0288 - Die Katzen-Göttin
doch nicht geben. Hörte ich tatsächlich die Stimme eines der obersten ägyptischen Götter? Hatte es ihn überhaupt gegeben, oder waren Osiris und alle die anderen Götter des Guten in Wirklichkeit eine Person, wobei die Völker ihnen nur verschiedene Namen gegeben hatten?
Das schoß mir in diesen Augenblicken durch den Kopf, und ich mußte erst einmal tief durchatmen, um es überhaupt fassen zu können.
Osiris merkte es, denn er ließ mir die Zeit, um danach zu sagen:
»Ich weiß, daß du überrascht bist, aber ich möchte dir etwas erklären, obwohl ich es nicht gewohnt bin, Menschen Erklärungen abzugeben. Doch du bist ein besonderer Mann. Bastet, die Katzengöttin, hat auf meinen Befehl gehandelt. Sie sollte in diese Welt kommen, um mir zu melden, wie die Menschen mit den bei uns heiligen Tieren umgingen. Es war erschreckend, aber ich nahm es hin, denn ich bin kein Verfechter der Gewalt. Das sollte Bastet auch nicht sein. Nur konnte ich nicht wissen, wie sehr sie sich änderte, als sie in Gestalt dieser Brenda die Erde betrat. Die ließ sich von der Bosheit und dem Haß der Menschen anstecken und beantwortete gleiches mit gleichem. Auch sie tötete, obwohl ich es ihr verboten hatte. Ich werde sie dafür bestrafen. Sie wird wieder in ihre Zeit in ihre Mythologie, zurückkehren, aber du kannst sicher sein, daß Bastet für ihre Taten noch büßen wird. Schau genau hin, John Sinclair…«
Und ich sah hin. Mein Blick pendelte sich auf das Allsehende Auge ein, denn dort im Zentrum spielte sich alles weitere ab.
Es waren keine Arme, die aus dem Ansehenden Auge stießen, sondern leuchtende Strahlen, und sie umfingen wie ein Metall den Körper der Katzengöttin. Für einen Moment strahlte sie ebenfalls heller auf.
Noch einmal hörte ich die Stimme des Gottes Osiris.
»Es wird nicht mehr lange dauern, und wir sehen uns wieder. Denk an meine Worte. Das Buch des Schicksals enthält für mich nicht viele Geheimnisse. Dein Weg wird dich nach Ägypten führen. Aber sei vorsichtig. Die Feinde warten…«
Dies war das letzte, das ich von ihm hörte. Denn in diesem Moment riß die Verbindung.
Für einen winzigen Augenblick hüllte mich Dunkelheit ein. Mir wurde schwarz vor Augen, Schwindel packte mich, und als ich mich wieder gefangen hatte, vernahm ich das Schnurren und Miauen zahlreicher Katzen, die um meine Beine strichen.
Ich stand in einem völlig anderen Raum, obwohl er der gleiche wie noch vor Sekunden war.
Die Magie hatte ihn verlassen, die Realität war zurückgekehrt!
Und zu ihr gehörten auch drei Tote! Ich hatte unsere Mordkommission alarmiert, denn da brauchte ich keine langen Erklärungen abzugeben. Man fragte mich natürlich, wie so etwas möglich gewesen war.
»Katzen«, sagte ich, »es waren Katzen.«
»Die sollte man alle verbrennen!« meinte ein Beamter.
Ich schaute ihn scharf an und lächelte danach knapp. »Tun sie es lieber nicht. Es gibt da jemand, der könnte sich schrecklich an Ihnen rächen.«
Nach diesen Worten ging ich. Um die zurückgebliebenen Katzen würden sich die Leute vom Tierschutzverein kümmern.
Schlimme Stunden lagen hinter mir. Ich hatte ein Problem lösen können, doch das große, das wichtige, das war nach wie vor ungelöst.
Bill und Sheila Conolly!
Meine beiden Freunde, vom Teufel erwischt und in der Hölle verschollen. Mit diesem Gedanken setzte ich mich in meinen Wagen und fuhr nach Hause, wo schon die nächste Überraschung wartete…
ENDE
[1] Siehe John Sinclair Nr. 166 »Die Dämonenkatze«
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