030 - Die Teufelshexe
stand, die Musikerin mit der Querflöte.
Ihren Blick fest auf den Sargdeckel gerichtet, setzte sie das Instrument von den Lippen und stieß einen durchdringenden Schrei aus.
Alles folgte ihrem vor Entsetzen starren Blick.
Ein vielfältiger Schreckensschrei stieg zum Himmel auf...
Der Pfarrer trat ein paar Schritte zurück. Die Sargträger glaubten ihren Augen nicht zu trauen.
Der gewaltige Sargdeckel hob sich ganz sacht.
Es war ein Spuk.
Die Trauergemeinde stob in Panik auseinander. Der Witwer taumelte zurück.
Das hatte der geistliche Herr noch nie erlebt. Das gespenstische Geschehen verursachte auch ihm eine Gänsehaut.
Voller Entsetzen liefen Frauen und Männer dem Ausgang des Friedhofs zu, unfähig, noch zu schreien, gepackt von eisigem Grauen.
Nur ein paar Trauergäste blieben zurück. Auch der Witwer. Er hatte glasige Augen. Kehrte Melanie zu ihm zurück?
Ein junger Mann schließlich sprang beherzt nach vorn. Es war Ralph Griesewald.
Er hob den Sargdeckel an und klappte ihn energisch auf.
Nachdem sich im Sarg etwas bewegte und Arme herumruderten, war es auch um die Nerven der stark reduzierten Trauergemeinde geschehen. Die meisten jagten planlos davon. Das war zuviel.
Auch der Witwer war unter ihnen.
Schließlich befand sich nur noch eine hohe Frauengestalt in Schwarz mit dichtem Schleier in der Nähe.
Sie stand bewegungslos dort und beobachtete das Treiben am offenen Grab.
Langsam richtete sich Diana Bernhardi im Sarg auf.
»Wir haben versucht, uns dauernd bemerkbar zu machen«, weinte sie. »Warum hat denn niemand auf uns gehört? Wir haben gehämmert, ich habe geschrien und gebrüllt...«
Ralph Griesewald half Diana aus dem Sarg. Dann hob er mit starken Armen Gundel heraus.
Sofort flüchtete das Kind wieder in Dianas Arme.
»Was geht hier vor?« herrschte der Pfarrer, der sich endlich gefaßt hatte, Diana an. »Wie können Sie es wagen...?«
Diana aber wurde von Gundel abgelenkt.
Gundel drängte sich an sie, zupfte an ihrem Ärmel, und als Diana sich dem Kind zuwandte, bemerkte sie unter Tränen, wie das Kind den Mund zu Worten formen wollte. Ein Lallen kam zustande. Das Kind zitterte vor Erregung. Diana folgte dem ausgestreckten Arm des Mädchens.
»Da...«, gurgelte Gundel, »da ist sie, Diana... Die Frau... Die Frau... Weinend klammerte sie sich an die neugewonnene Freundin.
Diana sah die Frau das erstemal bei Tageslicht. Ihr wurde heiß und kalt bei dem Gedanken, daß diese stumme schwarze Fremde dort verantwortlich war für die Untaten, von denen ihr die beiden Polizeibeamtinnen erzählt hatten.
Ralph Griesewald hatte Yola Dominique noch nie vorher gesehen. Doch er kannte sie aus den Erzählungen seines Bruders. Als er jetzt die Aufregung des kleinen Mädchens bemerkte, die auch auf die blonde, verstörte junge Frau übersprang, schritt er wie in Trance langsam auf die stumm rückwärts gehende Frau zu.
Je näher Ralph ihr kam, um so schneller wich die Frau zurück.
»Bleiben Sie stehen!« brüllte Ralph.
»Was erlauben Sie sich«, mahnte der Pfarrer ärgerlich hinter ihm. »Was ist eigentlich los? Sie dürfen auf einem Friedhof nicht so laut sein.«
Doch es sollte noch schlimmer kommen.
Von der anderen Seite des Friedhofs her jagten Kitty Dobson und Kommissar Ecktal heran.
Sie überblickten die Situation zwar rein optisch, konnten jedoch im ersten Augenblick das Bild, das sich ihnen bot, nicht deuten.
Den offenen Sarg, Diana mit dem Kind, und schließlich Ralph Griesewald, der unaufhörlich der schwarzverschleierten Frau nachging.
»Das ist sie«, sagte Kitty zu dem Kommissar.
Langsam zog der Kommissar die Dienstwaffe und richtete sie auf Yola Dominique.
»Bleiben Sie stehen — ich bin Polizeibeamter. Ich befehle Ihnen, stehenzubleiben!«
Als Antwort hörten sie ein grausiges, unmenschliches Lachen.
»Mich bekommt ihr nie...«, kreischte die Frau.
Sie fuhr herum und fegte wie ein Derwisch davon. Sie kam vom Weg ab, sprang über sorgsam geschmückte Gräber, warf Grabsteine um, gab einer Grabvase einen Fußtritt.
Der Pfarrer war vor Entsetzen gelähmt. Die auf dem Friedhof anwesenden Leute waren zu Salzsäulen erstarrt.
Kitty und Kommissar Ecktal versuchten, der Frau den Weg abzuschneiden, doch vergeblich. Außerdem standen im Hintergrund doch noch genügend unbeteiligte Leute herum, die der Beamte nicht durch einen Schuß gefährden wollte.
Kitty aber spürte, daß jetzt alles einer Entscheidung zu drängte. Vielleicht war sie als Anfängerin auch noch zu
Weitere Kostenlose Bücher