031 - Sie kamen aus dem Jenseits
Vollständigkeit halber öffnete Sybil Montana auch noch die Badezimmertür, um uns einen Blick hineinwerfen zu lassen.
Überall herrschte Ordnung und Sauberkeit. Sybil Montana nahm ihren Beruf als Hausfrau sehr ernst. Man merkte ihre Gewissenhaftigkeit auf Schritt und Tritt.
Als ich mich umwandte, begegnete mir ihr fragender, ratloser, zweifelnder Blick. »Ist das wirklich wahr, Mr. Ballard?«
»Hat Ihnen Ihr Sohn schon mal die Unwahrheit erzählt, Mrs. Montana?« antwortete ich mit einer Gegenfrage.
Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Albert ist immer ehrlich. Er kann nicht lügen.«
»Dennoch zweifeln Sie an seinen Worten?«
»Verstehen Sie das denn nicht? Diese Geschichte ist so ungeheuerlich, so unglaubwürdig…«
»Wir haben gesehen, was geschah, Mrs. Montana. Und es gibt Hunderte Augenzeugen.«
»Ich bin ja bereit, zu glauben, daß die Sicherheitsbeamten auf einen Greis schossen, daß sie ihn auch trafen, daß er durch ein Wunder überlebte, aber ich kann einfach nicht glauben, daß dieser furchtbare Unhold mein Mann war.«
»Er trug einen Ring, den Albert erkannte.«
»Jason hing an seinem Sohn. Er würde ihm niemals etwas zuleide tun. Dieser Mann wollte Albert erschießen.«
»Nun, Mrs. Montana, vielleicht sollte ich zugeben, daß dieser gefährliche Greis nicht mehr der Mann ist, mit dem Sie verheiratet waren. Radheera hat ihn mit seiner Magie verändert.«
Sybil Montana schüttelte den Kopf. »Es ist mir unbegreiflich, Mr. Ballard…«
Ein schriller Schrei gellte unten auf. Meine Kopfhaut spannte sich. Ging der Kampf in die zweite Runde? Mr. Silver und ich eilten zur Treppe und stürmten die Stufen hinunter.
Wir hörten ein widerliches Lachen, als wir den Living-room erreichten. »Auf dem Bildschirm, Mr. Ballard!« krächzte Estella Montana. »Wir haben das Gerät eingeschaltet!«
Nein, Magie hatte das Fernsehgerät aktiviert, und auf dem TV-Schirm war das runzelige Gesicht des Greises zu sehen.
Zwischendurch flirrten immer wieder blaue Blitze über das Glas.
Jason Montana starrte uns haßerfüllt an, und er lachte so schaurig, daß es uns durch Mark und Bein ging. »Estella«, sagte er mit hohntriefender Stimme und richtete seinen durchdringenden Blickauf seine Tochter. »Wie schön, dich wiederzusehen.«
Das Mädchen zitterte wie Espenlaub. »Daddy?«
»Ganz recht, ich bin dein Daddy«, sagte die Horror-Fratze.
»Wo ist deine Mutter, Estella?«
»Ich bin hier«, preßte Sybil Montana hinter mir erschüttert hervor. Nun konnte sie nicht mehr zweifeln. Jetzt hatte sie den untrüglichen Beweis, daß die haarsträubende Geschichte ihres Sohnes wahr war.
»Sybil, mein Liebling!« höhnte die Fratze.
Es war widerlich.
»Freust du dich, mich zu sehen?« fragte Jason Montana. »Ich bin zurückgekehrt. Werdet ihr mich wieder bei euch aufnehmen? Natürlich werdet ihr das. Ich bin doch euer lieber Daddy.«
»Genug!« brüllte Albert. »Ich kann das nicht mehr hören!« Er stürmte auf den Fernsehapparat zu, hatte vergessen, daß das Gerät gar nicht ausgeschaltet war, wollte es abdrehen.
Als er den Knopf berührte, erhielt er einen gewaltigen Stromschlag, der ihn aufschreien ließ und zurückschleuderte.
Funken tanzten auf seiner Hand, die er heftig schüttelte, als hätte er sich verbrannt.
Ich fing ihn auf, und die Funken auf seiner Hand erloschen. Ich sah Brandblasen, und Alberts Gesicht war schmerzverzerrt.
»Ungezogener Junge!« spottete Jason Montana. »Du warst schon auf dem Flugplatz ungehorsam. Sag mal, was hast du denn gegen deinen Vater?«
»Du bist nicht mein Vater!« schrie Albert. »Du bist ein Monster!«
»Hat man Töne! Ich werde von meinem eigenen Fleisch und Blut verleugnet!«
»Laß uns in Ruhe!« schrie Albert. »Verschwinde!«
»Ich bin hier zu Hause.«
»Nicht mehr! Wir haben dich vor einem halben Jahr verloren!«
»Hast du nicht die ganze Zeit auf meine Rückkehr gehofft? Und nun, wo ich zurückgekehrt bin, willst du nichts von mir wissen? Was soll das denn, Albert?«
»Geh weg!« schluchzte Estella. »Geh bitte endlich weg!«
Ich drängte Albert zur Seite und näherte mich dem Geisterbild.
Jason Montana starrte mich haßerfüllt an, doch er konnte mir keine Angst einjagen.
»Wer bist du? Was willst du von mir?« knurrte die Horror-Fratze.
»Du hast deine Familie genug erschreckt!« sagte ich und stieß meine Faust nach vorn. Ganz knapp vor der Mattscheibe bremste ich den Schlag ab, so daß nur mein magischer Ring das Glas berührte.
Die Fratze brüllte
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