0280 - Turm der weißen Vampire
getroffen und dabei die obere Hälfte weggefegt. Nur noch der Kiefer und ein Teil der Nase waren vorhanden. Aus der zerstörten Hälfte rann eine gelbliche Flüssigkeit wie dicker Sirup nach unten.
Ruth brauchte nicht lange zu raten, wer geschossen hatte. Es war der Geisterjäger John Sinclair…
***
Und sie bekam diese Annahme zwei Sekunden später bestätigt, als ich in den Turm hineinflog.
Suko hatte seine Sache ausgezeichnet gemacht. Die Blutsauger waren abgelenkt worden, und so hatte ich mich dem Turm ungehindert nähern können.
Ich war gerannt wie selten in meinem Leben, und als der Vampir im Eingang erschien, hatte ich gleich zweimal geschossen. Ein Geschoß war ihm in den Kopf gefahren, das andere hatte sich an der Wand des Turms plattgedrückt.
Über die Schwelle hechtete ich, denn ich wußte nicht, welch böse Überraschungen die Vampire noch für mich auf Lager hatten. Zusammengeduckt bot ich eben ein weniger gutes Ziel.
Über die Schulter rollte ich mich ab, nachdem ich hart aufgeschlagen war.
Den Schrei von Ruth Thompson vernahm ich trotz des Fluglärms der Piper, sprang auf die Füße und erkannte den Vampir in huschender Bewegung.
Es war der letzte, und er schlug zu.
Diese verdammte Bestie machte es hart. Sein Arm war durch die Eisenstange verlängert worden, und sie traf genau die Schulter der Frau.
Ruth gelang es nicht mehr, sich auf den Beinen zu halten. Dieser Hieb wuchtete sie zu Boden, und der Vampir schlug nicht ein zweites Mal auf sie, sondern geriet in eine Kreiselbewegung, um mich mit der verdammten Stange zu erwischen.
Mit dieser Reaktion hatte er mich sogar überrascht. Ich kam noch soeben weg und vergaß sogar zu schießen. Dafür prallte ich gegen die Wand, spürte am Hinterkopf den Schmerz und ging sofort in die Knie, denn der zu allem entschlossene Vampir drosch mit dieser harten Eisenstange von oben nach unten zu.
Ich hörte das singende Klirren, mit dem dieses mörderische Instrument gegen die Wand über mir wuchtete, und schob mich wieder in die Höhe.
Auch mit der Waffe.
Plötzlich sah ich ihn hautnah vor mir. Dabei spürte ich dort Widerstand, wo sich die Mündung der Waffe befand.
Ich drückte ab!
Auch dieser Schuß ging im Fluglärm unter. Kein Mündungsfeuer war zu sehen. Die Kleidung schluckte es, aber das geweihte Silbergeschoß drang tief in den Körper des weißen Vampirs.
Es war der letzte!
Und er starb.
Zuerst fiel die Waffe, dann er selbst. Er knallte auf den Rücken, blieb vor meinen Füßen liegen, wobei seine weiße Haut allmählich grau wurde, um sich dann aufzulösen.
Ich hatte die Arbeit von Pater Robanus vollendet!
***
Den erledigten Vampiren gönnte ich keinen Blick mehr, denn ich mußte mich um Ruth kümmern.
Der Schlag mit der Eisenstange hatte sie hart getroffen. Vielleicht war ein Knochen an der Schulter gebrochen. Jedenfalls hatte die Frau Schmerzen, was ich ihrem verzerrten Gesicht entnahm.
Ich half ihr hoch, stützte sie, und gemeinsam verließen wir den Turm des Schreckens.
Suko flog noch immer Kreise.
Zweimal winkte ich mit dem rechten Arm. Mein Partner verstand das Zeichen. Er winkte zurück, bevor er abdrehte und in Richtung »Landebahn« flog.
Ruth Thompson konnte sich trotz meiner Unterstützung kaum auf den Beinen halten. Sie war fertig. Körperlich und seelisch. Ich trug sie schließlich und legte sie in den Schlafraum eines von seinen Bewohnern verlassenen Hauses, wo wir auch schon den Piloten untergebracht hatten.
Suko und Pater Ignatius waren schon da, drückten mir stumm die Hand, und es war der Mönch, der sich um die Verletzte kümmerte. Er legte ihr einen strammen Verband an und schiente sogar noch Arm und Schulter.
»Das bekommen wir wieder hin«, sagte er lächelnd. »Sie brauchen nur Ruhe und dürfen sich nicht bewegen.«
»Ja«, hauchte Ruth.
Suko und ich verließen das Haus. Ohne uns abgesprochen zu haben, wußten wir, daß der Leuchtturm unser Ziel sein würde.
Dort hatten wir noch etwas zu erledigen.
Wir schauten auf die Staubhäufchen, die von den Vampiren zurückgeblieben waren. Wer so etwas sah, konnte kaum glauben, daß dies einmal brandgefährliche Bestien gewesen waren. Auch die Feder war nicht mehr vorhanden. Nur Asche…
Es stand uns noch eine traurige Pflicht bevor, denn wir mußten Craig Thompson begraben. Er hatte das Meer und den freien Blick so sehr geliebt, deshalb sollte er sein Grab auch nahe am Leuchtturm bekommen.
Wir besorgten uns Werkzeug und schaufelten die Grube. Als wir fast
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