0350 - Mörder in der Traumfabrik
Wegrollen konnte der Wagen nicht, denn das Plateau ist zu eben. Wenn der Chevrolet in selbstmörderischer Absicht gestaltet worden wäre, müßte man das an den Reifeneindrücken deutlich erkennen. Ein anfahrender Wagen hinterläßt besonders tiefe und ausgeprägte Spuren. Der Wagen Bonsels wurde aber gar nicht gefahren — er wurde trotz eingelegter Handbremse weggeschoben!«
»Weggeschoben?« fragten Mr. Carter und ich wie aus einem Munde.
Lieutenant Parker nickte. »Es klingt nicht mehr so unwahrscheinlich, wenn ich Ihnen verrate, daß hinter Mister Bonsels Wagenspur noch die Eindrücke eines zweiten Autos festzustellen waren. Es ist einwandfrei erwiesen, daß dieses Auto den Chevrolet mit Mister Bonsel am Steuer durch das Geländer in den Abgrund drückte!«
Mr. Carter sank mit einem Ächzen in sich zusammen.
»Unglaublich!« murmelte er vor sich hin.
»Ein gewagtes Manöver!« sagte ich zu Parker. »Der Mordwagen hätte sehr leicht mit von der Klippe stürzen können! Haben Sie schon einen Verdacht, Lieutenant?«
Noch ehe Parker mir eine Antwort geben konnte, hörten wir laute Stimmen aus dem Vorraum. Dann steckten die beiden dort postierten Cops von der Stadtpolizei ihre Köpfe herein und sqjaoben die wasserstoffblonde Sekretärin Mr. Carters ins Zimmer. Atemlos wandte sich das Girl an ihren Chef:
»Mister Carter, ich glaube, das Drehbuch von Mister Bonsel ist gestohlen worden! Sein Schreibtisch ist aufgebrochen worden.«
***
In einem kleinen Zimmer hatte Bonsel, vielbeschäftigter Autor, seine phantasievollen Kriminalstücke zu Papier gebracht.
Die Tür zu seinem Privatbüro stand schon offen, als wir es erreichten, ein Blick genügte, um zu erkennen, daß hier jemand alles gründlich durch wühlt hatte.
Die Schubladen des Schreibtisches waren herausgezogen und achtlos umgestülpt worden. Der Inhalt eines Regals — Ordner mit engbeschriebenen Manuskriptseiten — lag zerstreut auf dem Boden umher. Nur einige Nachschlagwerke waren unberührt geblieben.
Der Filmboß näherte sich vorsichtig dem Durcheinander, rber der Lieutenant warnte ihn: »Fassen Sie nichts an, Mister Carter! Sonst zerstören Sie uns vielleicht Fingerabdrücke!«
Carter zuckte erschrocken zurück. Er blickte gespannt auf das Durcheinander Dann sagte er enttäuscht:
»Das Drehbuch ist wirklich weg! Ich würde es sofort an dem hellblauen Umschlag erkennen.«
»Kommen Sie lieber wieder heraus, Mister Carter«, sagte Lieutenant Parker in dienstlichem Ton und gab seinen beiden Cops einen Wink, das Zimmer zu bewachen. »Die Leute von der Spurensicherung werden schon Arbeit genug haben Ich fürchte ohnehin, daß wir nicht sehr viel finden werden. Wir haben es mit einem raffinieren Burschen zu tun!«
Als wir alle auf dem Gang standen, fragte ich:
»Sie vermuten also auch, Parker, daß der Mord und diese Präzisionsarbeit hier von ein und demselben Täter begangen wurden?«
»Natürlich! Haben Sie irgendwelche Zweifel?«
Ich zögerte meine Antwort hinaus. Statt dessen richtete ich eine Frage an den Filmboß.
»Wer könnte ein Interesse daran haben, das Drehbuch zu stehlen. Mister Carter?«
Der schwere Mann mit dem Doppelkinn war nicht darauf gefaßt, von mir angesprochen zu werden. Er mußte sich erst besinnen und stieß dann hastig und konfus hervor: »Hier? Niemand! Alle leben ja von den Filmen. Aber ein Drehbuch hat natürlich immer einen großen Wert — denken Sie nur an die Konkurrenz!«
»Die kann doch damit nichts anfangen!«
»Doch! Sie kann es vernichten! Wenn ich einen wirklich guten Film fallenlassen muß, gerate ich geschäftlich ins Hintertreffen, und das bedeutet unter Umständen meinen Ruin! Die anderen schlafen nicht — und Produzenten gibt es genug.«
Mr. Carter hatte nicht unrecht; der Kampf der verschiedenen Gesellschaften untereinander war hart und nicht immer fair. Aber sollte wirklich ein Konkurrent zu Mord und Diebstahl gegriffen haben, nur um Carter geschäftlich zu erledigen? Mir erschien das sehr unwahrscheinlich.
Fest stand bis jetzt, daß die Ereignisse der vergangenen Stunden mit den Carter-Studios in Verbindung zu bringen waren. Der Mord am Autor Mr. Bonsel, der Diebstahl des Drehbuches, die seltsame Episode, die Phil und mir auf der Highway passierte.
»Noch eine Frage, Mister Carter«, wandte ich mich erneut an den Filmboß, »Um was geht es eigentlich in dem Drehbuch, das gestohlen worden ist?« Wie aus der Pistole geschossen kam Carters Antwort:
»Es geht um eine große
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