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0298 - Im Haus der schlimmen Träume

0298 - Im Haus der schlimmen Träume

Titel: 0298 - Im Haus der schlimmen Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland
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das Licht. Eine Tür schloß sich. Die Welt draußen war vergessen. Und der Sog wurde immer stärker, zwingender. Die Kraft, die das Mädchen aus dem Schlaf gerissen und es dazu getrieben hatte, das Bett, die Wohnung, das Dorf zu verlassen, hinauszugehen in das feindliche Dunkel der Nacht, wo das Böse auf sie lauerte!
    Sie ging durch einen breiten Korridor und betrat ein leeres Zimmer, in dem es kein einziges Möbelstück gab. Nichts. Die Wände waren hoch und weiß, der Boden mit Holzdielen bedeckt. An der Decke zeichnete sich ein undurchschaubares Muster ab.
    Myrja durchquerte den ganzen Raum und ging entschlossen auf die Wand zu.
    Die Grenze des Raums.
    Das Hindernis aus Stein und Mörtel.
    Die kühle, feste Barriere…
    ***
    »Roy!« rief Arthur O’Keefe mit grollender Stimme, die nichts mit übler Laune zu tun hatte, sondern angeboren war. »Hast du ein Guiness vergessen, oder ist es was Ernstes, weshalb du hoch mal zurückkommst? Noch nicht die richtige Bettschwere erreicht?« Das Grollen mündete in ein gutmütiges Gelächter von solcher Lautstärke, daß die Gläser auf dem Tresen zu vibrieren begannen.
    Kilroy Ferguson konnte sich nicht dazu überwinden, in das Gelächter einzustimmen. Keuchend lehnte er sich mit dem Rücken gegen die schwere Eichentür des Pubs, die er gerade aufgestoßen und hinter sich wieder ins Schloß geschmettert hatte. Glänzender Schweiß lag wie ein dünner Film über seinem stoppelbärtigen Gesicht. In seinen Augen leuchtete Panik.
    Das schien nun auch der Wirt zu bemerken.
    »Um Himmels willen, Roy«, knurrte er, kam hinter dem Tresen hervor und lief zu seinem besten Kunden. »Was ist denn dir über den Weg gelaufen? Du bist ja weiß wie eine Wand…«
    Arthur O’Keefes Augenbrauen hoben sich überrascht. Auf seiner hohen Stirn bildete sich eine zerfurchte Landkarte. Mit ein paar Schritten hatte er seinen muskulösen Körper zu Ferguson dirigiert und packte ihn nun am Arm. Dann schüttelte er ihn, als müßte er ihn erst zur Besinnung bringen.
    »Arthur«, krächzte der dorfbekannte Glückspilz, der vor Jahren in der staatlichen Lotterie ein Vermögen gewonnen hatte und seitdem seine Lebenszeit damit verbrachte, die hohe Braukunst zu studieren. »Arthur… Deine Tochter…«
    »Myrja?« echote der Wirt und vereiste förmlich. Einen Moment sah es so aus, als würde sich sein rostroter Vollbart noch dunkler verfärben. Wenn es etwas gab, worüber niemand spaßen durfte, dann war es seine Tochter! »Was ist mit Myrja?«
    Der plötzliche energische Ausdruck in O’Keefes Augen ließ Kilroy zögern, das vorzubringen, was er draußen in den Schatten der Nacht erlebt zu haben glaubte.
    Doch dann gab er sich einen Ruck. Außer ihnen waren noch vier, fünf andere vertraute Gesichter im Pub. Deshalb drosselte Ferguson die Stimme, als er dem Wirt verriet, welche absurde Erscheinung ihm begegnet war.
    »Schlag mich tot, Arthur, aber ich… Ich spinne doch nicht! Ich hab’ das wirklich gesehen. Und jetzt tu mir den Gefallen, geh rauf, und sieh nach, ob ich ab morgen abstinent werden muß oder ob ich dir die unglaubliche Wahrheit gesagt habe…« Fergusons Stimme verebbte kraftlos.
    Obwohl leise gesprochen, hatte jeder im Pub verstanden, worum es ging. Kilroys Auftritt hatte alle aufmerken lassen.
    Stille senkte sich bleiern über die Szene.
    Keiner hätte zu sagen vermocht, wie Arthur O’Keefes Reaktion ausfallen würde.
    Der ließ sich Zeit damit.
    In seinem Gesicht regte sich kein Muskel, als er Ferguson losließ, sich auf dem Absatz drehte und wortlos die Treppe am Ende der Schankstube nach oben stieg.
    Es war noch keine Minute vergangen, als er mit schleppendem Gang, müde wie ein Greis, zurückkehrte. Keiner fragte, aber alle wußten, daß Kilroys Erscheinung keine gewesen war.
    »Myrja«, flüsterte der Wirt tonlos. »Sie ist nicht in ihrem Zimmer… Sie ist - weg…«
    ***
    Eine halbe Stunde später traten sechs düster dreinblickende Gestalten aus dem Pub mit dem sinnigen Namen »Ye Public House«, was im Grunde nichts anderes war als die klassische englische Bezeichnung für »Pub«.
    Arthur O’Keefe führte die Gruppe an. Kilroy Ferguson folgte ihm unmittelbar in seinem Kielwasser, wobei er Mühe hatte, mit dem Wirt Schritt zu halten.
    Nachdem O’Keefe den ersten Schock überwunden hatte, gab es für ihn kein Zögern mehr. Und für seine Stammgäste War es Ehrensache, daß sie ihm sofort anboten, bei der Suche nach Myrja zu helfen -nicht zuletzt, weil sie die attraktive

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