0376 - Der Turm des Ungeheuers
herumtreibt! Wenn die Fische hier auch so friedlich sind wie diese stinkenden Flugbestien von vorhin, dann herzlichen Dank…«
Yerl nickte. »All right. Drehen wir also Däumchen bis zum letzten Tag. Momentan bin ich mit meinem Latein am Ende…«
Auf einer anderen Leitung sprach die Bordverständigung an. »Lazarett, Doktor Fielding, Sir! Captain, vor ein paar Minuten ist einer unserer Patienten gestorben! Einer von denen, die Verletzungen durch die Flugbestien zugefügt bekamen!«
»Gestorben?« stieß Yerl alarmiert hervor. »Woran?«
»Vergiftungserscheinungen. Ein uns unbekanntes Gift, das durch die Verletzungen in die Blutbahn geriet und den Exitus auslöste. Wir rechnen damit, daß wir auch den anderen Flugbestien-Verletzten nicht helfen können. Wir haben kein Gegenmittel gegen dieses unbekannte Gift…«
Auf der Kommandobrücke wurde es plötzlich sehr, sehr still. Die Offiziere sahen sich entsetzt an.
»Captain, sind Sie noch dran?« quäkte die Stimme Doc Fieldings aus dem kleinen Lautsprecher.
»Ja«, sagte Yerl leise, und noch einmal: »Ja…«
Wurde diese düstere Welt für sie alle zum nassen Grab…?
***
»Du hast geglaubt, du seist schlau?« grollte der schwarze Greuler. Er hielt Sara Moon in seinen Pranken fest. »Hast nicht bedacht, daß das mein Turm ist? Hier kommst du immer zu mir, wohin du auch willst.«
Sie konzentrierte sich darauf, ihm wieder einen Magie-Schock zu versetzen. Aber er sah das Aufleuchten ihrer Augen diesmal rechtzeitig. Er schlug zu.
Die Druidin verlor die Besinnung, ehe sie ihre Fähigkeit anwenden konnte.
Der Greuler ließ sie zu Boden sinken. Er überlegte, ob er ihr Leben trinken sollte. Es war wohl besser. Sie konnte ihm sonst zu viele Schwierigkeiten bereiten.
In diesem Moment fühlte er, daß auf dem Schiff ein Mensch starb.
Ein Mensch, der das Gift einer Flugbestie in sich trug. Damit war die Verbindung zum Greuler hergestellt. Der Schwarze sog die verwehende Lebenskraft in sich auf. Er erstarkte sofort. Zufriedenheit erfüllte ihn, und er schuf die Öffnung in der Wand und trat ins Freie hinaus, auf die umlaufende Galerie des Turms. Die Druidin zog er mit sich nach draußen. Er wollte sie ab jetzt nicht mehr aus den Augen lassen. Sicher, bei jedem Fluchtversuch landete sie auch ohne ein Zutun bei ihm - aber es konnte sein, daß sie versuchte, den Turm zu zu zerstören.
Er sah hinunter zum Schiff. Unzählige Lichtpunkte überall. Fenster von Kabinen, in denen Licht brannte. Die gegen die Steilküste strömende Brandung traf auch das Schiff, war aber nicht in der Lage, es zu bewegen. Es saß auf dem Unterwasserfelsen fest und würde sich aus eigener Kraft nicht mehr befreien können - außer der Kapitän ging das Risiko der Selbstzerstörung ein.
So viele Opfer, die ihm, dem Greuler, Lebenskraft geben konnten… So viele hatte er wahrhaftig noch nie zugleich gehabt. Er sah Schwierigkeiten voraus. Wie sollte er sie alle lange genug am Leben erhalten? Er konnte sie nicht alle zugleich in sich aufnehmen. Er würde bersten vor Kraft und an dem Überschuß, an der Übersättigung, selbst zugrundegehen. Er konnte nur hoffen, daß die Wasservorräte im Schiff lange genug vorhielten. Wenn die Insassen erst soweit waren, daß sie verdursteten, hatte er Pech.
Und er wollte sie alle! Er wollte die Kraft keines einzigen Opfers verschmähen. Zu lange hatte er darben müssen. Und es war nicht damit zu rechnen, daß sich die Opfer künftig wieder häuften. Er befürchtete, bald wieder selbst auf Jagd gehen zu müssen. Das hieß, daß er seinen bequemen Posten hier am Kreuzweg der Welten aufgeben mußte. Hier waren ihm hundert Jahre lang die gebratenen Tauben des Schlaraffenlandes förmlich ins Maul geflogen. Er war es gar nicht mehr gewöhnt, zu jagen. Schon die Erkundung auf dem Schiff, die zu dem seltsamen Zusammentreffen mit den beiden Frauen geführt hatte, war ihm schwergefallen. Er hatte sich zwar an seine Fähigkeiten erinnert und beherrschte sie wie einst, aber dennoch war es eine gewaltige Umgewöhnung.
Hundert Jahre alte Angewohnheiten vergißt man nicht so schnell. Sie prägen sich ein.
Der schwarze Greuler entsann sich, daß die Druidin einen blauen Kristall bei sich trug. Für den interessierte er sich plötzlich. Er begann die Frau abzutasten und wurde fündig. Er nahm den Kristall an sich.
Da schrie sie gellend, die Druidin, obgleich sie immer noch bewußtlos war! Aber etwas in ihr spürte rasenden Schmerz. Und auch der Greuler spürt diesen
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