherheitsaufenthalt auf Dauer ausgerichtet war - mit großer Wahrscheinlichkeit auf Lebensdauer und darüber hinaus.
    Was war aus diesen Männern und Frauen geworden? Wer waren ihre Nachfolger und wie hatten die sich mit der Situation arrangiert? Und wie hatten sie sich bis zum heutigen Tage entwickelt?
    Fragen, deren Antworten Matt vor Ort suchen und finden wollte - in Washington.
    Und dann…?
    Da war es wieder, dieses Stimmchen, das sich wie ein sprechender Parasit in ihm

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