0352 - Die Bestie von Neapel
es ja doch geschehen…
Aprils Verschwinden und ihre Schattenlosigkeit deuteten jedenfalls darauf hin, obgleich sich Nicole nicht vollkommen sicher war, ob Bjerns Phänomene ebenfalls schattenlos gewesen waren. Darauf hatte sie eigentlich niemals geachtet…
Aber wenn April diese Fähigkeit jetzt besaß – wann und wie war sie daran gekommen?
Und warum konnte Nicole keine magische Ausstrahlung erkennen?
Schirmte sich April so hervorragend ab?
Warum behauptete sie, nicht in Wales gewesen zu sein und auch nicht bedroht zu werden, im Gegensatz zu ihrer handschriftlichen Notiz?
Und eine letzte, gefährliche Frage blieb.
Bei Bjern Grym war die Para-Gabe ins Negative umgeschlagen. Er hatte seine Kräfte zuletzt in den Dienst der Hölle gestellt. Wie war es bei April?
Hatte sie das Böse von Bjern geerbt?
Nicole war unruhig. Am liebsten hätte sie Zamorra gesucht. Aber sie wußte nicht, wo er sich jetzt genau aufhielt. War er noch auf jenem Grundstück, oder befand er sich bereits irgendwo anders? Hatte der Reporter ihn irgendwohin mitgenommen?
Solange sie nichts Genaueres wußte, würde sie wohl wie versprochen auf der Yacht auf Zamorras Auftauchen warten müssen.
Aber es war nicht so, daß ihr dieses untätige Warten sonderlich gefiel…
***
Im Lift jagte Zamorra zu den oberen Etagen hinauf. Er hatte es geschafft, Zardoni abzuhängen. Dem war die Aufzugtür genau vor der Nase zugezischt, weil er sich erst noch mit zwei älteren Damen auseinandersetzen mußte. Die hatten den Lift in dem Moment verlassen, als Zamorra sich hineindrängte, und Zardoni, der dank seiner Fettleibigkeit nicht so beweglich war wie der durchtrainierte Professor, prallte erst einmal mit den beiden Damen zusammen und hatte sich tausendmal für sein rüpelhaftes Benehmen zu entschuldigen. Als er damit fertig war, war Zamorra bereits oben.
Der Professor war ganz froh darüber, daß Zardoni Zeit verloren hatte.
Der Reporter brauchte auch nicht alles zu sehen. Seine Story hatte er ja ohnehin in gewisser Hinsicht schon. Und wenn Zamorras Verdacht stimmte, dann…
Der Lift, den er gerade verlassen hatte, wurde von unten wieder angerufen.
Auf die Idee, die Treppe hinaufzustürmen, kam der Reporter erst gar nicht. Zamorra orientierte sich und wandte sich dann nach rechts.
Augenblicke später stand er vor April Hedgesons Zimmer.
Er klopfte an.
Drinnen war bedrückende Stille. Aber daß April das Zimmer bereits wieder verlassen hatte, glaubte er nicht, während er sich andererseits wunderte, wieso sie hier war. Sie hatte doch schattenlos den Weg zum Hafen genommen!
Zamorra drückte auf die Klinke.
Abgeschlossen!
Mit Gewalt eindringen konnte und wollte er nicht. Er sah, daß nur zehn Meter weiter am Ende des Ganges eine Tür auf die umlaufende Balkongalerie führte, die es hier in jeder Etage gab. Kein Zimmer ohne Balkon, und die Balkone schlossen nahtlos aneinander und waren nur durch dünne Sichtwände voneinander abgeteilt.
Zamorra öffnete die Tür, die vom Korridor aus auf die Balkongalerie führte, wandte sich hach links und erreichte die Hausecke.
Er kletterte auf die Brüstung.
Sieben Stockwerke tiefer gähnte der Boden unter ihm.
Zamorra hielt sich fest und schwang sich um den Sichtschutz herum, befand sich jetzt an der Rückfront des Hotelgebäudes. Er brauchte bei seinem Versuch nicht weit zu klettern. Das dritte Zimmer und damit auch der dritte Balkon gehörte April Hedgeson. Jetzt konnte er nur hoffen, daß sie die Balkontür oder ein Fenster offen stehen hatte.
Zamorra befand sich auf dem ersten Balkon. Niemand bemerkte ihn, wahrscheinlich war das dazugehörende Zimmer leer. Zamorra überwand den nächsten Sichtschutz.
Hier sonnte sich jemand, sprang entsetzt auf, als da ein Fremder von außen auf den Balkon kletterte – aber da war Zamorra schon an der nächsten Seite, war wieder auf dem Geländer und schwang sich erneut schwungvoll um den Sichtschutz, verfolgt von wilden Beschimpfungen und Drohungen.
Das mußte Aprils Zimmer sein!
In der Tat war das Fenster geöffnet, um Frischluft ins Zimmer zu lassen.
Zamorra ließ es ganz aufschwingen und kletterte hinein. Er war darauf gefaßt, im nächsten Augenblick angegriffen zu werden. Das Amulett war aktiviert und konnte innerhalb von Sekundenbruchteilen schützend in Aktion treten.
Aber niemand griff an.
Das Zimmer war leer!
***
Vittorio Zardoni war sauer. Er hatte wertvolle Zeit verloren. Und er war sicher, daß sich da oben jetzt eine wilde Story abspielte, denn
Weitere Kostenlose Bücher