0291 - Brücke zwischen den Sternen
den Rest mit dem Messer abgeschnitten, wuchs auf den Gleiter zu. Die flache Kante führte hinunter in Tiefen, die das Licht der fernen Sonnen nicht mehr erreichten. Tsin Muno steuerte den Gleiter über die Kuppe der Wölbung hinweg und ließ ihn an der Kante entlang vorsichtig nach unten gleiten. Das rote Dämmerlicht blieb zurück, als das Fahrzeug in den Schlund hinuntersank, der kein Ende zu haben schien. Ohne auf Tsin Munos Befehl zu warten, schalteten Pulpo und Warren ihre Handlampen an. Grelle Lichtflecke erschienen rechts und links dicht neben dem Gleiter auf gewölbten, gerundeten, geknickten und zerschrundeten Oberflächen. Die Reflexe waren kräftig.
Zum erstenmal sah Timo, daß das fremde Objekt aus Metall bestand - wenigstens an der Stelle, an der sie sich jetzt befanden.
Er sah in die Höhe. Endlos weit oben, fast kaum mehr zu sehen, schimmerte ein ovaler roter Kreis in der Finsternis. Das war die Stelle, an der sie eingedrungen waren. Es fiel Timo schwer, die Entfernung zu schätzen, aber er nahm an, daß sie inzwischen wenigstens einen halben Kilometer weit ins Innere des fremden Kolosses vorgedrungen waren.
Tsin schaltete die beiden Treibwerke vollends aus. Der letzte Rest künstlicher Schwere, den der Schub noch erzeugt hatte, verschwand. Timo hielt den Blick starr auf einen der Lampenreflexe gerichtet und sah, daß die Wandung des unheimlichen Gebildes kriechend langsam vorbeizog. Nur so konnte er sich einreden, daß er nicht wirklich immer schneller in die Tiefe stürzte, wie das Gefühl in seinem Magen ihm weismachen wollte.
„Lampe nach unten, Rimak!" befahl Tsin Muno plötzlich.
Pulpos Lampe drehte sich um einen rechten Winkel und leuchtete in die Tiefe. Timo beugte sich über den Rand des Fahrzeugs und sah, daß sie etwa zwanzig Meter weiter unten einen starken Reflex erzeugte. Der Schlund war zu Ende. Tsin feuerte die beiden Triebwerke ein letztes Mal und ließ den Gleiter sanft auf einem kleinen Stück ebener Fläche aufsetzen. Warren Leviers Lampe schwenkte herum und beleuchtete eine glatte Metallwand, die links von Timo eine runde Kante beschrieb und dahinter in der Finsternis verschwand. Auf der gegenüberliegenden Seite gab es eine ähnliche Wand. Der Spalt dazwischen war kaum mehr als einen Meter breit, viel zu eng auf jeden Fall, um den Gleiter hindurchzulassen. Warren leuchtete hinein. Der Schein der Lampe erzeugte keinen Reflex. Der Spalt zog sich ohne die geringste Krümmung weiter, als die Lampe aufleuchtete.
Das sind vierhundert Meter, dachte Timo schaudernd.
„Wir sehen uns das an", entschied Tsin. „Wir gehen zusammen.
Unsere Aufgabe ist, die Stelle zu finden, von der die Meiler-Strahlung ausgeht. Wir wollen genau wissen, was im Innern dieses Objekts eine Streustrahlung von sich gibt, die typisch für einen Fusionsmeiler ist. Wir bleiben dicht beieinander. Los jetzt!"
Pulpo und Warren lösten ihre Gürtel und glitten vom Fahrzeug.
Ihre Bewegungen waren langsam und vorsichtig wie die von Männern, die ihre Erfahrungen mit der Schwerelosigkeit gesammelt hatten. Timo nahm sich vor, ebenso sorgsam zu sein, aber als er sich abgeschnallt hatte, trieb ihn eine hastige Handbewegung vom Sitz weg in die Schlunds und stemmte sich nach oben ab, so daß er zurück in die Tiefe glitt. Als er festen Boden unter den Füßen spürte, ging er elastisch in die Knie und stemmte sich gegen das Gerüst des Gleiters, um den Rückstoß aufzufangen.
Als er sich aufrichtete, stand Tsin Muno neben ihm. Es war zu dunkel, um sein Gesicht hinter der Helmscheibe erkennen zu können. Aber Timo war sicher, daß er grinste.
Warren und Pulpo hatten sich inzwischen ein Stück weiter in den Spalt vorgearbeitet. Timo sah die Reflexe ihrer Lampen über die Wände gleiten. Er streckte beide Arme aus und tastete sich an den beiden Metallflächen entlang, während er vorsichtig einen Fuß vor den andern setzte. Es fiel ihm auf, daß das Metall völlig glatt war.
Es gab keine Unebenheiten.
Sie arbeiteten sich vorwärts. Pulpo und Warren bewegten sich selbst in der Schwerelosigkeit elegant und zielsicher, aber sie mußten auf Tsin Muno warten, und Muno kam hinter Timo Benz, der sich erst zurechtfinden mußte und ein paar Mal mehr als zehn Meter hoch in die Finsternis des Spalts hinauf schwebte.
Timo wußte nicht, wie viel Zeit auf diese Weise vergangen war, als er plötzlich den Boden unter den Füßen vibrieren spürte. Es kam in einem Stoß und war nach wenigen Sekunden wieder vorbei.
„Halt!" befahl
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