033 - Das vertauschte Gehirn
irgendwie freundlich. „Geld spielte bei diesem ersten Versuch keine Rolle. Sie sind ein Kind meines Geistes, Mike Morgan. Ich bin stolz auf mein Werk.“
Am liebsten wäre ich ihm an die Gurgel gesprungen, aber auch das hätte nichts mehr geholfen.
„Was ist mit meinem Körper geschehen?“ fragte ich gepreßt. „Was haben Sie mit ihm gemacht, Doc?“
In diesem Augenblick begann ich den Doc ebenso zu hassen wie meinen neuen Körper, den ich nicht anschauen konnte, ohne daß die alte Eifersucht in mir aufstieg. Ich würde mich einmal rächen. Ganz bestimmt würde ich das tun.
Doc Lundi lächelte.
„Falls Sie mir früher oder später einmal an den Kragen wollen, Mr. Morgan, überlegen Sie sich das vorher sehr gut. Es könnte riskant für Sie werden. Außerdem können Sie mir nichts beweisen. Kein Mensch würde Ihnen glauben.“
„Und die Narbe an meinem Schädel?“
„Sie hatten einige Fältchen. Face-Lifting. Ich habe die Operation selbst ausgeführt. Außerdem habe ich noch Ihren toten Körper. Wenn er plötzlich auftaucht irgendwo in. London, sagen wir in der Themse, wird man Mike Holbers für den Mörder von John Morgan halten. Ich werde schon dafür sorgen. Also keine Dummheiten, ja? Es soll unser kleines Geheimnis bleiben.“
Ich riß den Koffer hoch und verließ ohne Gruß den Raum. Erst als ich draußen auf der Straße stand und die frische Winterluft einatmete, fühlte ich mich frei von der Beklemmung, die mich in den letzten Minuten bei dem Doc beschlichen hatte. Ich wußte dieses Gefühl nicht recht zu deuten. Vielleicht war es Angst, Grauen oder sonst etwas. Ich begriff nicht, warum mich die Gegenwart dieses Mannes so nervös machte. Jedenfalls war ich froh, daß ich draußen stand, auf einer Straße, die ich zum letzten mal vor Monaten gesehen hatte.
Ich ging sofort nach Hause. Der Doc hatte die Miete für mich – weiterbezahlt, das hatte er mir schon gestern gesagt. Alles war noch genauso, wie ich es verlassen hatte. Ich fühlte mich geborgen in meinen eigenen vier Wänden, beschützt wie ein Baby in den Armen seiner Mutter.
Um sieben hörte ich nebenan die Tür gehen. Die Zeit tröpfelte nur langsam dahin, und als endlich eine halbe Stunde verstrichen war, rief ich sie an.
„Hallo?“ Ihre Stimme schnitt tief in mein Herz. Elisabeth! Himmel, dachte ich, wann ist Mike Holbers eigentlich verschwunden? Ich hatte vergessen, Lundi danach zu fragen. Aber nun war es zu spät.
„Hier ist Mike“, sagte ich leise. „Ich bin wieder zurückgekommen, Elisabeth. Darf ich dich heute besuchen?“ „Mike? Du?“
„Natürlich!“ Ich lachte gekünstelt. „Wer denn sonst, Liebling? Vor drei Stunden bin ich angekommen?“
Plötzlich war ihre Stimme kühl.
„Was willst du, Mike?“
„Mit dir reden. Es tut mir leid, das ich einfach nichts mehr von mir hören ließ.“ Das war ein Schuß ins Blaue, aber er traf.
„Hast du vergessen, was du mir damals schriebst, als du weggegangen bist?“ fragte sie leise. „Was ist mit der anderen?“
Der Doc hatte ihr also einen Brief geschrieben oder Holbers gezwungen. Liebe Elisabeth, leider muß ich dich nun für immer verlassen, weil eine andere Frau …
Ich konnte mir schon denken, wie der Brief ausgesehen hatte.
„Ich liebe dich“, sagte ich leise. „Es tut mir alles so unendlich leid, Elisabeth.“
So hatte er bestimmt noch nie mit ihr gesprochen. Aber ich war ja auch ein anderer, fühlte und empfand anders als er. Und ich fand andere Worte für sie.
Sie schwieg eine Weile. Ich hörte nur ihren raschen Atem, dann sagte sie: „Nein, Mike, du hattest recht, als du schriebst, das wir im Grunde gar nicht zusammenpassen. Laß uns unsere gemeinsame Zeit vergessen. Es ist besser so, glaube es mir. Leb wohl, Mike.“
Klick. Sie hatte aufgelegt.
Der Doc! Warum hatte er ihr einen solchen Brief schreiben lassen? Warum wollte er es mir schwer machen? Kein anderer als er hatte mir diese Suppe eingebrockt.
Ich ließ den Hörer sinken, ging unruhig im Zimmer auf und ab. Nebenan summte die Klingel, dann hörte ich eine Stimme auf dem Flur; „Guten Abend, Liebling! Hallo, du siehst ja bezaubernd aus.“
Ich stand da wie vom Donner gerührt. Dann sprang ich zum Telefon und wählte wieder ihre Nummer. Es dauerte geraume Zeit, bis der Hörer abgehoben wurde, dann sagte eine Männerstimme: „Ja, bitte?“
„Ich werde Sie töten“, sagte ich dumpf. „Doc, ich bringe Sie um!“
Ich weiß nicht, wie lange ich durch die Straßen irrte. Jedenfalls
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