0310 - Planet der Magier
so weit weg, versetzt in eine andere Zeit, vielleicht auch in eine Welt, die es gar nicht gab. Jedenfalls war ich in dem Traum eine Frau, die zu dieser Welt gehörte. Eine Schauspielerin, glaube ich…« Ihre Stimme war bei den letzten Worten leiser geworden, und Shao mußte sich zusammenreißen, um weiter berichten zu können.
In den nächsten Minuten rieselte Sheila Conolly ein Schauer nach dem anderen über den Rücken. Gesicht und Augen nahmen den Ausdruck der Ungläubigkeit an. Sie öffnete auch die Lippen, um etwas zu sagen, wobei ihr die Worte bereits im Ansatz im Hals steckenblieben, und so ließ sie Shao bis zum Ende berichten, wobei sie überhaupt nicht mehr den Versuch unternahm, die Chinesin zu unterbrechen. Zum Schluß fragte Shao: »Kannst du dir vorstellen, daß ich Kara, Suko und John im Traum gesehen habe, und zwar auf dem Marktplatz?«
»Wenn du es sagst…«
»Und Suko ist sogar noch auf die Bühne gesprungen. Das ist kaum zu begreifen. Ich hatte dabei das Gefühl, es alles selbst noch mitzuerleben. Den Traum werde ich nie vergessen.«
Daraufhin erwiderte Sheila etwas, das Shao völlig überraschte. »Vielleicht hast du die Realität geträumt?«
»Wie meinst du das?«
»So wie ich es sagte. Es ist doch möglich, daß sich unsere drei Freunde tatsächlich in dem Land oder der Dimension herumtreiben, von der du geträumt hast. Du weißt selbst, Shao, daß es so etwas gibt. Es existiert nicht nur unsere eine Erde, sondern unzählige Dimensionen, und es gibt Zeiten, Planeten, andere…«
»Hör auf, hör auf…« Shao preßte ihre Hände gegen die Ohren. »Wenn das zutrifft, was du da gesagt hast, dann… Nein, das wäre ja schrecklich.«
»Wir müssen uns leider darauf einrichten.«
»Du meinst wirklich, daß ich einen Wach oder Realitätstraum gehabt habe?« fragte Shao erstaunt.
»So könnte es gewesen sein.«
Die Chinesin schüttelte den Kopf. Sie war völlig durcheinander. »Es war Suko«, flüsterte sie. »Er sprang auf die Bühne, umfaßte mein Gesicht, und weißt du, Sheila, was da geschah?«
»Nein.«
»Mein Gesicht verging.«
Sheila erschrak. »Wieso?«
»Ja, es war nicht mehr da. Es zerbrach zwischen Sukos Händen. Ich kann dir kaum sagen, was ich dabei gefühlt habe, aber es war schon schlimm.«
»Das glaube ich dir«, flüsterte Sheila. »Und du hast alles gesehen, nicht wahr?«
»Ja.«
»Aber wo, Shao, bleibt Bill?«
»Das weiß ich auch nicht«, murmelte die Chinesin…
***
Suko war nicht mehr zu halten gewesen. Mit einem kraftvollen Sprung hatte er die Bühne erreicht, sprang über die beiden liegenden Kämpfer hinweg auf Shao zu, die sich bücken wollte, von Shao aber festgehalten wurde. Er legte seine Hände auf ihre Wangen, wollte ihr in die Augen schauen und erlebte den nächsten Horror.
Die Haut hatte sich schon nicht mehr warm und lebensecht angefühlt, sondern kalt und ein wenig starr. In diesen Augenblicken, als Suko Druck ausübte, brach das Gesicht zusammen wie das einer Porzellanfigur.
Die Züge verschwanden. Nase, Augen, Mund, dies alles wurde zu körnigem Staub, der durch Sukos Finger und auch durch seine Hände rieselte und allmählich nach unten rann.
Nichts blieb mehr von Shao übrig. Auch der Körper löste sich in dieser grauenvollen Art auf. Nur die Kleidungsstücke blieben zurück, und sie sackten zusammen, da sie keinen Halt mehr bekamen. Als ein Bündel von Lumpen blieben sie auf der Bühne liegen.
Das alles hatten Kara und ich ebenfalls mitbekommen. Eine Erklärung hielten wir natürlich nicht parat, wir konnten Suko auch nicht helfen, denn die Menge war durch den Vorgang aufgeputscht worden.
In unserem Rücken vernahmen wir die ersten wütenden Schreie, sahen die zackigen Bewegungen, mit denen die Männer ihre Waffen zogen und gegen uns richten wollten.
Zurück konnten wir nicht. Es gab also nur den Weg nach vorn. In unserem Fall hieß das: Auf die Bühne.
Um Kara machte ich mir keinerlei Sorgen. Sie wußte, wie man zu kämpfen hatte, und sie konnte hervorragend mit dem Schwert umgehen, das hatte sie in meinem Beisein mehr als einmal bewiesen.
Ich war vor Kara oben, drehte mich um, streckte meinen Arm aus und half ihr hoch.
Kaum hatte sie die Bohlen betreten, als ihre Hand schon den Schwertgriff berührte und die Klinge aus der Scheide zog.
Ich drehte mich um, denn ich vernahm hinter meinem Rücken Sukos schluchzende Stimme. Er flüsterte den Namen seiner Freundin, und erst mein Schlag gegen die Rippen riß ihn aus der
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