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029 - Der tätowierte Tod

029 - Der tätowierte Tod

Titel: 029 - Der tätowierte Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
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nicht. Ich habe den blutbefleckten Opferstein gesehen.«
    Dorian schluckte die Bemerkung, die er auf den Lippen gehabt hatte, herunter. Vielleicht waren die Befürchtungen der beiden nicht einmal so unbegründet. Er hatte Namik und Babek in Aktion gesehen. Die beiden hatten sich wie wilde Tiere gebärdet; und sie sahen aus wie Überbleibsel aus der dunkelsten Vergangenheit.
    Die Nadelstecher waren erbitterte Gegner der Tätowierer – warum auch immer –, und es war möglich, daß sie auch ihn und das Pärchen als ihre Gegner ansahen. Immerhin waren Paul und Ginger tätowiert gewesen und er, Dorian, war nun schon zum zweiten Mal bei den Tätowierern angetroffen worden. Möglich, daß die Nadelstecher kurzen Prozeß mit ihnen machen wollten.
    »Unsinn«, sagte er zu den beiden und ging zu einer Öffnung in der Mauer. Er blickte auf ein Ruinenfeld, auf dem vereinzelt Feuer brannten. Dunkle Gestalten, mit Burnus, Turban und Fes bekleidet, hockten in Felle gehüllt da oder standen Wache. Sie waren durchweg mit Krummschwertern, Dolchen und Lanzen bewaffnet. Dorian konnte bei keinem eine Schußwaffe entdecken. Im Hintergrund sah er das breite Band des Bosporus, dahinter die Lichter von Istanbul. Er entdeckte auch den Opferstein. Es handelte sich um einen behaltenen Felsquader von Mannslänge, der auf einer Anhöhe auf einer steinernen Plattform stand. Zu dieser führten Stufen hinauf. Auf der Plattform hockten um den Opferstein gut zwei Dutzend kahlgeschorene Männer und Frauen, die ins Gebet versunken schienen.
    Hinter ihm schrie Ginger auf, und Dorian wirbelte herum.
    Babek und Namik waren aufgetaucht. Sie machten finstere Gesichter und sahen noch furchterregender als sonst aus.
    »Mitkommen!« sagte Namik knapp. Es lag keine Drohung in dem Befehl, doch er duldete keinen Widerspruch.
    Ginger preßte sich fest an Paul, der unsicher zu Dorian herüberblickte. Dorian gab ihnen mit einem Wink zu verstehen, daß es keinen Zweck hatte, sich dem Befehl zu widersetzen. Er folgte den beiden Nadelstechern als erster.
    Ein Wachposten schloß sich ihnen an und eilte ihnen dann mit einer Fackel voraus. Es ging über eine breite Steintreppe in ein unterirdisches Gewölbe hinunter. Entlang der Wände saßen etwa dreißig Männer und Frauen in Burnussen auf Kissen und Fellen im Schneidersitz. Nur einer von ihnen hockte auf einem primitiven Thron. Er hatte die Kapuze ins Genick geschoben, so daß Dorian sein Gesicht sehen konnte. Es war ein asketisches Gesicht, bar jeglichen Ausdrucks. Nur die Augen versprühten ein loderndes Feuer. Aber sie sahen die Neuankömmlinge nicht an, sondern starrten durch sie hindurch. Der kahlgeschorene Schädel unterstrich das asketische Aussehen. Der Mann wirkte uralt, seine Haut wie gegerbt.
    Dorian, Paul und Ginger wurden in die Mitte des Gewölbes geführt und mußten vor dem Asketen auf dem Steinboden Platz nehmen. Dorian starrte zu dem Alten hoch, doch der schien ihre Anwesenheit nicht zu bemerken. Hinter ihnen klatschte jemand in die Hände, und dann geschah etwas, womit Dorian nie gerechnet hätte. Er konnte selbst nicht sagen, was er erwartet hatte, aber ganz bestimmt nicht, daß sie nun bewirtet wurden.
    Zwei Männer brachten Tabletts mit duftenden Köstlichkeiten, bei deren Anblick Dorian das Wasser im Munde zusammenlief. Ginger und Paul bekamen leuchtende Augen.
    Dorian ließ seine Blicke genüßlich über die Gerichte wandern und entdeckte darunter in Walnuß- und Paprikabrühe gedünstetes Huhn, verführerisch garnierte Lammstücke, in Weinblätter gerolltes Hackfleisch, Kürbis mit Honig übergossen und mit Nüssen bestreut, gefüllte Tomaten und gegrillten Schwertfisch. Ihm wurde vor Hunger fast schwindelig.
    Paul und Ginger konnten nicht länger an sich halten und griffen gierig zu. Da ihnen niemand Einhalt gebot, wollte Dorian ihrem Beispiel folgen. Da wurde er von hinten am Handgelenk gepackt. Namiks Gesicht tauchte neben seinem auf, und der Nadelstecher flüsterte ihm zu: »Du nicht, denn du bist ein Auserwählter Manis.«
    Namik schob ihm eine Schüssel mit einer dicken Brühe zu, in der ein unansehnlicher Mischmasch aus verschiedenen Pflanzen und Wurzeln schwamm. »Du wirst von nun an in Reinheit leben und dich dem Fleisch und dem Wein und jeglicher Sünde enthalten.«
    Verständlich, daß Dorian frustriert war. Aber der in seinen Eingeweiden nagende Hunger ließ ihm keine andere Wahl, als mit seinem äußerst frugalen Mahl zu beginnen, während die verführerischen Düfte der anderen

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