0271 - Im Labyrinth des Todes
hatte.
In den Fächern auf der rechten Seite des Schreibtischs lagen Krankenblätter und Karteikarten. In der untersten Schublade fand Wilding ein paar Schachteln. Alle trugen den Stempel »ARZTMUSTER«. Wilding stieß die Schublade heftig zu und untersuchte die linke Seite.
Die oberste Schublade war aus Metall. Auch der Rahmen sah sehr stabil aus. Ein besonderes Sicherheitsschloss versperrte die Lade. Wilding zerrte daran, aber er sah ein, dass er ohne Stemmeisen nichts ausrichten konnte. Er stemmte seinen rechten Fuß in die unterste Schublade und packte die Schreibtischplatte an der Ecke mit seinen riesigen Pranken. Er ruckte kräftig. Der ganze Schreibtisch hob sich einige Millimeter hoch. Die Platte aber hielt.
Wilding wechselte seine Stellung. Er stellte sich genau vor die Ecke. Mit beiden Händen packte er zu. Dick traten die Adern auf dem Handrücken hervor. Beim zweiten Versuch splitterte krachend das Holz. Wilding stemmte die Platte hoch.
»Stümper«, mäkelte er, »sie haben nicht mal ’ne Stahlplatte genommen, um das Fach von oben zu sichern.« Das Fach lag offen vor ihm. Er wühlte in seinem Inhalt. Achtlos schob er ein paar ledergebundene Bücher beiseite. Das Bündel mit den Briefen warf er auf die Erde. Er bemerkte nicht, dass sich das Band, das die Briefe zusammengehalten hatte, löste und die Briefe den Boden bedeckten.
Wilding hatte nur Augen für den 38er Colt, der in einer offenen Schachtel zusammen mit einer Handvoll Munition lag. Die Patronen stopfte er in seine Jackentasche. Er untersuchte die Waffe. Sie war geladen. Zufrieden steckte Wilding sie ein.
Bevor er das Zimmer verließ, löschte er das Licht. Draußen auf dem Flur war es noch immer still.
Der Mörder fand den Weg aus dem Gebäude, ohne gesehen zu werden. Wie ein dunkler Schatten glitt er durch den Garten der Anstalt.
Er wagte nicht, durch das Tor zu gehen. Vorsichtig schlich er unter den Bäumen entlang und stieß schließlich an eine hohe Mauer, von der die Anstalt umschlossen wurde.
Wilding recke sich hoch und versuchte, die Höhe der Mauer festzustellen. Selbst als er hochsprang, fassten seine Hände immer noch nicht die Mauerkrone. Er bückte sich und erwischte ein Paar kleine Steine. In einem geringen Abstand von der Mauer warf er sie hoch. Jeden Stein ungefähr einen Fuß höher als den vorherigen. Erst der sechste Stein fiel nicht mehr neben ihm zu Boden.
»Verdammt«, knurrte Wilding, »bestimmt zwölf Fuß hoch das Biest. Da komm’ ich so nicht ’rüber.«
Wilding erinnerte sich, ein Gewächshaus und Schuppen gesehen zu haben. Dort musste auch eine Leiter sein. Wilding stolperte den gleichen Weg zurück, den er auch gekommen war.
Er orientierte sich an den erleuchteten Fenstern.
An der Außenwand des Schuppens neben dem Gewächshaus hing an mehreren Haken eine lange Leiter. Wilding glaubte, dass die Leiter reichen würde, und packte sie. Er spürte die Last kaum, als er damit zur Mauer lief.
Die Leiter reichte fast hinauf. Auf einer der obersten Sprossen stehend stellte Wilding fest, dass die Mauerkrone durch Stacheldraht gesichert war.
Dennoch gelang es Wilding, sich auf die Mauerkröne zu schwingen. Er zog die Leiter nach und ließ sie auf der anderen Seite hinunter. Dann stand Wilding jenseits der Mauer. Der erste Teil seiner Flucht war geglückt.
Den zweiten Teil stellte sich Wilding wesentlich einfacher vor. Er kannte sich in der Gegend aus und war sicher, dass er sich zurechtfinden würde. Er musste nur möglichst schnell einen großen Abstand zwischen sich und die Anstalt bringen. Hauptstraßen musste er meiden. Er verwarf auch den Gedanken, irgendwo einen Wagen zu knacken, zuerst wollte er weg, ohne Spuren zu hinterlassen.
Er hielt sich auf den Nebenstraßen in westlicher Richtung. Wenn er hinter sich Motorengeräusch hörte oder Scheinwerfer aufblitzten, verkoch er sich hinter Büschen. Trotz dieser Verzögerungen kam er schnell voran.
Kurz vor dem Stadtrand von New Britain entdeckte er etwas abseits von der Straße ein Haus. In der Morgendämmerung stellte Wilding fest, dass- weit und breit kein anderes Haus stand.
Sein Plan stand fest. Er wusste genau, wie er vorgehen musste.
***
Das Telefon klingelte.
»Hier Cotton«, meldete ich mich.
Die Stimme, die sich jetzt vernehmen ließ, klang verstellt und undeutlich. Aber ganz klar konnte ich erkennen, dass der Mann Angst hatte. Gehetzt kam seine Stimme aus dem Hörer: »Hab gehört, dass Sie hinter ’ner Rauschgiftgeschichte her sind.
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