028 - Arena der Götter
kam.
Das Wimmern wurde deutlicher, ging in Geschrei über.
»Ein Kind!«, krächzte Aruula. Wulf fing an zu bellen. Borisaas blickte gehetzt um sich. Aruula sah seinen Kopf hin und her fliegen. Dann ein Geräusch, das sie kannten: Hämmernder Flügelschlag. Die Luft vibrierte davon. Aruula riss den Feuerrohrbogen hoch, Rulfan seinen Speer.
Drei waren es. Doch die langen Schemen ihrer Körper glitten durch das Streulicht, ohne von ihnen Notiz zu nehmen.
Warum greifen sie nicht an?, schoss es Rulfan durch den Kopf. Was haben sie vor…? Er wirbelte herum und schaltete seine Lampe an. Ihr Strahl traf den Hinterleib einer Bestie. Sie flog unbeeindruckt weiter und verschwand wie die anderen hinter dem Geysir. Rulfan hatte erkannt, dass sie etwas in den Fuß klauen gehalten hatte - gläserne Röhren, gefüllt mit einer milchigen Flüssigkeit.
»Weiter!«, zischte Aruula. »In die Richtung, aus der sie kamen!« Sie stürmte los, Rulfan, sein Lupa und Borisaas hinterher. Die verzweifelte Hoffnung, irgendwo im düsteren Dämmerlicht den Ort zu finden, wo noch überlebende Kinder gefangen gehalten wurden, peitschte sie vorwärts.
Vereiste Schutthügel und Ruinen erhoben sich vor ihnen im Halbdunkel. Sie kletterten darüber hinweg. Der Schatten eines riesigen Eisklotzes tauchte auf. Aruula stolperte und schlug lang hin, Borisaas fiel über sie.
Die Libellen kamen zurück! Das Tosen ihrer Flügel war allgegenwärtig. Die Glasröhren, die sie vorhin transportiert hatten, waren nicht mehr da. Hatten sie sie in den Geysir fallen lassen? Ihre Körper glitten auf sie zu. Borisaas riss sein Gewehr hoch, Aruula ihren Feuerrohrbogen. Breitbeinig stand Rulfan über ihnen. Mit gezücktem Speer erwartete er die Attacke. Doch die drei grauhäutigen Insektenbestien donnerten erneut über sie hinweg, flogen auf einen Eisklotz zu und landeten davor.
Rulfan erkannte die nur teilweise zerbrochene Glasfront einer Gebäuderuine. Das Glas des Eingangsportals allerdings war vollständig zerstört. Nacheinander schoben sich die großen Leiber der Bestien durch die glaslosen Türrahmen in die vereiste Ruine hinein.
»Die Kinder!«, zischte Aruula. »Sie sind dort drin!« Sie stützte sich auf dem kalten Eisboden ab, um aufzustehen. Ihre Hand ertastete etwas Langes, Sprödes. Sie blickte auf den Boden - ein Knochen war es, was sie da in den Fingern hielt, ein menschlicher Oberarmknochen! Erschrocken ließ sie ihn los und sprang auf. Rulfan beleuchtete den Eisboden. Sie hielten den Atem an - Knochen und Totenschädel, wohin der Lichtkegel fiel. Borisaas begann zu zittern. Seine Unterlippe bebte. »Wudan sei uns gnädig«, stöhnte Aruula.
Und dann die Schreie eines Menschen in Todesnot! Von allen Seiten der Kuppelwände hallten sie wider. Gleich darauf das scheppernde Getrommel der Insektenflügel.
Rulfan richtete den Strahl der Stablampe auf die Glasfront im Eisblock. Ein Dra'flai hob eben ab. Mit einem menschlichen Körper in den Beißfängen!
Borisaas brüllte auf, als er das Fellbündel zwischen den Kauzangen der Bestie erkannte - es war Suljaana! Rulfan ließ den Speer wieder sinken. Er konnte ihn nicht einsetzen, ohne Suljaana zu gefährden. Sie bewegte sich nicht, doch sie schien noch zu leben. Ihre weitaufgerissenen Augen reflektierten das grünliche Licht.
»Nicht schießen«, brüllte Rulfan, »sonst triffst du das Mädchen!« Er umklammerte Borisaas, der schon das Gewehr angelegt hatte. Der Junge schrie und strampelte. Die Angst um Suljaana trübte seinen Verstand.
Als der Dra'flais über sie hinweg sauste, war nur Aruula in der Lage, auf die Rückenpartie des Tieres zu feuern.
»Ziel auf die Flügel!«, rief Rulfan. Borisaas riss sich von ihm los. Über Knochen, Eistrümmer und Ruinen hinweg jagte er dem Insekt hinterher. Wulf schloß sich dem Jungen kläffend an. »Ziel auf die Flügel! Bei Wudan! Auf die Flügel!«
Aruula schoss - und traf den rechten Hinterflügel. Der Dra'flai sackte nach unten, konnte sich aber noch in der Luft halten.
Ein weiterer Dra'flai tauchte aus dem Eisblock auf und startete sofort. Offenbar wollte er seinem angeschlagenen Artgenossen beistehen.
In diesem Moment erreichte Borisaas den Räuber seiner Freundin und klammerte sich an einem der Hinterläufe fest. Mit beiden Füßen stemmte er sich gegen im Boden festgefrorene Felsbrocken.
Die schaukelnde Bewegung der Bestie stockte. Ihr Kopf mit Suljaana in den Fängen ruckte herum. Neugierig schienen die Facettenaugen den schreienden Jungen zu
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