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029 - Der tätowierte Tod

029 - Der tätowierte Tod

Titel: 029 - Der tätowierte Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
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Köstlichkeiten seine Nase kitzelten.
    Als er den Inhalt der Schüssel ausgeschlürft hatte, kam zum erstenmal Leben in den Asketen auf dem Thron.
    Er blickte Dorian fest und durchdringend an und sagte mit eindrucksvoller Stimme: »Indem du das feierliche Mahl zu nächtlicher Stunde eingenommen hast, bist du zu einem Auserwählten Manis geworden, der allen Versuchungen widerstehen wird und die Kraft in sich trägt, die dämonischen Archonten des Fürsten der Finsternis abzuwehren. Du wirst das Gelübde der drei Siegel ablegen und danach unüberwindlich sein, denn dann wird ein Teil der Macht des Demiurgen, der dir in meiner Gestalt gegenübersitzt, in dich übergehen.«
    Das waren Manichäer, durchzuckte es Dorian. Eigentlich war es treffender, sie als Neu-Manichäer zu bezeichnen, denn der Manichäismus war schon seit Jahrhunderten tot. Und der Asket auf dem Thron gab sich für die Inkarnation eines Gottes – Demiurg hieß soviel wie »Lebendiger Geist« – aus, der der Beherrscher des Lichtes war, also die Versinnbildlichung des Guten.
    Dorian begann langsam die Zusammenhänge zu verstehen, und wenn sich die Neu-Manichäer nur annähernd an die alte Religion hielten, dann drohte ihnen keine Gefahr. Allerdings galt das mehr für Paul und Ginger. Dorians Aussichten waren nicht besonders rosig, wenn es dem Demiurg ernst damit war, ihn zu einem Auserwählten zu machen. Er kannte sich in den alten Religionen aus.
    Mani war im 3. Jahrhundert in Babylonien von persischen Eltern geboren worden. Sein Vater gehörte einer Täufersekte an, die den Mandäern nahestand. In dieser Umwelt gewann Mani bestimmte religiöse Eindrücke, die er später zu einer eigenen Weltanschauung verarbeitete. Als er den Manichäismus gründete, sah er in Zarathustra, Buddha und Jesus seine Vorläufer. Er verarbeitete von jedem etwas in seiner eigenen Religion, bis sich folgendes Bild manifestierte: Zuerst gab es Licht und Finsternis, die das Gute und das Böse symbolisierten. Aus der Finsternis gingen die Archonten hervor, die Dämonen, die von Begierde getrieben wurden. Sie versuchten, als das Menschengeschlecht geboren war, dieses unter ihren Einfluß zu bringen. Auf der Seite des Lichts stand der Demiurg, der »Lebendige Geist« und Bewahrer des Guten. »Von seinen fünf Söhnen unterstützt, bestraft er die Archonten, wo immer er kann, indem er aus ihrer abgezogenen Haut den Himmel, aus ihren Knochen die Gebirge und aus ihrem Fleisch die Erde erschafft.« So entstand die Welt, die ewig befleckt bleiben wird, weil sie aus Dämonen erschaffen wurde. Und an diesem Erbe haben die Menschen schwer zu tragen.
    Darauf basierte die Ethik der Manichäer. Sie sollten durch Enthaltsamkeit Reinheit erlangen, um so gegen die Archonten gewappnet zu sein und nach dem Tod ins Lichtreich aufsteigen zu können, daß auch Nirwana genannt wurde. Da der Mensch aber schwach war, konnten nur wenige der Versuchung widerstehen. Dies waren die »Auserwählten«, denen es sogar versagt war, Pflanzen zu »peinigen«, indem sie sie pflückten. Selbst vegetarische Nahrung durften sie nur zu sich nehmen, wenn sie sie von anderen in Form von Almosen bekamen.
    Dorian war alles andere als begeistert, daß er fortan zu diesen »Auserwählten« zählen sollte. Gern hätte er auf diese Ehre verzichtet, zumal es wieder einmal so aussah, als ob er für die Zwecke anderer eingespannt werden sollte. Doch wagte er sich nicht zu widersetzen. Vielleicht sahen die Neu-Manichäer dann einen Diener der Archonten in ihm und häuteten ihn.
    Als Dorian Pauls Blick begegnete, grinste dieser süffisant und griff nach einer Hammelkeule.
    »Bist du bereit, ein Leben nach den drei Siegeln zu führen?« fragte der Demiurg von seinem Thron. »Wenn du noch Fragen oder Wünsche hast, dann bringe sie jetzt vor. Nach Ablegung des Gelübdes hast du keine Gelegenheit mehr dazu.«
    »Ich hätte allerdings noch eine Reihe von Fragen. Erstens: Warum bin ich plötzlich ein Auserwählter, obwohl mir deine Leute noch vor kurzem das Fell über die Ohren ziehen wollten?«
    »Ich hatte gehofft, du würdest Glaubensfragen haben, aber ich will deine Neugierde befriedigen«, erwiderte der Demiurg. »Wir hielten dich zuerst für Juri Samjatin, weil du diesen Namen angenommen hast. Doch jetzt wissen wir, wer du bist, und daß auch du den Archonten Srasham bekämpfst.«
    »Was hat sich Samjatin zuschulden kommen lassen, daß ihr ihn vernichten wollt?«
    »Er hat es Srasham ermöglicht, wieder Macht über diese Welt zu

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