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027 - Werwolf in der Nacht

027 - Werwolf in der Nacht

Titel: 027 - Werwolf in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
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alles.
    Während ich noch staunte, kam aus dem langgestreckten Gebäude eine weitere seltsame Gestalt herausgetorkelt. Es war ein plumper, untersetzter Mann mit einer braunen Mönchskutte und schwarzem, struppigem Haupt- und Barthaar. Er hielt eine Schnapsflasche in der Hand, schwenkte sie in meine Richtung, als wollte er mir zuprosten, und trank einen gewaltigen Schluck.
    Der Rotgesichtige gab mir die Hand. »Ich bin Sten Ryjdag, der Gutsverwalter. Mit Ihnen sind wir jetzt vollzählig, Mr. Hunter. Gehen Sie einstweilen in das Gästehaus zu den andern! Nach dem Nachtessen wird der Gutsherr Elmar Larsson in der großen Halle mit allen sprechen.«
    Mir brannten viele Fragen auf der Zunge, aber ich schwieg. Was hier vorging, würde ich früh genug erfahren.
    Der Gutsverwalter sah mich an, als erwarte er einige Fragen, und als ich nichts sagte, drehte er sich schulterzuckend um und ging davon, zu den Ställen hinüber.
    Als ich zum Gästehaus gehen wollte, vor dem der Graubart mit dem Turban und der Elefantenbüchse und der nachgemachte Rasputin mit der Schnapsflasche standen, kam eine reizende junge Frau aus dem Gutshaus gelaufen. Sie war sechzehn oder höchstens siebzehn, hatte eine Stupsnase und weizenblondes, langes Haar. Ihre Bewegungen waren noch etwas ungelenk, aber unter dem dicken, blauen Wollpullover rundeten sich schon beachtliche Brüste, und die Hüften hatten weiblichen Schwung.
    Sie gab mir ihre Hand, ein wenig atemlos. »Sind Sie einer von den Jägern?«
    Ich war zunächst ein wenig verblüfft, aber dann begriff ich. Sie fragte auf Englisch, und so war ein Wortspiel mit meinem Namen entstanden.
    »Ja«, sagte ich, »ich bin ein Jäger. Ein Jäger besonderer Art allerdings. Sind noch mehr Jäger da?«
    »O ja! Da drüben sehen Sie zwei von ihnen. Gregor Yameshi und Boris Schtscherbakow. Ich bin Birgit Larsson, die Enkelin des Gutsbesitzers.«
    »Können Sie mir sagen, weshalb ich eigentlich hier bin?« fragte ich sie. »Der Brief war sehr allgemein gehalten, was die Art des Wildes anging, das ich erlegen soll.«
    Sie sah mir fest in die Augen und antwortete unbefangen: »Sie sollen einen Werwolf zur Strecke bringen, Mr. Hunter.«

    Einige Wochen zuvor
     
    Hunger!
    Seit er in der Höhle im Wald erwacht war, plagte ihn dieses Gefühl, nagte die Gier in seinen Eingeweiden und in seinem Geist. Der Geifer tropfte von seinen Lefzen, wenn er an warmes Fleisch und an frisches Blut dachte. Sein Körper und seine Natur forderten erbarmungslos ihr Recht.
    Er durchstreifte die weiten Wälder, Angst und Schrecken verbreitend, wo immer er auftauchte. Die Tiere des Waldes erzitterten und flohen angstbebend, wenn sie ihn sahen oder witterten. Selbst der mächtige Elch und die wilden Wölfe, die es noch in dieser Gegend gab, flohen vor ihm; und die Menschen, die Jäger und Holzfäller, erschauerten und bekreuzigten sich, wenn sie seine Spuren im Schnee sahen.
    Am zweiten Tag nach seinem Erwachen riß er ein junges Reh. Es war leichter, als er es sich vorgestellt hatte, denn sein Körper war stark und geschmeidig, seine Sinne scharf wie die eines Wolfes. Er lag in einer Tannenschonung auf der Lauer, und als das Rudel sich näherte, stürzte er knurrend und grollend hervor. Seine Reißzähne zerfetzten den Nacken des Tieres. In irrer Gier trank er das warme, hervorsprudelnde Blut. Er schluckte und knurrte, aber der Hunger in seinen Eingeweiden wurde nicht gestillt, auch nicht, als sein Bauch vollgeschlagen war mit Blut und warmem Fleisch. Diese Nahrung erhielt ihn zwar am Leben und bei Kräften, aber etwas Wesentliches fehlte ihr; etwas, das nur ein Mensch hatte und ihm geben konnte; ein geheimnisvoller, dem Leben selbst verwandter Urstoff, auf den seinesgleichen angewiesen war. Er wußte es, ohne daß es ihm jemand gesagt hatte.
    Knurrend und winselnd lag er in der dunklen Höhle, in der er wie am Tag sehen konnte, mit vollem Magen und doch nicht satt.
    Endlich hielt er es nicht mehr aus. Er rannte aus der Höhle, auf allen vieren, obwohl er auch auf den Hinterläufen gehen konnte, und heulte schaurig die Mondsichel an. Sein Heulen erfüllte die nordische Sternennacht, hallte durch den verschneiten Wald. Es klang grausig.
    Die Holzfäller in ihrem Lager im Wald sahen einander an, in der Blockhütte sitzend, die Gesichter vom Schein des prasselnden Kaminfeuers rot übergossen. Einige von ihnen bekreuzigten sich abergläubisch.

    Im Gästehaus hatte ich ein Zimmer für mich allein. Nachdem ich meine Sachen verstaut hatte,

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