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027 - Ruf des Blutes

027 - Ruf des Blutes

Titel: 027 - Ruf des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
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daran ungewohnt klang. Sie kam auch nicht dazu, sich darüber klar zu werden. Mehr noch, sie fand nicht einmal Gelegenheit, etwas zu erwidern - denn die Stimme ihres Bruders wurde wieder laut, ungleich lauter diesmal als zuvor; er brüllte förmlich!
    »Rhian! Lauf weg! Hol Vater! Schnell, ich -«
    Was immer Quinlan noch hatte sagen wollen, erstickte in einem schmerzhaften Aufschrei und ging dann in einem dumpfen Gurgeln unter. Offenbar hatte ihn erst jemand geschlagen und hielt ihm jetzt den Mund zu.
    Rhian biss sich auf die Lippen, so fest, dass es wehtat. Sie hatte im Reflex den Namen ihres Bruders rufen wollen und zwang sich jetzt den Mund zu halten, mucksmäuschenstill zu sein.
    Sie hatte nicht die leiseste Ahnung, in was für eine Situation ihr Bruder geraten war. Fest stand nur, dass er in Gefahr war, in einer Gefahr, die auch ihr drohte, wenn sie auf sich aufmerksam machte oder gar versuchte, Quinlan zu helfen.
    Der Fremde musste ihm Gewalt angetan haben. Geschichten fielen ihr ein, die andere Besucher erzählt hatten. Unheimliche Geschichten von Sklavenhändlern, die durch die Lande zogen, um Menschen gefangen zu nehmen, die sie andernorts verkauften - wo sie dann in Ketten beispielsweise Minenarbeit zu verrichten hatten, bis sie vor Entkräftung starben.
    »Hau ab! Verschwind-«
    Quinlans neuerliche Warnung war nicht mehr so laut wie die vorherige. Und diesmal hörte Rhian den Schlag, der ihren Bruder zum Verstummen brachte.
    Was sollte sie tun - vorsichtig sein oder sich beeilen?
    Sie entschied sich für Letzteres, sprang auf, wirbelte herum und wollte sich in Richtung des Schlupflochs werfen.
    Sie schaffte nicht einmal die halbe Distanz.
    Mit einem dumpfen Laut auf den Lippen prallte Rhian gegen ein Hindernis, das zuvor noch nicht da gewesen war. Was immer es war, es rührte sich um keinen Deut, aber es war auch nicht so hart, dass der Aufprall ihr wirklich wehgetan hätte.
    Nein, der Schmerz kam erst, als sich eine Hand grob in ihr Haar grub, eine andere ihr den rechten Arm auf den Rücken drehte und sie in dieser Haltung voran stieß, zur Mitte der Baan hin, um das Gefährt herum auf die andere Seite, wo vier oder fünf Kerzen in Glaszylindern brannten und die Szenerie ausleuchteten.
    Quinlan lag am Boden. Er regte sich, aber er war zu benommen, um auf eigenen Füßen zu stehen. Blut lief ihm aus einer Stirnwunde, der Nase und dem Mundwinkel übers Gesicht.
    Aus irgendeinem Grund hatte Rhian geglaubt, es müsse der Dicke sein, der sich ihr im Dunkeln in den Weg gestellt hatte und sie jetzt in diesem schmerzhaften Griff hielt. Was jedoch nicht der Fall war, denn der Fremde stand neben Quinlan und sah ihr mit dem gleichen freundlichen Lächeln entgegen, mit dem er am späten Nachmittag aus seinem Fahrzeug gestiegen war.
    »Reizend«, sagte er mit rasselnder Stimme, »ganz reizend.«
    Der kugelförmige Knauf seines Stockes war mit Quinlans Blut verschmiert. Das untere Ende, das einem Huf nachgebildet war, streckte er in Rhians Richtung, drückte es ihr unters Kinn und hob ihren Kopf an.
    »Und schön«, sagte er dann, »sehr schön.«
    Noch immer konnte Rhian nicht sehen, wer sie festhielt. Aber der Fette gab diesem anderen ein Zeichen, woraufhin auch Rhians linker Arm nach hinten gerissen wurde. Dann spürte sie, wie raue Stricke darum gezurrt wurden, und schließlich erhielt sie einen Stoß, der sie neben Quinlan zu Boden gehen ließ.
    »Bitte«, brachte sie hervor, und es war ihr nicht klar, wo sie die Kraft dazu fand, »lasst uns… in Frieden. Wir haben nichts getan…«
    Der Dicke grunzte. »Das hat auch niemand behauptet.«
    Rhian mühte sich auf den Rücken, hob den Blick, um den Helfer des Dicken anzusehen - und wünschte sich noch im selben Moment, es nicht getan zu haben!
    Der Kerl war ein Ungeheuer, von riesenhafter und unförmiger Gestalt. Mit Muskeln, die seine narbige Haut beinahe zu sprengen schienen. Splitternackt und ölig schwarz vor Dreck.
    »Sperr sie ein, und dann…«.begann der Dicke, doch er beendete den Satz nicht.
    Das Tor der Baan flog förmlich auf und ein Schatten stürmte herein! »Rhian! Quinlan!«
    Vater!
    Vielleicht waren Quinlans Rufe bis zum Haus hinüber gedrungen und hatten ihn geweckt. Vielleicht hatte er nach seinen Kindern sehen wollen und festgestellt, dass sie nicht in ihren Betten lagen.
    Egal. Er war hier, und nur das zählte. Er war hier, um ihnen zu helfen, und er war sichtlich zu allem entschlossen.
    Mit einem Blick erfasste Vater die Situation. In der Faust

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