028 - Tod in der Gespenster-Villa
Hause und für
die heutige Nacht ebenfalls zu Gast in der Shannon-Gespenster-Villa…
Bernhard of Shannon beschränkte
sich dankenswerterweise auf kurze Begrüßungsworte und nahm dann mitten zwischen
seinen Gästen Platz. Ein Begrüßungstrunk wurde eingenommen, dann trugen die
Diener die Speisen auf.
Die Musik setzte ein, beruhigende
Klänge einer vergangenen Zeit, die in diesen Mauern still zu stehen schien…
Es war ein sehr stimmungsvolles
Mahl, das gerade nach den Aufregungen und der Hektik der vergangenen Tage auch
von Iwan Kunaritschew und Larry Brent genossen wurde.
Am Tisch kamen während des Essens
freundliche Gespräche auf. Fernand verlor seine Scheu und plauderte munter mit
Grit und einer jungen Französin, die links von ihm saß.
Die Gesellschaft am Tisch war bunt
zusammengewürfelt und setzte sich aus allen europäischen Nationalitäten
zusammen.
Nach einer Stunde verließ der Lord
seinen Platz.
Larry Brent nutzte die
Gelegenheit, auf ihn zuzugehen und ihn anzusprechen.
»Ich habe ein besonderes Anliegen
an Sie, Mylord«, sagte X-RAY-3 förmlich, nachdem er sich vorgestellt hatte. Er
hatte sich als Mitarbeiter einer amerikanischen Forschungsgesellschaft
ausgegeben, die außersinnlichen Phänomenen nachging.
Bernhard of Shannon lächelte
maliziös. »In dieser Villa geschieht nichts Außersinnliches, Mister Brent. Es
sind Spukphänomene, etwas ganz natürliches, wenn sie so wollen. Nur, wie sie
ausgelöst werden, das entzieht sich unserer Kenntnis, und dieses Problem wird
wahrscheinlich auch niemals gelöst werden.«
»Was ich zu bezweifeln wage,
Mylord. Alles läßt sich lösen, wenn man den Schlüssel dazu besitzt. Vielleicht
sind wir schon auf dem Weg. Möglicherweise spielt Ihre Familienchronik da eine
Rolle…«
Der Lord sah seinen
Gesprächspartner an, als sei er nicht ganz richtig im Kopf »Meine
Familienchronik?« fragte er rauh. »Was hat die damit zu tun? Ich verstehe Sie
nicht, Mister Brent…«
»Im ersten Moment fällt es schwer,
einen Zusammenhang zu sehen. Das leuchtet mir ein. Aber ich bin sicher, daß Sie
anders denken werden, wenn Sie erfahren, daß ich mich im Besitz Ihrer
Familienchronik befinde.«
Nun sah der Lord aus, als hätte er
in eine saure Zitrone gebissen. »Aber Mister Brent, das ist ganz unmöglich!«
»Darf ich Ihre Familienchronik
sehen? Würden Sie sie mir zeigen?«
»Selbstverständlich, wenn Sie Wert
darauf legen… Bitte, kommen Sie…«
Er ging neben Bernhard of Shannon
über die breiten Treppen nach oben. Sie mündeten in die riesige Halle, die mit
Kunstgegenständen und Bildern aus der reichen Vergangenheit der Familie gefüllt
war.
Dies war die Treppe, auf der so
oft die verschleierte Dame gesehen worden war…
Von der Empore aus führten zwei
weitere Treppen in verschiedene Richtungen.
Larry Brent wurde von dem Lord in
den Trakt des großen Hauses geführt, der für Fremde normalerweise tabu war.
Sie waren in der zweiten Etage.
Große Stille. Die Wände waren mit
einer roten Seidentapete verkleidet. Im Abstand von fünf Metern hingen kleine
Lampen an den Wänden und spendeten gedämpftes Licht. Hinter einer Zimmertür, an
der sie vorüberkamen, erklang ein Seufzer und dann zersprang ein Glas, das auf
den Boden gefallen war. Der Lord überhörte das Geräusch, aber Larry Brent
entging sein leises Zusammenzucken nicht.
»Haben Sie auch hier oben Gäste?«
fragte X-RAY-3 beiläufig.
»Selbstverständlich nicht, Mister
Brent. Dieser Trakt ist der Familie vorbehalten. Etwas Privatleben brauchen wir
auch noch. Sie spielen auf das Geräusch an…«, sagte er unvermittelt. »Es kam
aus dem Zimmer meiner Tochter Glendale. Sie hat sich heute den ganzen Tag nicht
besonders wohl gefühlt und hat gelegen. Sie wird aufgewacht sein und dabei ein
auf dem Tisch stehendes Glas umgeworfen haben. Sie hatte ein Beruhigungsmittel
genommen…« Die Ausführlichkeit dieser Berichterstattung fand Larry
bemerkenswert. Sie ließ den Schluß zu, daß der Lord Sorgen hatte und den
Wunsch, mit jemand zu sprechen. Die ruhige, gewinnende Art seines Gastes schien
ihn einen Moment vergessen zu lassen, daß es sich bei ihm eigentlich um einen
Fremden handelte.
Die Bibliothek war ein Traum, die
Privatsammlung hätte den Direktor einer Öffentlichen Bibliothek vor Neid
erblassen lassen.
Diese hier bestand praktisch aus
zwei riesigen Räumen, die ein Durchlaß miteinander verband.
Bücher lagerten ringsum vom Boden
bis zur Decke. In der Mitte einer jeden Raumhälfte stand
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