0352 - Hemators tödliche Welt
Die magische Grenze der beiden so verschiedenen Welten war gesprengt worden.
Zwei geschleuderte Schwerter hatten dafür gesorgt, daß diese Grenze eingerissen wurde und Luzifers Magie mit der der Großen Alten zusammenprallte. [1]
Ein Inferno entstand.
Und im Mittelpunkt des Infernos standen Menschen und Kämpfer für das Gute. Sie gerieten zwischen die Mühlsteine der Gewalten. Kräfte spielten mit ihnen, denen sie nichts entgegenzusetzen hatten, und auch der Mann, der einsam und gefangen in der Astgabel eines blattlosen Baumes lag, bekam den magischen Sturm mit, der über ihn hinwegbrauste.
Nicht allein das. Es gelang der Kraft auch, ihn zu packen. Plötzlich hatte der Mann das Gefühl, starke, aber dennoch unsichtbare Hände an seinem Körper zu spüren, die ihn nicht mehr loslassen wollten.
Ein Mensch hat Angst, wenn andere Gewalten ihn packen und mit ihm spielen. Diesem Mann erging es da nicht anders. Auch er verspürte die Furcht, dieses Grauen nicht überleben zu können.
Sein Körper wurde zu dem einer Gliederpuppe degradiert, die Gewalten tobten sich aus, schleuderten ihn von einer unbestimmbaren Höhe hinein in die Tiefe, packten ihn dann wieder, damit er den gleichen Weg zurückfliegen konnte.
Den Mann, der bereits in der Hölle gelegen hatte, konnte nichts mehr erschüttern.
Dieser Mensch besaß auch einen Namen.
Er hieß Suko, war Chinese und arbeitete als Oberinspektor bei Scotland Yard.
Doch das lag lange zurück.
Viel zu lange. Suko hatte inzwischen das Gefühl bekommen, nicht mehr zu denen zu gehören, die auf der Erde lebten. Er hatte sich an die Hölle gewöhnt.
Und darüber erschreckte er sich. Konnte sich ein Mensch überhaupt an die Hölle und deren Schrecken gewöhnen? An die Leere, an die Einsamkeit, das ihn umgebende Grauen?
Bei Suko war es der Fall gewesen, denn die Hoffnung auf eine Befreiung hatte er mittlerweile aufgegeben, nachdem er gesehen hatte, was mit seinen Freunden geschehen war.
Auch sie waren von den magischen Sturmkräften nicht verschont worden und trieben ebenfalls durch ein Gebiet, das sich durch Kälte und Leere auszeichnete.
Für einen Moment hatte der Chinese sogar seinen besten Freund John Sinclair erkannt, zusammen mit einem kleinen Jungen, dann waren beide abgetrieben worden, und Suko hatte mit seinen eigenen Problemen zu tun.
Auf seinem Weg sah er nicht nur die Menschen. Auch eine andere Person erschien.
Es war derjenige, vor dem sich die Menschen schon seit Jahrhunderten fürchteten.
Der Teufel!
Suko hatte ihn von Angesicht zu Angesicht gesehen, denn in des Teufels Welt waren er und ein Franzose namens Claude Renard gefangen gewesen. Renard hatte es nicht geschafft, Suko aber lebte.
Nur, was war das für ein Leben, in dem es keine Freunde, keine Freude, sondern nur Leere und Verlassenheit gab?
Den Begriff Zeit hatte er aus seinem Gedächtnis gestrichen. Auch jetzt, als er durch die Leere geschleudert wurde, dachte er nicht mehr daran, er fragte sich nur, ob dies alles sein Ende einläutete.
Das trat nicht ein.
Urplötzlich ließ der magische Sturmwind nach. Suko war in seine Randgebiete geraten. Er vernahm nicht mehr das Brausen und Heulen. Dafür trieb er hinein in eine für ihn schon trügerische und unnatürliche Ruhe.
Etwas hielt ihn auf. Er spürte unter seinem Körper einen festen Widerstand und hoffte, daß dies kein Trugschluß war.
Suko konnte beruhigt aufatmen. Zwar schaukelte er noch, aber er blieb liegen.
Der Inspektor hatte sich so an die Astgabel gewöhnt, daß ihm die andere Unterlage direkt komisch oder seltsam vorkam. Er zog die Beine an, hob den Arm und…
Nein!
Es war nur ein gedanklicher Schrei, der seinen Kopf durchtoste.
Doch Suko spürte die gleiche Überraschung, als hätte er das Wort laut in diese unheimliche Welt gerufen.
Jetzt hob er auch den linken Arm, zog die Beine an, streckte sie wieder und begann zu lachen.
Es war ein Lachen der Erlösung, denn nach dieser langen Gefangenschaft konnte er sich wieder bewegen. Alle Glieder seines Körpers gehorchten ihm.
Das war wie eine neue Geburt, und Suko schüttelte den Kopf, weil er es noch immer nicht begreifen konnte.
Er hatte es geschafft!
Die Lähmung war verschwunden. Wer immer dafür die Verantwortung trug, Suko war dieser Person oder diesem Dämon dankbar.
Er streckte die Arme aus und stellte fest, daß es besser klappte, als er eigentlich angenommen hatte.
Zwar kribbelte es ein wenig in seinen Fingern und Zehen, doch der Kreislauf stabilisierte sich
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