03 - Tödliches Vermächtnis
in dem Moment, da Víctor Javier Tirado ihn mit dem Stockdegen bedrohte.
Deutlicher konnte die Situation nicht sein.
»Diese Aufzeichnungen wurden unserem Sender zur Verfügung gestellt. Sie können auch im Internet abgerufen werden. Wie aus Polizeikreisen zu erfahren war, handelt es sich bei dem Täter um einen US-amerikanischen Staatsbürger. Sein Name wird auch mit dem gewaltsamen Tod des bekannten Archäologen Professor Seymor Branson in Verbindung gebracht, der vor rund drei Wochen bei einer Grabung auf Yucatán ums Leben kam. – So viel zu diesem spektakulären Fall. Eine erfreulichere Meldung betrifft den Kometen, der nach seinen Entdeckern, zwei Hobby-Astronomen, »Christopher-Floyd« getauft wurde. Eine Zeitlang wurde befürchtet, dass seine Flugbahn die der Erde kreuzen könnte, doch neue Berechnungen haben ergeben …«
Tom Ericson hörte nicht mehr hin. Er hatte einmal von seinem Hotdog abgebissen, doch er kaute darauf herum wie auf Stroh. Der Hunger war ihm gründlich vergangen.
Kein Hinweis auf die Indios. Die Kerle mussten gründlich aufgeräumt haben. Und sie hatten offenbar auch jene Teile der Aufzeichnungen gelöscht, auf denen sie zu sehen gewesen wären. Tom schüttelte ungläubig den Kopf. Waren die Kerle tatsächlich so gut?
Oder ist es ihr Herr und Meister?, fuhr es Tom durch den Kopf. Der Mann in Weiß. Allmählich bekam er einen Heidenrespekt vor dem Kerl.
Er warf den angebissenen Hotdog in den Mülleimer, die andere Packung ließ er auf der Glasplatte stehen. Noch ein wenig tiefer zog er sich den Stetson in die Stirn, während er nach dem Koffer griff und davonhastete.
Es regnete stärker, ein kalter Wind fegte plötzlich durch die Straßen. Vielleicht steckte diese Kälte aber längst in ihm selbst. Der Gedanke, nun als Mörder gejagt zu werden, ließ Tom Ericson frieren.
Im Laufschritt bog er um die nächste Straßenecke – und stieß mit einer Frau zusammen. Ihr wütender Aufschrei brachte ihn halbwegs wieder zur Besinnung.
***
»Was haben Sie da nur angerichtet, Señor? Du meine Güte, wie soll ich das alles …?« Heftig gestikulierend stand sie da, raufte sich mit beiden Händen das Haar und starrte ihn entgeistert an. Der Regen rann über ihr Gesicht.
Für einen Moment war Tom wie erstarrt. Er hatte die Frau nicht gesehen, war einfach in sie hineingelaufen und hatte ihr die Einkaufstüten aus den Armen geprellt.
Eigentlich ohne es zu wollen, griff er nach ihren Händen. Was er jetzt nicht brauchen konnte, war Aufmerksamkeit. »Es wird alles gut, Señorita«, sagte er leise. »Warten Sie, ich helfe Ihnen.«
Er bückte sich, ein wenig zu hastig vielleicht. Sie ging ebenfalls in die Knie, und sie stießen ein zweites Mal zusammen. Tom schaffte es gerade noch, sich auf seinem Koffer abzustützen, mit der anderen Hand hielt er die Frau am Arm fest. »Das tut mir wirklich leid«, sagte er hastig.
Sie funkelte ihn an und versuchte seinen Arm abzuschütteln. Aber das war eher eine unbewusste Bewegung. »Eine schöne Bescherung«, sagte sie bebend. »Haben Sie keine Augen im Kopf?«
Sie starrte ihn an. Sie hatte große braune Augen. In ihrem schmalen Gesicht wirkten sie noch ein wenig größer.
»Manchmal wohl nicht«, stellte er zerknirscht fest und fing an, alles zusammenzuraffen, war in seiner Nähe lag.
Der Inhalt mehrerer Tüten lag über den Gehsteig und am Straßenrand verstreut. Die Milch aus zwei aufgeplatzten Packungen vermischte sich mit der spiegelnden Nässe auf dem Asphalt.
»Den Schaden ersetze ich Ihnen natürlich«, sagte Tom. Gleichzeitig wurde ihm klar, dass er über kein Bargeld mehr verfügte. Die letzten Euros waren für die Hotdogs draufgegangen.
Die Frau raffte einige Konserven zusammen und richtete sich ruckartig auf. Sie versuchte alles irgendwie festzuhalten, doch nacheinander entglitten ihr die Dosen und fielen wieder zu Boden. Sie seufzte ergeben.
Tom hob die Konserven auf und drückte ihr sie wieder zwischen die Arme. Dann schürzte er die Lippen. »So geht das nicht. Warten Sie!« Er holte zwei Stofftaschen aus seinem Koffer. »Hier hinein damit.«
»Aber … ich kann nicht einfach Ihre Taschen …«
»Ein kleiner Ausgleich für den Schaden.« Tom lachte leise. Es tat ihm sogar gut und wirkte befreiend. Er hätte nicht geglaubt, dass er wirklich noch lachen könnte. Mit einem raschen Blick streifte er die immer noch verstreut liegenden Teile. »Sie müssen wohl eine ziemlich große Familie versorgen.« Er hob die nächsten Konserven
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