0323 - Gefangen am Todesfelsen
Restaurant, schaute durch die Fenster in das Innere und erkannte auch die beiden Köche, die starr am Boden lagen.
Es schien, als habe sich der Odem der Hölle über das alte Schiff gelegt.
Hin und wieder blieb Shao stehen, um sich zu bücken. Sie fühlte nach Herz- und Pulsschlag.
Ja, die Menschen lebten.
Das gab Shao/Amaterasu Mut, sich der schwierigen Aufgabe zu stellen. Furcht vor den Vampiren hatte sie nicht. Erst wenn das Fratzengesicht den Befehl gab, würden sie eingreifen.
Noch schaukelten sie wie in früheren Zeiten in den Schlingen, die man ihnen auf dieser Insel um die Hälse gelegt hatte.
Shao hatte kaum ihre Inspektion beendet, als sich einiges veränderte.
Urplötzlich schlief der Wind ein. Der Chinesin kam es vor, als hätte jemand ein Gebläse ausgeschaltet, denn kein kalter Hauch traf mehr ihr Gesicht. Es wurde windstill.
Sie stand da, hatte die Augen leicht verengt, und ihre Haut schillerte in einem blassen goldenen Schein. Ohne die Bestätigung dafür bekommen zu haben, wußte Shao genau, daß der Zeitpunkt gekommen war, wo sich das Fratzengesicht zu seiner ehemaligen Größe regenerieren wollte.
Es begann bei den Vampiren.
Sie hatten den posthypnotischen Befehl bekommen. Obwohl der Wind völlig eingeschlafen war, schaukelten sie wieder an der Rah und in den Wanten. Sie bewegten Arme und Beine, gaben sich selbst Schwung und begannen mit einem schaurigen Gesang.
Es war ein unheimliches Heulen, das über Bord schwang und auch Shaos Ohren erreichte.
Totengesang der Blutsauger!
Unheimlich hörte es sich an und wurde gleichzeitig ein Loblied für das Fratzengesicht, denn ohne daß sich äußere Einflüsse zeigten, bewegte sich das Segel, auf dem der häßliche und gefährliche Januskopf abgebildet war.
Er blähte sich auf.
Es war der Kopf, der immer größer wurde und einem Vergleich mit einem Luftballon standhalten konnte.
Die Konturen schälten sich hervor. Eine nicht erklärbare Kraft drückte zunächst das Gesicht des Menschen heraus, um sich anschließend der Vampirfratze anzunehmen.
Groß, gewaltig, abschreckend. Dies alles geschah unter dem schaurigen Begleitgesang der in den Schlingen hängenden Vampire.
Dann stand das Gesicht!
Doppelköpfig grausam. Auf der einen Seite der Blutsauger, auf der anderen das schlitzäugige Chinesengesicht mit dem dünnen bandförmigen Bart, der nach unten hing und fast bis zum Kinn reichte.
Zwei verschiedene Augen besaß das Fratzengesicht. Das eine, das dem Vampir gehörte, leuchtete rötlich, das andere sah normal aus, aber der Ausdruck zeigte kein Gefühl.
Und Shao war entdeckt worden. Das Fratzengesicht wußte genau, daß sie nicht dazu gehörte und stellte deshalb seine Frage.
»Wer bist du?« Als es die Worte aussprach, bewegte es beide Mundhälften.
»Erkennst du mich nicht?«
»Nein!«
»Kommt dir meine Stimme nicht bekannt vor?«
Für einen Moment erstarrten die Züge. Das Fratzengesicht dachte darüber scharf nach. Möglicherweise lauschte es auch nach dem Klang und gab dann eine Antwort. »Es ist unmöglich! Du kannst nicht die sein, die ich meine.«
»Doch ich kann!«
»Amaterasu?«
»Jawohl, die Sonnengöttin!«
Das Fratzengesicht begann zu lachen. Es war ein dröhnendes Gelächter, das er Shao entgegenschickte. »Das ist verrückt, das ist Wahnsinn. So etwas gibt es nicht!«
»Doch, ich bin es.«
»Aber du siehst anders aus. Du kannst nicht die sein, die mich vor langer Zeit in die Schranken gewiesen hat. Ich glaube dir nicht.«
»Den Beweis wirst du noch bekommen, Dämon, das schwöre ich dir, so wahr ich hier stehe!«
Der Gesang der Vampire war verstummt. Stille breitete sich über das Schiffsdeck aus. Es war an der Zeit, das Fratzengesicht reagieren zu lassen, und es übernahm auch die Initiative.
Shao hatte darauf gewartet. Sie stand auf dem breiten Deck der Dschunke und wirkte irgendwie verloren. Wie eine Siegerin sah sie wahrlich nicht aus, und sie mußte mit ansehen, wie sich das Fratzengesicht aus dem großen Mattensegel löste.
Als hätte es einen Anschub bekommen, so wurde es nach vorn geschoben, wobei gleichzeitig ein bläulicher Nebel entstand, der den Dämon einhüllte.
Zuerst waren es nur dünne Fäden, die erschienen und damit begannen, sich um den gewaltigen Kopf zu legen. Wie dünne Wattebäusche sahen sie aus, bläulich eingefärbt und immer mehr Nachschub bekommend.
Der Nebel verdichtete sich, er wurde zu einer Wolke, die an Größe zunahm und schließlich das gesamte Gesicht umgab.
Es löste
Weitere Kostenlose Bücher