0288 - Die Katzen-Göttin
mit einem silbernen Dolch versehen, dessen Klinge quer durch seinen Körper gefahren war und mit der Spitze am Rücken hervorschaute.
Ich stand auf, zog den Dolch hervor und schaute in zwei völlig farblose Augen. Auch das Fell war nicht mehr so schwarz wie früher. Es nahm allmählich einen grauen Farbton an.
Jason, der Kater und Bote aus einem anderen Reich, würde vergehen.
Obwohl ich ihn auf dem Gewissen hatte, gab ich nicht mir allein die Schuld. Da hatte noch jemand mitgewirkt, und diese Person wollte ich mir holen.
Bastet war verschwunden.
Dafür lag ein Mensch nahe an der Hausecke.
Der zweite Mann aus dem Wagen. Und er sah ebenso schlimm aus wie sein Partner. Nur war letzterer durch zahlreiche Krallen gestorben, während ihn nur eine Person umgebracht hatte.
Die Rechnung würde ich ihr präsentieren.
Mein Gesicht war hart, als ich mich umdrehte. Es gab für mich nur einen Weg, den sie genommen haben konnte.
Den ins Haus!
Der Mann hatte mir durch sein Eingreifen unter Umständen das Leben gerettet. Hätte er nicht so plötzlich geschossen, wäre der Kampf sicherlich anders verlaufen.
Daß ich seine Mörderin stellte, war ich ihm einfach schuldig.
Dennoch ließ ich mich nicht von Wut- oder Rachegefühlen leiten, sondern ging systematisch und so kalt wie möglich vor. Nur keine Gefühle zeigen.
Die Katzengöttin hatte die Tür nicht geschlossen. Ich sah noch Spuren, im Lichtschein deutlich zu erkennen, und betrat das Haus.
Ein großer Schritt brachte mich in die Diele, aber dort brannte kein Licht, dafür aber in einem der vier Räume.
Durch die offene Tür blickte ich in das Innere, ging noch näher heran und glaubte, meinen Augen nicht trauen zu können.
Im Raum verteilt saßen zahlreiche Katzen, die mich an steinerne Denkmäler erinnerten. Sie alle waren nur das Interieur für zwei Dinge, die in die Mystik des altägyptischen Reiches hineinpassten.
Da stand einmal Bastet, die Katzengöttin. Vor ihr und fast so groß wie sie, erhob sich ein Gegenstand, den ich gut kannte, und der auch auf meinem Kreuz seinen Platz gefunden hatte.
Das Allsehende Auge!
Das hätte ich nicht einmal zu träumen gewagt. Das Allsehende Auge stand in diesem Raum, und ich spürte sofort die von ihm ausgehende Ausstrahlung.
Es war etwas Seltsames, etwas Mystisches, aufgeladen mit einer uralten Magie.
Ein Schauer rann über meinen Rücken. Für mich glich dieses Bild einer Brücke, die das Schicksal geschlagen hatte.
Nur Bastet paßte da nicht hinein!
Das Allsehende Äuge verbreitete Frieden, wollte den Ausgleich, sonst wäre es nicht auf meinem Kreuz abgebildet worden. Bastet aber hatte gemordet. Wie paßte so etwas zusammen?
Hatte Hesekiel, der Erschaffer des Kreuzes, vielleicht nicht richtig überlegt? War ihm ein Fehler unterlaufen, den ich unter Umständen jetzt korrigieren mußte?
Noch immer hing die Kette um meinen Hals. Das Kreuz baumelte in Brusthöhe, und ich sah das Dreieck leuchten.
»Da bist du ja«, empfing mich Bastet. Sie hatte diese Worte in meiner Muttersprache gesprochen.
»Ja, ich habe es geschafft.«
»Und Jason?«
»Ihn gibt es nicht mehr.«
»Du hast ihn getötet?«
»Es tut mir leid, aber es blieb mir nichts weiter übrig.«
Das Fauchen klang wie ein Windstoß.
»Du hast ihn umgebracht, Sinclair. Dann bist du ein Mörder!«
Ich lachte bitter. »Was sagst du da? Hast du nicht mehr Personen auf dem Gewissen? Bei dir waren es Menschen…«
»Die es nicht anders verdient hatten. Ich würde es wieder tun, ich würde es immer wieder…« Sie stockte mitten im Satz, denn etwas geschah mit ihrem Katzenschädel.
An den Seiten leuchtete er rot auf. Ein rotgelbes Licht zeichnete seine Umrisse genau nach, und in seinem Innern mußte er meiner Ansicht nach mit einer seltsamen, mir unbekannten Magie gefüllt sein.
»Nein, nein!« hörte ich sie noch, bevor auch mein Kreuz reagierte.
Sein Strahl konzentrierte sich, als hätte das Kreuz die Funktion einer Linse übernommen.
Von einem Augenblick zum anderen löste sich der rote Strahl aus meinem Kreuz, und es entstand eine Verbindung zwischen den beiden Allsehenden Augen.
Ich merkte im selben Moment die Erschütterung, die meinen Körper durchraste, fühlte mich leicht und schwebend, wobei die größte Überraschung noch vor mir lag.
Eine fremde Stimme klang in meinen Ohren nach.
Volltönend, dunkel gefärbt. Und diese Stimme stellte sich mit Namen vor.
»Es spricht Osiris zu dir, John Sinclair…«
Ich bekam weiche Knie!
Das konnte es
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