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Lockend klingt das Lied der Wueste

Lockend klingt das Lied der Wueste

Titel: Lockend klingt das Lied der Wueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara McMahon
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1. KAPITEL
    Vor dem alten verlassenen Lehmhaus brachte Lisa Sullinger den Jeep zum Stehen und stellte den Motor ab. Nur dessen tickende Geräusche beim Abkühlen waren in der nachfolgenden Stille zu hören.
    Seit sechs Wochen befand sie sich nun in Moquansaid, wo sie als Fotografin für eine Gruppe von Archäologen arbeitete. Es gefiel ihr sehr gut hier. Besonders genoss sie die Tage, an denen sie auf eigene Faust etwas unternehmen konnte. Sie liebte die Wüste, die jahrhundertealte Geheimnisse zu bergen schien. Die warmen Erdfarben verliehen der Landschaft, über der ein Hauch von Ewigkeit lag, einen ganz eigenen Zauber. Lisa konnte sich kaum an ihrer Umgebung sattsehen.
    Fasziniert betrachtete sie das halb verfallene Lehmhaus. Es war das einzige Gebäude weit und breit. In der Ferne ragten mehrere rötliche Bergkuppen in den strahlend blauen Himmel, deren runde Formen von den stetigen Winden zeugten, die das Erscheinungsbild dieser Gegend geprägt hatten. In einigen Kilometern Entfernung lag die archäologische Ausgrabungsstätte. Heute war ihr freier Tag, und Lisa wollte ihn nutzen, um die Gegend weiter zu erkunden.
    Sie nahm ihre Kameratasche an sich und kletterte aus dem Jeep. Die festen Schuhe, die sie für diesen Ausflug gewählt hatte, schützten ihre Füße vor dem heißen Sand. Ihre Jeans waren für die Temperaturen, die zu dieser Tageszeit herrschten, zwar viel zu warm, aber sie boten einen guten Schutz vor Skorpionen und anderem Getier. Als einziges Zugeständnis an die Hitze trug sie ein luftiges Top.
    Die Vegetation war nur sehr dürftig. Zu beiden Seiten der Haustür kämpften magere Salzbüsche ums Überleben, hier und dort wuchsen vereinzelte niedere Dornensträucher. Lisa schaute sich nach einer Wasserquelle um. Niemand konnte in dem trockenen Land ohne eine beständige Wasserversorgung überleben. Irgendwo musste es einen Brunnen geben, sonst hätte man an diesem Ort kein Haus gebaut.
    Die dicken Wände hielten das Innere kühl, die leeren Fensterhöhlen sorgten für Belüftung. Durch die angelehnte Holztür spähte Lisa ins Innere. Nach der blendenden Helligkeit der Nachmittagssonne konnte sie im ersten Moment nicht das Geringste erkennen, doch dann gewöhnten ihre Augen sich allmählich an das Dämmerlicht.
    Das Haus war leer. Nichts deutete mehr auf die Menschen hin, die einst hier gelebt und das Land bearbeitet hatten. In den Ecken der drei Räume häufte sich Sand. Lisa ging von einem Raum in den anderen und versuchte sich dabei die Familie vorzustellen, die hier einst gewohnt hatte. Was mag sie an einem solchen Ort gehalten haben? fragte sie sich verwundert.
    Gedankenvoll blickte sie aus dem Fenster. Wie es wohl gewesen sein mochte, vor hundert Jahren hier zu leben? Bestimmt war es ein schweres Leben gewesen. Aber die arabische Wüste besaß auch eine faszinierende Schönheit.
    Lisa machte einige Aufnahmen, doch wirklich zufrieden war sie nicht mit ihren Bemühungen. Sie hatte das Gefühl, dass es ihr einfach nicht gelang, mit der Kamera die Verzauberung wiederzugeben, die dieser Landstrich mit seinen unbeschreiblichen Kontrasten von kargen Sanddünen und üppig grünen Oasen, niederem Buschwerk und hohen Bergen in ihr hervorrief. Es waren bereits zwei Bildbände von ihr veröffentlicht worden, und nun wollte ihr Verlag einen weiteren herausbringen. Es sollte ein ganz besonderes Werk werden – so außergewöhnlich wie das Land, in dem sie für eine Weile zu Gast war.
    Sie ging wieder ins Freie, um die Außentreppe zu dem flachen Dach hinaufzusteigen. Vorsichtig tastete sie mit den Füßen jede Stufe ab, bevor sie sie erklomm, um zu prüfen, ob sie ihr Gewicht auch hielt. Oben lief sie nur am Rand entlang, wo ihr das Dach am stabilsten erschien.
    Der Ausblick war atemberaubend. Lisa nahm das Bild erst eine Weile in sich auf, bevor sie die Kamera an die Augen hob. Stünde mir doch nur mehr Zeit zum Fotografieren zur Verfügung!, dachte sie voll Bedauern. Leider hatte sie nicht mehr als einen Tag in der Woche frei, an dem sie den Jeep ausleihen konnte. Ihre Zeit war knapp bemessen, denn die Archäologen mussten mit ihren Grabungen noch vor dem Herbst fertig sein.
    Im Süden wurden die Hügel flacher, und das karge Grasland ging in eine endlose Sandwüste über. Lisa machte mehrere Aufnahmen. Diesmal war sie zufriedener mit der Wahl der Motive und hoffte, dass ihre Fotos die fesselnde Schönheit dieses einsamen Landes wirklich eingefangen hatten.
    Gedankenverloren schaute sie zum Horizont.

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