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032 - Die magische Seuche

032 - Die magische Seuche

Titel: 032 - Die magische Seuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B.R. Bruss
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auch nicht einen von jenen, die warten können. Ein paar gute Worte wirken oft Wunder.“
    Also ließ ich ihn eintreten. Es war ein junger Mann in einem blauen Overall und Leinenschuhen. Ich kannte ihn vom Sehen. Es war der Mechaniker von der Tankstelle am Hauptplatz.
    „Entschuldigen Sie, Herr Doktor, wenn ich so spät komme“, sagte er. „ Aber ich komme von der Arbeit. Und heute abend konnte ich es nicht mehr länger aushalten. Ich möchte wissen, ob Sie das schnell erledigen können. Sie müssen mir die große Zehe des rechten Fußes operieren.“
    Ich dachte, daß es sich wohl um einen eingewachsenen Nagel handelte, und daß der junge Mann bereits so starke Schmerzen hatte, daß sie ihn beim Gehen behinderten. Ich fragte ihn, ob meine Annahme richtig war.
    Er verneinte. ‚Zeigen Sie mir die Zehe, sagte ich.
    Er zog Leinenschuhe und Socken aus. Die große Zehe schien mir außergewöhnlich lang.
    „Das ist es ja“, sagte er. „Sie verstehen, Herr Doktor, daß mich das stört. Ich kann keine normalen Schuhe mehr tragen, aber jetzt ist es schon unerträglich geworden, wenn ich die Leinenschuhe trage.“
    Eine seltene Mißbildung, dachte ich. Aber ich hatte bereits Ärgeres gesehen. Ich erklärte ihm lächelnd, daß er größere Schuhe kaufen müßte. Und ich meinte, daß ihm das eigentlich schon vor längerer Zeit hätte auffallen müssen.
    „Sie verstehen nicht, Herr Doktor“, sagte er. „Erst vor einem Monat etwa hat es begonnen, mich zu stören. Und dann gab ich acht darauf. Und bemerkte, daß meine große Zehe immer größer wurde. Sie wächst wie junger Spargel!“
    Ich war sprachlos. „Zeigen Sie mir Ihren anderen Fuß“, sagte ich nach einer Weile.
    Er zog rasch Schuhe und Socken aus. „Sehen Sie selbst, wenn Sie mir nicht glauben wollen!“
    Die beiden Füße standen vor mir, einer neben dem anderen. Die beiden großen Zehen berührten einander. Und die rechte war um einen guten Zentimeter länger als die linke. Der Nagel war sehr kurz geschnitten.
    „Und Sie sagen, daß dieser Unterschied erst seit kurzem besteht?“ fragte ich.
    „Warum sollte ich Sie belügen?“ antwortete er.
    „ Sie hätten schon früher kommen sollen.“
    „Ich dachte doch erst, das würde schon wieder aufhören.“
    „Tut es weh?“
    „Nur wenn ich Schuhe anhabe.“ Er sah mich an. „Ich hoffe, Herr Doktor, Sie werden mir helfen. Das dürfte keine große Operation sein.“
    Leon sah uns an.
    „Und was hast du ihm gesagt?’’ fragte ich.
    Ich sagte ihm: „Einen Augenblick, mein Junge! Bevor ich zum Messer greife, muß ich Ihren Fuß doch ein wenig näher untersuchen! Ich werde eine Röntgenaufnahme machen. Kommen Sie morgen früh wieder.“ „ Aber ich weiß mir keinen Rat. Was denkst du darüber, Georges? Hast du eine Meinung?“
    Ich sagte ihm, daß ich nicht nur keine Meinung hätte, sondern am selben Nachmittag vor einem ähnlichen Rätsel gestanden hatte. Und ich erzählte ihm von dem jungen Bauern und seinem Vater.
    „Das ist ja noch seltsamer“, sagte er zum Schluß. „Aber es muß sich um zwei völlig verschiedene Ursachen handeln, da ja der Effekt in diesen beiden Fällen ein entgegengesetzter ist!“
    „Bist du dir da so sicher?“ fragte ich.
    Plötzlich fiel mir der Sohn der Fleischerin ein, und ich begann mich zu fragen, ob der kleine Junge nicht recht hatte, wenn er behauptete, daß sein rechter Zeigefinger kürzer würde.
     

     

So fing es an.
    Am nächsten Morgen, als ich in aller Eile mein Frühstück zu mir nahm, läutete das Telefon. Lucie ging an den Apparat.
    „Du sollst dringend bei Pierre Huglan vorbeikommen“, sagte sie.
    Ich kannte Huglan gut. Er war ein kräftiger Mann um die Sechzig, mit einer lauten Herzlichkeit. Vor ein paar Jahren war er nach Hercenat zurückgekommen, nachdem er sich in der Hotelbranche ein Vermögen erworben hatte. Er besaß eine wunderbare Villa auf dem Hügel.
    „Hat er selbst mit dir gesprochen?“ fragte ich.
    „Nein, seine Frau.“
    „Was kann ihm bloß fehlen?“ fragte ich. „Ich habe einen sehr arbeitsreichen Vormittag!“
    „Ich habe sie danach gefragt. Ich fragte sie, ob ihr Mann wirklich erkrankt ist.“ „ Das nicht“, sagte sie darauf. „ Aber es ist sehr dringend.“
    „Na gut“, sagte ich seufzend. „Dann fahre ich auf einen Sprung hin.“
    Ich frage mich, worum es sich wohl handeln könnte. Vielleicht brauchte Huglan einen Rat, obwohl er nicht der Typ war, der andere Leute um ihren Ratschlag bat. Wenn er irgend etwas

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