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030 - Die zweite Realität

030 - Die zweite Realität

Titel: 030 - Die zweite Realität
Autoren: Michael J. Parrish
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und das Ge- spräch war zu Ende. Einigermaßen deprimiert hängte Matt den Hörer zurück auf die Gabel, verließ die Telefonzelle und kehrte zurück ins hektische Treiben der Nacht.
    ***
    Manche Dinge schienen sich in den vergangenen fünfzehn Monaten geändert zu haben - andere hingegen waren auf erschreckende Weise gleich geblieben. Das Leben, das er in letzter Zeit gelebt hatte, war nur ein Traum gewesen, eine Seifenblase, die jäh zerplatzt war. Seine Exfrau wollte noch immer nichts von ihm wissen, hätte ihn am liebsten aus ihrem Leben gestrichen. Und zu allem Überfluss durfte er noch nicht einmal fliegen. Eine Woge von Selbstmitleid überkam Matthew Drax; er fühlte sich unendlich deprimiert. Er kam an den weit geöffneten Pforten einer Kneipe vorbei, deren schummriges, in dichten Zigarettenrauch gehülltes Inneres ihn geradezu magisch anzog.
    Genau das war es, was er jetzt brauchte… Wild entschlossen, sich die Hucke vollzusaufen und seinen Frust im Alkohol zu ertränken, betrat Matt die Bar, setzte sich an den Tresen und bestellte einen Doppelkorn. Wozu die Zeit mit Bier verschwenden? Er wollte einfach nur schlucken, um wenigstens für kurze Zeit die bohrenden Fragen in seinem Kopf loszuwerden. Ohne Zögern stürzte er den Inhalt des Glases hinab, das ihm der Barkeeper hinstellte. Er bestellte noch einen Doppelten und noch einen - und merkte zufrieden, wie der Alkohol Wirkung zeigte… Mit stierem Blick saß Matt an der Bar, beobachtete die Menschen, die den Tresen säumten. Offenbar war er in irgendeiner Szene-Pinte gelandet - die Jungs und Mädels ringsum trugen kunterbunte Frisuren und speckige Lederklamotten.
    Wer hätte gedacht, dass Punk tatsächlich nicht tot war…? Zwischen all den abgefahrenen Szene-Heinis gewahrte Matt einen Mann, der ebenso wenig in diese Bar zu passen schien wie er selbst. Er war vollschlank, trug Jeans und T-Shirt, statt bunter Wirrnis auf dem Kopf einen gepflegten, leicht schütteren Kurzhaarschnitt und einen kurzen Vollbart. Durch die Gläser seiner Brille blickte er Matt herausfordernd an. Zum Henker, dachte Matt, wer ist der Kerl? Er überlegte kurz - und lachte lautlos in sich hinein, als ihm tatsächlich niemand einfiel, an den ihn dieser Typ erinnerte. Erleichtert stellte er fest, dass er diesem Mann noch nie zuvor in seinem Leben begegnet war - nicht einmal in seinen Träumen… Er bestellte sich noch einen Doppelten, wollte den Inhalt des Glases gerade in sich hinein schütten - als ihn plötzlich jemand von der Seite ansprach.
    »Commander Drax?« Matt hätte sich fast verschluckt. Keuchend setzte er sein Glas ab und wandte sich um, stellte zu seiner Verblüffung fest, dass es der Typ war, der ihn beobachtet hatte. »Woher, verdammt noch mal, kennen Sie meinen Namen?«
    »Sie sind doch Commander Drax, oder nicht? Commander Matthew Drax von der US Air Force…« Der Typ sprach Englisch, wenn auch mit deutlich hörbarem deutschen Akzent. Skeptisch blickte Matt ihm in die Augen.
    »Woher kennen Sie mich?«, erkundigte er sich erneut.
    »Jeder kennt Sie, Commander«, gab der andere zurück. »Ihr Bild war ja oft genug in der Zeitung.«
    »Was?«
    »Die Medien lieben es, Geschichten hochzupuschen«, erklärte der Fremde.
    »Denen ist es gleichgültig, wenn der ganze Planet vor die Hunde geht. Auf Einzelschicksale kommt es an. Grundkurs für Journalisten, erste Lektion. Und Ihr Schicksal, Commander, war besonders bewegend. Abgestürzt während der Beobachtung von ›Christopher-Floyd‹. In letzter Sekunde vor dem Kältetod gerettet, danach Monate lang im Koma. Schön, Sie wieder auf den Beinen zu sehen.« Matt hob die Brauen. Der Alkohol, den er so schnell und unbeherrscht in sich hinein gekippt hatte, forderte Tribut. »Wer sind Sie?«, wollte er wissen. »Nennen Sie mich Mike«, meinte der andere und reichte ihm die Hand. »Alle meine Freunde nennen mich so.«
    »Ich bin nicht Ihr Freund.«
    »Vielleicht - aber ich bin Ihr Freund, Commander.«
    »Wie darf ich das verstehen?«
    »Nun - wie soll ich sagen? Es ist kein Zufall, dass wir uns hier treffen. Ich habe Ihren Fall während der letzten fünfzehn Monate sehr genau verfolgt.«
    »Was soll das heißen?«
    »Das heißt, dass ich zu jeder Zeit über Ihren Zustand informiert war, Com- mander. Anfangs war das noch einfach - wie gesagt berichteten die Medien jeden Tag über Sie, breiteten Ihren Fall in allen Einzelheiten in der Öffentlichkeit aus.«
    »Meinen Fall?« Matt verstand kein Wort. »Nun ja - Ihre Kindheit in
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