030 - Das Schloß der Vampire
retten.
Mit Franz Hardts Intonation von Blasphemien fuhr die Travestie einer Trauungszeremonie fort. Schließlich stellte er eine Frage.
Laura blickte Zapolia flehend an. Er lächelte ihr zu, nickte.
„Ja!“ flüsterte sie.
Der Henkersknecht-Priester hob eine kleine Schale und einen Dolch, dessen Schneide unheildrohend im Kerzenlicht schimmerte. Wieder verstärkte sich Graf Zapolias Griff, und er zog Laura näher an den Altar. Er ließ sie nur kurz los, bis er die Manschette, seines rechten Ärmels zurückgestreift hatte. Dann packte seine Linke fest ihren rechten Arm und zerrte ihn bis zur Mitte des Altars. Danach legte er seinen dazu, daß ihre Handgelenke Seite an Seite auf dem schwarzen Samt ruhten.
Ihr Traum verdichtete sich zum Alptraum. Sie versuchte, sich zu wehren, aber sie hatte keine Kraft. Kaum vermochte sie noch aufrecht zu stehen. Benommen sah sie den von Franz geführten Dolch ihre Ader berühren. Blut schoß heraus, aber sie spürte nichts.
Dann fuhr die Schneide über des Grafen Handgelenk und sein Blut vermischte sich mit ihrem, als sie die Handgelenke an den Schnittwunden zusammenpreßten. Es tropfte in die Schale darunter. Immer undeutlicher spürte sie, daß jemand ihr ein Gefäß an die Lippen drückte und sie gierig schluckte. Erst da sandten ihre Geschmacksnerven eine Warnung. Die Flüssigkeit schmeckte salzig-süß. Sie hatte Blut getrunken. Ihres und Zapolias.
Übelkeit würgte sie, aber keine gnädige Ohnmacht senkte ihr Vergessen.
Sie beobachtete des Grafen Gesicht, als er die Schale von den Lippen nahm und genußvoll den letzten Tropfen schlürfte.
Plötzlich zerriß der Schleier, und zum ersten Mal war ihr klar bewußt, wo sie sich befand und was geschah. Zum ersten Mal seit mehr als zwei Jahren vermochte sie unbeeinflußt zu denken. Die Erkenntnis war so grauenvoll, daß ihr Gehirn sich zuerst weigerte, sie anzuerkennen. Die Bestätigung aber gab ihr ein Blick auf des Grafen Gesicht, das von wilder Triumphgier verzerrt war. Er hatte sein Ziel erreicht, hatte ihr Blut gekostet und sie seines, und nun konnte er es nicht erwarten, noch mehr davon zu trinken. Wild drängte das Tier in ihm. Er vermochte sich nicht mehr zu beherrschen. Sein Körper zuckte. Er wußte, was mit ihm geschah, aber es ließ sich nicht mehr aufhalten.
Vor den nun klaren und entsetzt aufgerissenen Augen des Mädchens verwandelte sich sein Gesicht. Fell wuchs, Kinn- und Lippenpartie wurden zur Schnauze, Geifer tropfte von den gelben Zähnen. Schnell war die Transformation des Kopfes vollzogen. Der Körper blieb menschlich.
Sie schrie ihr Grauen in den Raum. Aber starke Arme hoben sie auf den schwarzen Samt und hielten sie gnadenlos fest. Zapolia, der Werwolf, riß die weiße Seide von ihrem Hals und ihrem Busen. Aber er hatte keine Augen für die jungen, festen Brüste. Sein Blick war auf ihre pulsierende Kehle gerichtet.
Die Welt verdunkelte sich um sie und wirbelte hinweg, als der Vampir sich niederbeugte und seine Braut küßte.
Mills und Ashe stiegen die Wendeltreppe hinauf. Nach dreißig Stufen führte ein erster Gang von ihr fort, aber sie kletterten höher. Weitere Korridore folgten in unregelmäßigen Abständen. „Die Burg muß ja nur so von Geheimgängen wimmeln“, meinte Mike. „Wenn ich nur wüßte, in welchem Teil wir uns befinden. Wir sollten der Treppe folgen, bis sie aufhört.“
Sie endete auf dem flachen Dach eines von Zinnen umgebenen Turms, der sich offensichtlich in der Mitte des wirren Gebäudekomplexes erhob. Von hier aus hatten sie einen guten Überblick und entdeckten sowohl den Landrover als auch den knapp dahinter geparkten Rolls Royce.
„Sehen Sie sich mal die Spuren an“, forderte Ashe Mike auf. „Der Rolls ist offensichtlich erst nach uns angekommen. Zwei Paar Fußspuren beginnen bei der hinteren Wagentür, eine bei der vorderen. Dann führen sie gemeinsam ins Innere der Burg. Ist Ihnen klar, was das bedeutet?“
„Sonnenklar“, stimmte Mike zu. „Während wir durch den verdammten Berg krochen, von den Fledermäusen angeknabbert wurden und uns schließlich in die Folterkammern sperren ließen, befanden sich die beiden Mädchen gar nicht in der Burg. Wo aber waren sie?“
„Höchstwahrscheinlich nicht entführt. Vielleicht hatten sie sich mit Istwanoff in einem Geheimkeller unter dem Hotel versteckt.“
„Sie kamen aber ohne ihn hierher. Und offensichtlich freiwillig“, sagte Mike, „wie schon zuvor.“
„Freiwillig“, sagte Ashe ironisch.
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