0300 - Sieben Dolche für den Teufel
mit einigen grauen Strähnen. Als markantes Zeichen besaß der Mann eine Nase, die mich an ein indianisches Kriegsbeil erinnerte So sah nur einer aus.
Luigi Bergamo!
Im ersten Moment wurde ich tatsächlich rot, so überrascht war ich. Alles hatte mir noch gefehlt. Nur er nicht, denn Luigi Bergamo war der mächtigste Mann der Mafia in Palermo.
Er regierte Sizilien. Auf der Insel geschah nichts, zu dem er nicht seine Zustimmung gegeben hätte, und auch ich war mit ihm aneinandergeraten, als es um den Fall des gläsernen Götzen ging.
Doch Bergamo tat uns nichts. Wir hatten nämlich eine Bedingung erfüllen und seine Tochter retten können. An Carla hing er mehr, als an allem anderen in seinem Leben. So waren wir nicht einmal in Unfrieden geschieden, obwohl wir beide nach wie vor auf verschiedenen Seiten standen.
Er lächelte schmal. »Eine Überraschung, wie?«
»Das kann man wohl sagen.« Bergamo nickte und drehte sich um. Dabei streckte er den Arm aus. »Ist das nicht ein prächtiger Sonnenuntergang?«
»Ja, ich bin auch begeistert.«
»Ich genieße ihn schon seit drei Tagen. Und Sie?«
»Ein wenig länger.« Bergamo nickte.
»Ich weiß, Signore Sinclair. Schließlich habe mich mir erlaubt, nachzuschauen, wer sich als Patient im Sanatorium aufhält. Ich fand Ihren Namen, und man teilte mir auch mit, daß im nahen Dorf ein Chinese wohnen soll. Heißt er zufällig Suko?«
»So ist es«
Bergamo lächelte. Er war ein Mann, der sich absicherte und nichts dem Zufall überließ.
»Wollen wir nicht ein paar Schritte gemeinsam gehen, Signore Sinclair?«
»Ich bin dabei.«
»Ja, kommen Sie.«
Wir nahmen den Weg, der um die Bungalows herumführte.
Kaum hatten wir ein paar Meter zurückgelegt, als Bergamo zu sprechen begann. »Ich bin nicht mehr der Jüngste«, erklärte er in entwaffnender Offenheit. »Deshalb brauche ich ein wenig Erholung. Einmal im Jahr fahre ich in ein Sanatorium und verbringe mit ein paar Freunden vier geruhsame Wochen.«
Die Freunde waren bestimmt seine engsten Vertrauten und Leibwächter. Ich hütete mich, das allerdings auszusprechen, sondern blieb in meiner Antwort ziemlich belanglos. »Ja, es ist wirklich nett hier.«
»Das kann man wohl sagen. Ich liebe die Toscana im Spätherbst. Auch wenn alles nach Vergänglichkeit riecht. Doch wer von uns lebt schon ewig? Sie auch nicht, Signore Sinclair.«
»Da haben Sie recht.«
Bergamo machte es geschickt. Ich wußte genau, daß er eigentlich auf ein anderes Thema hinauswollte, doch bisher redete er um den heißen Brei herum. Ich sah auch keinen Grund, ihn einzuweihen und ließ ihn zappeln.
Wie zwei gute Freunde schlenderten wir nebeneinander her und kamen auf die Klinik zu sprechen »Übrigens, dieser Varese ist wirklich eine Kapazität. Es gibt kaum einen Arzt auf der Welt, der eine Karriere wie er gemacht hat«, sagte der Mafioso.
»Ich hörte davon.«
Bergamo blieb am Fuße eines kleinen Abhangs stehen. In der Nähe befand sich ein Baum. Unter seinen kahlen Ästen hatte eine Bank ihrem Standplatz gefunden.
Wir setzten uns.
Bergamo vergrub seine Hände in den Manteltaschen.
»Wirklich, er ist außergewöhnlich, und wir verdanken ihm sehr viel. So viel, daß wir ihn auch schützen würden.«
Und ob ich die Warnung begriffen hatte. »Das kann ich mir vorstellen. Wer hatte nicht gern eine so große Kapazität in seinem Land?«
»Genau. Man kommt zu ihm, wenn andere Ärzte keine Chance mehr bieten, oder man ruht sich einfach aus. Wofür haben Sie sich denn entschieden, Signore Sinclair?«
»Für keines von beiden.«
Luigi Bergamo seufzte. »Ich sehe meinen Verdacht bestätigt. Dann sind Sie also dienstlich hier?«
»So kann man es sehen.«
»Was hat Dr. Varese verbrochen? Oder gilt Ihr Interesse überhaupt nicht ihm?«
»Das schon. Sie können sich doch sicherlich vorstellen, weshalb ich dieser Klinik einen Besuch abstatte.«
»Ich möchte mal raten.« Der alte Capo bewegte nickend seinen Kopf und schaute auf die blanken Spitzen seiner Schuhe. »Es gibt Ärzte und Wunderheiler«, erklärte er. »Wunderheiler sind oft Scharlatane. Das ist bei Dr. Varese jedoch nicht der Fall. Man kann ihn als eine Kapazität bezeichnen. Zudem besitzt er Heilmethoden, die er nicht durch ein Studium erlangt haben kann.«
Ich schwieg und redete auch nicht, als mir der Capo einen auffordernden Blick zuwarf.
»Steht er mit dem Teufel im Bunde?« fragte Luigi Bergamo jetzt direkt.
»Das weiß ich nicht.«
»Aber Sie vermuten es.«
»Davon habe
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