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037 - Die seltsame Gräfin

037 - Die seltsame Gräfin

Titel: 037 - Die seltsame Gräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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gemacht.
    Mit bestem Gruß
    Michael Dorn
    Die Worte »Zeigen Sie ihm, wenn nötig, diesen Brief« waren dick unterstrichen.
    Ein Eilbote hatte ihr den Brief gebracht. Der Poststempel zeigte den Namen einer Stadt in Somerset. Lizzy Smith las ihn dreimal. Zuerst mußte sie die Worte entziffern, dann verstand sie den Inhalt, und das drittemal las sie ihn mit persönlicher Genugtuung, denn sie fühlte sich plötzlich zu einer wichtigen Persönlichkeit gestempelt. Heimlich mußte sie darüber lachen, daß Michael sich einbildete, ihr alter, geiziger Chef würde ihr Urlaub geben, nur weil er früher einmal Mr. Dorn flüchtig kennengelernt hatte. Der Alte würde ihn wahrscheinlich längst wieder vergessen haben und ihr unter keinen Umständen gestatten, von ihrer Arbeit fernzubleiben.
    Die Neuigkeit war viel zu interessant, als daß Lizzy sie lange für sich allein behalten konnte. Sie nahm den Brief und ging zu Mr. Mackenzie hinunter. Als sie bei ihm eintrat, war er gerade damit beschäftigt, eine neue Saite auf seine Violine zu ziehen.
    »Letzte Nacht habe ich es ausgehalten«, sagte sie nicht unhöflich. »Ich hörte Sie in einem fort Ihre Geige stimmen.«
    »Ich habe doch meine Geige nicht dauernd gestimmt«, erwiderte der alte Mackenzie überrascht. »Ach so - ich habe klassische Musik gespielt, und da ist es möglich, daß Sie es für Stimmen hielten, weil Sie nicht daran gewöhnt sind. Es war die Arie aus ›Samson und Delila‹, es ist ein wundervolles Stück.«
    Er zog die Brille, die er auf die Stirn geschoben hatte, wieder herunter, und nahm den Brief aus ihrer Hand.
    »Soll ich das lesen?« fragte er, und als sie nickte, entzifferte er die kleine merkwürdige Schrift Dorns Zeile für Zeile.
    »Das scheint ja eine sehr gute Nachricht zu sein. Wird Miss Reddle heute abend wieder zurückkommen?«
    Lizzy seufzte ungeduldig.
    »Wie soll ich wissen, ob sie schon heute abend zurückkommt?«
    Sie war empört darüber, daß der Brief auf ihn nicht denselben Eindruck machte wie auf sie. »Es ist möglich, daß sie überhaupt nicht wiederkommt! Verstehen Sie denn gar nichts anderes, als was Sie auf der Violine spielen können, Mr. Mackenzie? Sie ist doch in der Gewalt dieses fürchterlichen Menschen in Gallows Farm! Die ganze Sache hängt jetzt nur von mir ab. Mike versteht nur zu gut die menschlichen Naturen, und wenn er irgendwie in eine schwierige Lage gerät, dann nimmt er seine Zuflucht zu Elizabeth Smith. Der Mann hat Menschenkenntnis.«
    »Natürlich«, murmelte Mr. Mackenzie.
    »Nun ist die Frage«, überlegte Lizzy und zog ihre Stirn in nachdenkliche Falten, »soll ich zuerst versuchen, diesen Wills aufzusuchen, oder soll ich zunächst ins Büro gehen?«
    »Ich würde an Ihrer Stelle in Mr. Dorns Wohnung anrufen«, sagte der alte Mann ...
    Auf Ihrem Weg zum Büro machte sie bei der ersten öffentlichen Telefonzelle halt und rief Michaels Nummer an, aber es meldete sich niemand. Die Nachrichten, die sie heute morgen erhalten hatte, schmeichelten ihr außerordentlich, und die Verantwortung gab ihr das angenehme Gefühl, daß sie persönlich mit großen Ereignissen in Zusammenhang stand. Trotzdem sah sie mit Besorgnis der Unterhaltung mit dem alten Shaddles entgegen. Daß er ihr den Tag freigeben würde, war eine völlig aussichtslose Hoffnung. Viel wahrscheinlicher war es, daß er mit seinem knöchernen Finger auf die Tür zeigen und sie aus seinem Büro verweisen würde. Aber auch wenn sie ihre Lebensstellung dabei opfern sollte - sie war entschlossen, bei der Hand zu sein, wenn man ihre Hilfe brauchte. Was sie aber tun sollte oder auf welche Weise sie Michael zu Hilfe kommen konnte, darüber machte sie sich weiter keine Sorgen.
    Als sie ins Büro kam, hatte sie sich bereits drei verschiedene Entschuldigungsgründe zurechtgelegt, aber leider standen sie in keinerlei Beziehung zueinander. Glücklicherweise brauchte sie später nur zwei davon vorzubringen.
    Mr. Shaddles war schon im Büro. Unweigerlich kam er als erster und ging als letzter. Ohne ihren Hut abzunehmen, klopfte sie an die Glastür und als sie sein unfreundliches Herein hörte, hätte sie beinahe ihre Absicht aufgegeben, ihn um Urlaub zu bitten. Er sah sie von der Seite an, als sie hereinkam, und bemerkte auch gleich, daß sie Hut und Mantel noch nicht abgelegt hatte.
    »Nun, was gibt's? Warum sind Sie nicht an der Arbeit? Es ist bereits fünf Minuten nach Beginn!«
    Lizzy legte ihre Hand leicht auf den Tisch und begann in ihrer süßesten und

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