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030 - Die zweite Realität

030 - Die zweite Realität

Titel: 030 - Die zweite Realität Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael J. Parrish
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sein.«
    »Zufall?« Sirwig schnaubte. »In der Psychoanalyse gibt es so etwas wie Zufall nicht, Commander. Alles hat seinen Grund und seine Ursache.«
    »Ach ja? Und wieso dann dieses Sze- nario? Diese zerstörte Welt?«
    »Ihre Befürchtungen bezüglich der bevorstehenden Katastrophe, gepaart mit einer gewissen Skepsis, die sie der modernen Zivilisation gegenüber empfinden.«
    »Und die Barbaren? Sorbans Horde?«
    »Verkörperten Ihren Wunsch nach Geborgenheit, nach einer Familie. Die Taratzen hingegen stehen für das andere, das zerstörerische Element. Das Sie von Ihrer Familie forttrieb und sie zwang, in die Fremde zu gehen.«
    »O Mann.«
    Matt stöhnte, rieb sich die Schläfen. »Ich hasse diesen freudschen Mist.«
    »Während Ihrer ganzen Reise haben sich diese beiden Kräfte - das zerstörerische und das erhaltende Element - immer wieder heftige Konflikte geliefert: Die Taratzen und die Krieger von Sorbans Stamm, die Narka und Alcams Heer, die Nordmänner und die Technos, die Paari und der Avtar. Doch in Wahrheit, Commander, gab es immer nur zwei Parteien in diesem Kampf: Ihr Bewusstsein und das Unbewusste. Oder, um mit Freud zu sprechen, Ihr Ich und das Es.«
    »Verdammt«, stieß Matt hervor. Er hasste es, wie ein Truthahn zu Thanksgiving tranchiert und in Scheibchen ge- schnitten zu werden. Sirwigs Analysen setzten ihm zu - vor allem, weil er kein Argument dagegen fand.
    »Aruula«, fuhr Sirwig sachlich fort, »ist nichts weiter als ihr personifizierter Wunsch nach weiblicher Gesellschaft, der sich durch die Scheidung von Ihrer Frau sehr einfach erklären lässt.«
    Matt sandte dem Mediziner einen verblüfften Blick.
    »Woher wissen Sie…?« Na klar, schoss es ihm sofort durch den Kopf. Meine Personalakte.. »Ihre ganze Reise durch diese zerstörte Welt war vom Motiv der Suche geprägt, Commander. Das sollte Ihnen zu denken geben. Die Suche nach Ihren Freunden, die Suche nach den Bunkermenschen, die Suche nach einem Weg nach Amerika. In Wahrheit war es nur Ihr Bewusstsein, das nach einem Weg aus dem Koma suchte und nicht in einen endlosen Dämmerzustand verfallen wollte.« Wieder wollte Matt etwas erwidern, wollte Sirwig an den Kopf werfen, dass er in jedem Fall Unrecht hätte - doch die Worte wollten nicht über seine Lippen. Wieso? Weil es sinnlos war, zu widersprechen? Oder war es vielmehr deswegen, weil in ihm allmählich die Erkenntnis reifte, dass Sirwig vielleicht doch Recht hatte mit dem, was er sagte? Matt dachte nach. Er fand auf keines von Sirwigs Argumenten eine stichhaltige Erwiderung. Konnte es wirklich so gewesen sein? Hatte sich der wahre Konflikt in seinem Inneren abgespielt? Hatte es die Taratzen nie gegeben? Keine Frekkeuscher und keine Andronen, keinen Avtar und keinen Lemarr? Matthew Drax dachte darüber nach - und ertappte sich dabei, dass ihm der Gedanke, dass es diese andere, grausame Welt nie gegeben haben sollte, mehr und mehr gefiel…
    ***
    Es tat gut, wieder unter Menschen zu sein. Wäre es nach Dr. Sirwig gegangen, wäre Matt diese Erfahrung für die nächsten Wochen vorenthalten geblieben - der Mediziner hatte ihm eine strenge Ausgangssperre auferlegt und ihm untersagt, das Gelände des Stützpunkts bis zum Ende der Therapie zu verlassen.
    Matt jedoch hatte darauf gepfiffen. Nicht dass es seine Art gewesen wäre, Befehle von Vorgesetzten einfach in den Wind zu schlagen. Aber erstens war Sirwig Zivilist und kein Mitglied der US Air Force. Und zweitens musste Matt einfach raus, brauchte dringend eine Luftveränderung.
    So sehr er sich nach seinem Erwachen darüber gefreut hatte, den Stützpunkt unzerstört vorzufinden, so sehr dürstete es ihn jetzt nach Tapetenwechsel. Ein junger Versorgungsoffizier vom Nachschubtross, der Matt noch einen Gefallen schuldete, hatte ihm einen Platz auf einem Lastwagen verschafft, der bei Einbruch der Dunkelheit das Gelände des Stützpunkts verließ. Die Rückfahrt war gegen Mitternacht ange- setzt - dann würde Matt wieder als blinder Passagier an Bord sein. Mit etwas Glück erfuhr niemand von dem nächtlichen Ausflug. Matt ließ sich an der U- Bahn-Haltestelle Lichtenberg absetzen, nahm von dort aus die Bahn in die Innenstadt. Auf dem Ku'damm spazieren zu gehen und dem nächtlichen Treiben dort zuzusehen, hatte ihn in früheren Zeiten oft auf- gemuntert und auf andere Gedanken gebracht. Er hoffte, dass sich daran nichts geändert hatte…
    ***
    An der Haltestelle Uhlandstraße stieg er aus, gelangte hinauf zur Oberfläche, mitten hinein in

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