0341 - Die Nadel der Cleopatra
Collins besaß kein Herz mehr, und hätte, wenn ich den Regeln der Schulmedizin Glauben schenkte, tot sein müssen.
Das war sie nicht.
Zwar stellten wir keinen Atem mehr fest, wir sahen auch keine anderen Reaktionen, aber Jane lebte dennoch. Das verdankte sie dem Würfel des Unheils, der mit ihr in Verbindung stand und ihr praktisch das Herz ersetzte. Sie hatte auch völlig normal reagieren können, das wußten wir beide. Nachdem es uns gelungen war, Jane von ihrem Hexendasein zu erlösen, war sie wieder wie früher gewesen. Sie hatte eigentlich an das Leben anknüpfen wollen, das sie vor dem Bann geführt hatte. Nur mit dem einen Unterschied. Der Würfel des Unheils durfte auf keinen Fall aus ihrer unmittelbaren Nähe genommen werden.
Genau das war das Problem.
Ich hätte den Würfel für mein Leben gern gehabt, verzichtete jedoch darauf, denn für Jane Collins war es wichtiger. Nur dachten so nicht alle, die den Würfel gern besessen hätten.
Da gab es den Teufel, dem Jane einmal zwangsläufig gedient hatte. Asmodis sah die Sache ganz anders. Er wollte den Würfel unbedingt bekommen und war auch bereit, alles dafür einzusetzen.
Wenn Jane Collins dabei draufging, um so besser für ihn.
Er hatte mehrere Anläufe unternommen, um den Würfel zu bekommen. Wir hatten sie alle abschlagen können, bis auf den letzten, da wäre es fast schiefgelaufen.
Der Höllen-Detektiv, von Asmodis auf Janes Spur gesetzt, hatte ihr den Würfel schon entwenden können. Zum Glück nur für Sekunden, doch diese Zeitspanne hatte ausgereicht, um Jane Collins fast in das Reich des Todes zu schicken. Vielleicht einen Atemzug länger, und es wäre vorbei gewesen.
Ich hatte Pernell Kent den Würfel abnehmen und ihn Jane wieder übergeben können.
Der Höllen-Detektiv war gestorben, ebenso wie die alte Zauberfrau und Teufelsdienerin Alva, die mit ihm zusammengearbeitet hatte. Bill und ich waren zum Kloster gefahren, und hier hatte sich Bill auch seine Brustwunde behandeln lassen.
Mein Freund war von Alva gefoltert worden. Als Zeichen hatte ihm die Zauberfrau ein Dreieck auf die Brust gebrannt. Mit diesem Mal mußte er jetzt leben.
Pater Ignatius, mein Freund und Schmied der geweihten Silberkugeln, war sofort bereit, die Detektivin im Kloster zu lassen.
Diese Stätte des Guten war ein relativ sicherer Unterschlupf für Jane. Wobei ich besondere Betonung auf das Wort relativ legte, denn auch das Kloster hatte schon dämonische Attacken zu verkraften gehabt, sie zum Glück jedoch überstanden.
Diese Gefahren kannte auch der Pater. Er hatte seine Brüder eingeweiht, auch sie zeigten sich einverstanden, und so waren wir einigermaßen beruhigt.
Obwohl wir nicht ausschließen konnten, daß der Teufel und auch ein in meinen Augen noch mächtigerer Dämon alles daransetzen würden, den Würfel zu bekommen.
Als den noch Mächtigeren bezeichnete ich den Spuk.
Auch er wollte den Würfel besitzen, um seine Machtfunktion weiter ausbauen zu können. Der Trank des Vergessens, auf den Kara so scharf war, befand sich schließlich schon unter seiner Kontrolle.
Es standen dem Kloster, so wie ich es sah, keine rosigen Zeiten bevor.
Das alles hatten wir dem Pater und den übrigen Mönchen zu verstehen gegeben, und sie hatten uns verstanden. Kein Widerwort bekamen wir zu hören, im Gegenteil, es waren Aufmunterungen, die man uns mit auf den Weg gab.
Nun nahmen wir Abschied von Jane.
Die Mönche hatten sie in einen kleinen Raum gelegt, mehr schon eine Kammer, wo sie Bergwanderern hin und wieder Unterschlupf vor Sturm, Schnee und Regen gewährten.
Es gab kein elektrisches Licht in dem Raum. Die Mönche hatten eine Öllampe aufgestellt, deren Licht einige Teile der karg eingerichteten Kammer im Schatten ließ.
Ein kleiner Tisch, ein Holzregal, ein Sitzschemel und ein einfaches Lager bildeten die spartanische Einrichtung.
Auf dem Lager lag Jane.
Bewegungslos, steif. Kein Atemzug war zu spüren, und dennoch lebte sie, denn sie schöpfte den Rest der Lebenskraft durch den Würfel des Unheils, der auf ihrem Bauch lag, und den sie mit beiden Händen fest umklammert hielt.
Wenn sie ihn losließ war es vorbei.
Das Licht der Lampe ließ ihre Gesichtszüge weich erscheinen. Lag nicht sogar ein kleines Lächeln auf ihren Lippen? Ich wußte es nicht, sondern stand nur da und schaute auf die schmale Gestalt.
In meinem Innern tobte eine Hölle. Zum Glück konnte ich die Gefühle noch unterdrücken, dennoch war nicht zu vermeiden, daß es heiß in meiner
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