0280 - Turm der weißen Vampire
Diese Richtung kannte er im Schlaf, da brauchte er erst gar nicht groß nachzusehen.
Donner und Blitz – Blitz und Donner.
Es kam Schlag auf Schlag. Wie peitschende Hiebe. Und die Blitze fuhren in einem Zickzack-Kurs der Erde oder dem tosenden und schäumenden Wasser entgegen.
Da der Wind von der See her wehte, wirbelte er auch Fontänen in die Höhe.
Er schleuderte die nassen Vorhänge zur Seite, wehte ihn wie Fahnen auf den einsamen Wanderer zu, und das Wasser des Meeres vermischte sich mit den ersten Regentropfen.
Craig Thompson hatte es nicht einfach voranzukommen. An Aufgabe dachte er nicht. Er wollte in den Turm, denn nur dort konnte er das Geheimnis lösen.
Vielleicht war auch alles gelogen, und nichts stimmte an der Sache, aber daran wollte er jetzt nicht denken.
Die letzten Yards rannte er. Der Regen fiel wie aus Kannen geschüttet. Zwischendurch der peitschende und rollende Donner, dann die grellen Blitze, die blendeten, außerdem der von den Regentropfen hochgewirbelte Dreck des Strands.
Das war kein Wetter mehr, sondern ein Inferno, in das Craig Thompson hineingeraten war.
Keuchend erreichte er den Turm. Er prallte gegen die rauhe Mauer und wischte den Schweiß von seiner Stirn, der mit der Nässe eine Verbindung eingegangen war.
Für einen Moment preßte er sich an das rauhe Gestein. Ziemlich ausgepumpt und fertig, während er in die grauen Regenschleier starrte und glaubte, darin ein gewaltiges Gesicht zu sehen.
Die Fratze des Teufels!
Es war nur Einbildung, sicher. Aber der Teufel selbst schien dieses Wetter bestellt zu haben. Er brachte es aus der Hölle mit, um den Menschen zeigen zu können, wie groß seine Macht war.
Und auch über den Leuchtturm hatte er seine Hand gehalten.
Craig Thompson drehte sich um, ging ein paar Schritte nach links und sah vor sich den Eingang des Turms. Er besaß keine Tür. Jeder konnte hinein, doch die Menschen hüteten sich, den Turm bei Nacht zu betreten. Nicht ohne Grund, denn wie Craig Thompson glaubten auch die anderen Bewohner an die sieben Vampire.
Sieben weiße Vampire!
So erzählte es die Sage, so berichtete es die Legende.
Sieben an der Zahl!
Gefangen im Turm. Für alle Ewigkeiten?
Das war eben die große Frage, und Craig Thompson glaubte daran, daß dem nicht so war. Er hatte die Vorzeichen gesehen, sich alles genau gemerkt und in den alten Berichten nachgelesen.
Diese Nacht hier war wie geschaffen für die sieben weißen Vampire, denn am Tage hatten sie ihn beerdigt.
Er, das war Father Robanus gewesen. Genau 90 Jahre hatte ihm der Herrgott geschenkt, und er war jedes Jahr in den Turm gegangen, um die Vampire erneut zu bannen.
Gesehen hatte sie niemand, wohl der Pater, aber der schwieg sich aus. Er wollte die Menschen nicht beunruhigen und behielt sein Geheimnis lieber für sich.
Wie es Father Robanus gelungen war, die Vampire zu besiegen oder wenigstens zu bannen, wußte niemand. Er hatte sich stets darüber ausgeschwiegen. Auf seinem Sterbelager jedoch hatte er zum ersten Mal geredet. Nicht direkt über die Vampire und deren Geheimnis, sondern über die Hilfe, die er angefordert hatte.
Es sollte jemand kommen, der den Fluch löschte. Ein Freund aus alten Tagen, der in einem Kloster lebte aber bisher hatte sich dieser fromme Mann nicht blicken lassen.
Die Menschen aus den kleinen Dörfern und von den verstreut liegenden Gehöften hatten sich versammelt und alles genau beraten. Sie selbst hatten Angst, und sie suchten jemanden, der in der Nacht den Turm betrat, um sich umzuschauen.
Die Wahl war auf den letzten Leuchtturmwächter, Craig Thompson, gefallen. All das ging dem Mann durch den Kopf, als er den Turm betrat. Er wußte selbst, welch eine schwere Verantwortung auf ihm lastete, und er wollte dieser Verantwortung gerecht werden.
Ob er sie vernichten konnte, wußte er nicht. Die Waffen jedenfalls hatte er mitgenommen.
Einen Flakon mit geweihtem Wasser, einen Eichenpfahl und auch Knoblauch, dessen einzelne Knollen eine lange Kette bildeten, die Thompson unter seiner Jacke trug.
So gerüstet, hoffte er, den Vampiren entgegentreten zu können.
Jedenfalls würden sie ihn nicht angreifen.
Unten im Turm blieb er stehen. Er ging noch einmal genau alles durch und dachte nach.
Die Waffen besaß er. Sie konnten ihm also nichts tun, und er hatte auch das Zeichen erkannt.
Die brennende Leuchte. Deutete sie an, daß die Vampire sich bereits auf dem Weg befanden?
Zurückgeblieben war das Rauschen des Regens. Der Donner klang weniger
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