0280 - Turm der weißen Vampire
ihn in die Dunkelheit nahe der Treppe betteten.
Dann untersuchten wir den Turm. Suko und ich hatten Taschenlampen mitgenommen. In ihrem Licht stiegen wir die Stufen hoch.
Pater Ignatius befand sich immer bei uns. Seine Hand umkrampfte das einfache Holzkreuz, auf das er sich verließ.
Es gab überhaupt keine Spuren, die auf irgendwelche Blutsauger hingedeutet hätten.
Wieder unten angekommen, schauten wir uns an und hoben die Schultern. »Hätte ich die Arme nicht gesehen«, so sagte Suko, »würde ich direkt an eine Täuschung glauben.«
Da stimmte ich ihm zu.
»Wir haben sie gesehen«, erklärte Pater Ignatius. »Sie waren also hier, und wir können davon ausgehen, daß sie den Turm verlassen haben.«
»Und wir müssen sieben weiße Vampire suchen«, sagte ich.
»So sieht es aus, John!«
»Wo fangen wir an?« fragte Suko.
»Wir sollten zunächst einmal Kontakt mit den Bewohnern der Insel aufnehmen. Die können uns sicherlich mehr sagen. Vor allen Dingen müssen wir erfahren, was mein alter Freund Pater Robanus herausgefunden hat. Vielleicht gibt es Unterlagen.«
Der Vorschlag war gut. Ich wollte jedoch wissen, was Pater Robanus überhaupt auf der Insel getan hatte.
»Die Seelsorge. Und das seit über fünfzig Jahren. Er verließ das Kloster, weil er das Wort Gottes in die Welt tragen wollte. Auf dieser kleinen Insel ist er gelandet und auch geblieben. Einmal im Jahr kehrte er in das Kloster zurück. Dort berichtete er über seine Erfahrungen auf der Insel und auch von dem Bann.«
»Der sieben Vampire«, ergänzte ich.
»Ja, er erzählte uns in Stichworten darüber. Wir fragten aber nie näher, weil es auch keiner so recht glaubte. Er war nur der Meinung, daß er hoffentlich noch Jahre leben würde. Solange er existierte, hielten sich die Vampire zurück. Jetzt ist er tot.«
»Und die Blutsauger sind da«, sagte Suko.
»Davon müssen wir ausgehen.«
Ich holte tief Luft. Sieben weiße Vampire. Was steckte dahinter?
Wollten sie Blut oder etwas anderes?
»Hat es Sinn, bei diesem Wetter noch loszugehen?« stellte Suko eine berechtigte Frage.
Wir stimmten ab und waren alle drei dafür, den Rest der Nacht im Turm zu verbringen.
Zusammen mit der Leiche…
***
Sie waren frei und unterwegs!
Lange genug hatte sie der Bann in den Mauern des alten Turms festgehalten, nun würden sie die Insel zu ihrem Land machen und ihr den Stempel aufdrücken.
Sieben Vampire schlichen durch die Nacht.
Unheimlich sahen die Gestalten aus. Sie wurden von den dünnen Regenschleiern umtanzt und wandten sich dorthin, wo sie einmal gewohnt und gelebt hatten.
Es war die Burg.
Finster, verfallen, unheimlich. Ein Mahnmal an die übrigen Bewohner der Insel, die dieses Gemäuer fürchteten, denn der Terror der sieben war noch nicht vergessen.
Sicherlich wußten die Bewohner der Insel, daß der alte Bann gebrochen war. Aber es ließ sich niemand sehen. Die Menschen blieben in den Häusern. Vielleicht hockten sie hinter den alten Steinöfen, hielten Kreuze umklammert und beteten.
Den Vampiren war es egal.
Noch wollten sie die Menschen in Ruhe lassen. Für sie war wichtig, die Burg zu betreten, denn dort hatten sie als Menschen gewohnt, bis zu dem Tag, als man sie zu Schwarzblütlern, Wiedergängern oder Geschöpfen der Nacht machte.
Mit traumwandlerischer Sicherheit fanden sie den Weg zur Burg.
Unheimlich wirkten sie in der Düsternis. Gespenstische Gestalten, die stumm waren und auch keinen einzigen Laut verursachten, als sie ihren Weg zur Burg nahmen.
Niemand hatte sich um das Gemäuer gekümmert. Ein Flügel war eingefallen, der andere stand noch. Er war der wichtigere von beiden, denn in ihm befanden sich die Räume der weißen Vampire und auch die Blutkeller, wie sie sie immer nannten.
Und durch sie sollten bald wieder die Schreie der gepeinigten Opfer gellen.
Von den meisten Menschen auf der Insel war die Burg gemieden worden. Man wollte nicht an die Wesen erinnert werden, die einmal dort gehaust und großes Leid gebracht hatten. Im alten Leuchtturm waren sie besser aufgehoben, dafür hatte Pater Robanus gesorgt.
Nun lebte er nicht mehr, und die Menschen hatten Angst.
Das wußten auch die sieben Vampire, als sie sich der Burg näherten. Niemand begegnete ihnen, keiner lauerte in der Nähe, um sie zu beobachten, obwohl die Leute Bescheid wußten.
Seit dem Tode des Paters ging die Angst auf Hay Island um.
Die Wege zur Burg hin existierten nicht mehr. Sie waren zugewachsen. Wo sich früher ein Garten befunden
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