0362 - Der Rachegeist von Houston
pflegen nicht mehr in der Weltgeschichte herumzulaufen.«
»Mit Verlaub, Sir – haben Sie eine bessere Erklärung?«
»Die werden Sheriff Winter und seine Crew finden«, sagte Van Clane.
»Rufen Sie Winter an. Er soll sofort herkommen und sich des Falles annehmen.«
»Er wird uns für verrückt erklären, Sir«, murmelte Dachs.
»Darauf lasse ich es ankommen. Aber ich kann und will nicht zulassen, daß sich ein Irrer unerlaubt im Castle herumtreibt, und noch weniger, daß er Janet oder sonst irgend jemandem solche Schocks versetzt. Und – rufen Sie auch bei der GEC an. Die sollen jemanden schicken, der die Alarmanlage überprüft. Für das Geld, das die Leute bekommen haben, können sie ruhig Anlagen bauen, die auch funktionieren!«
***
Sheriff Jos Winter schüttelte den Kopf. »Das ist ja eine haarsträubende Geschichte, die Sie mir da weismachen wollen, Mister Van Clane. Was wollen Sie damit erreichen? Publicity haben Sie doch so schon genug. Wenn Sie jetzt auch noch meinen, die Behörden vor Ihren Karren spannen zu können…«
Van Clane furchte die Stirn. Er war ein hochgewachsener Mann Ende der Dreißig, mit einem dünnen Oberlippenbart, dunklem, kurzgeschnittenem Haar und wachen Augen. Kaum jemand hatte ihn in der Öffentlichkeit einmal anders gesehen als im hellgrauen Westenanzug. Er hatte ergiebige Ölfelder von seinem Vater geerbt und die Produktivität weiter steigern lassen. So war er vom mehrfachen Millionär zum mehrfachen Milliardär geworden. Manche nannten ihn einen eiskalten Geschäftsmann, der über Leichen ging. Ein Mädchen namens Janet Cook wußte, daß er auch noch eine andere Seite hatte. Daß er seinen Reichtum zwar genoß, aber in erster Linie an die Stabilität seiner Firma dachte. Das Ölgeschäft ließ in den letzten Jahren merklich nach, kleinere Firmen hatten längst aufgeben mussen, und zahlreiche Bohrtürme in Texas waren verwaist. Die von Adam Van Clane standen noch. Rund dreieinhalbtausend Arbeitsplätze hingen allein auf den Feldern und in der Verwaltung in Houston daran. Van Clane kämpfte mit härtesten Bandagen, daß es so blieb – in der Finanzwelt ebenso wie in der Politik.
Van Clane beugte sich vor.
»Was meinen Sie damit, Winter?« fragte er.
»Die Presse wird sich doch darauf stürzen! Van Clane baut sich ein Spukschloß mit echtem Gespenst! Vielleicht soll’s durch die Hintertür ein Hotel werden, wie? Mit dem Sie noch mehr absahnen, falls das Ölgeschäft aufhört…«
Van Clane verzog das Gesicht.
»Ich habe diese Art von Sensationspresse noch nie nötig gehabt, jetzt erst recht nicht, Winter! Spukschloß… diesen Begriff haben Sie benutzt, aber er will mir nicht gefallen. Spuk – gibt es nicht. Dieses verdammte Skelett in der Badewanne war eine äußerst reale Erscheinung! Oder haben Sie schon mal Gespenster erlebt, die nasse Spuren auf dem Teppich hinterlassen? Finden Sie heraus, wer dieser Kerl ist, der sich den üblen Scherz mit Miß Cook erlaubt hat, und dann sehen wir weiter. Sie und Ihre Leute können sich in Absprache mit mir oder mit Mister Dachs frei im Castle bewegen, solange es den Ermittlungen dient. Ich will, daß Sie den Burschen ermitteln.«
Winters Augen wurden schmal.
»Was meinen Sie mit ›dann sehen wir weiter‹, Sir? Wollen Sie dann Selbstjustiz durchführen?«
Van Clane lachte auf. »Das trauen Sie mir zu? Nur weil ich dafür gesorgt habe, daß Ihr schärfster Rivale nicht Sheriff wurde?«
»Auch ’ne Art, jemanden an etwas zu erinnern«, knurrte Winter unbehaglich.
»Aber Sie haben meine Frage nicht beantwortet, Mister Van Clane.«
»Ich werde Sie Ihnen auch nicht definitiv beantworten«, gab der Ölbaron zurück. »Wenn ich weiß, wer’s war, überlege ich mir, ob ich Strafantrag stellen lasse oder ob ich einen wirtschaftlichen Gegner mit anderen Mitteln in die Knie zwingen muß. Bitte, Sheriff… setzen Sie Ihre Männer ein. Ich habe Wichtigeres zu tun.«
Winter verstand die Aufforderung, das hypermodern eingerichtete Büro zu verlassen. Van Clane widmete sich bereits wieder seinem Arbeitstisch.
Er drückte auf die Sprechtaste der Direktverbindung zu seiner Sekretärin. »Judith, mir fehlt noch die Aufstellung der Überproduktion der vergangenen Woche! Hat Mallory sie immer noch nicht geliefert?«
Winter, ein untersetzter, etwas dicklicher Mann, der immer ein wenig verdrießlich aussah, verließ das klimatisierte und staubfreie Büro.
Van Clanes Erinnerung störte ihn. Dabei wußte er nur zu gut, warum Van Clane so
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