0380 - Ich und der Poltergeist
zerstört!« rief mir Suko zu. »Wir müssen hier weg!«
Dagegen hatte ich nicht. Wir passierten die Reste des Fasses, erreichten die Treppe und hatten unseren Fuß noch nicht auf die erste Stufe gesetzt, als wir das Krachen hörten.
Sicherheitshalber blieben wir stehen, und das war verdammt gut so, denn vom Ende der Treppe her kam die Gefahr schnell wie ein gewaltiger Blitz. Sie jagte uns entgegen.
Diesmal war es kein Faß, der Poltergeist hatte sich etwas anderes ausgesucht.
Als wäre es nur eine Streichholzschachtel, so hatte er es durch seine Kraft geschafft, eine gewaltige Kommode in Bewegung zu setzen und sie die Stufen der Treppe hinab geschleudert. Zudem nahm sie die gesamte Breite ein und krachte auf jede Stufenkante.
Da kamen wir nicht vorbei.
Suko stieß mich zur Seite. Ich hatte mich bereits auf dem Sprung befunden, so daß ich mich in Sicherheit katapultieren konnte, bevor das Möbelstück auch nur die Hälfte der Treppe hinter sich gelassen hatte. In zwei verschiedene Richtungen waren wir weggetaucht und schauten zu, wie die Kommode die Treppe hinter sich ließ, noch einmal hart aufprallte, wobei der Druck sie auseinandertrieb.
Die Splitter flogen nach allen Seiten weg. Eine zur Hälfte zerstörte Schublade rutschte noch bis gegen meine Fußspitzen, wo sie schließlich gestoppt wurde.
Piu Hang, der Poltergeist, hatte sein Versprechen wahr gemacht.
Er wollte auch uns vernichten.
Aber wir waren keine Greise und geübt im Umgang mit Dämonen und schwarzmagischen Wesen.
Suko deutete die Treppe hoch. »Los, John, es ist frei!« Er startete als erster. Die Stufen nahm er jeweils mit mehreren kraftvollen Sprüngen, katapultierte sich dem Ende der Treppe entgegen und hatte es kurz vor mir erreicht.
Wir blieben stehen, um uns einen Überblick verschaffen zu können.
Im Moment herrschte Ruhe. Leider wußten wir noch immer nicht, wo sich die Männer befanden, und auch George war nicht zu sehen.
Aber der Raum lag über dem Keller. Es durfte keinerlei Schwierigkeiten bereiten, den Eingang zu finden.
Beide waren wir sehr vorsichtig geworden und bewegten uns auf Zehenspitzen und leisen Sohlen voran. Erst jetzt fiel uns auf, daß an den Wänden die Trophäen und Gegenstände hingen, die von den Engländern aus ihrer Kolonie mitgebracht worden waren.
Wir sahen einige Masken, auch Waffen und die langen Elfenbeinzähne eines Elefanten.
Da hatten unsere Landsleute ganz schön geräubert.
Wir mußten mit dem Schlimmsten rechnen, deshalb waren wir so vorsichtig. Das stellte sich als positiv heraus, denn plötzlich erlebten wir abermals die Magie des Piu Hang.
Es begann diesmal nicht mit einem lauten Poltern oder Krachen.
Dafür vernahmen wir ein Vibrieren und Zittern. Das Mauerwerk wurde in Mitleidenschaft gezogen und auch das, was es schmückte.
Die Masken, die Souvenirs, die Waffen…
Suko verfolgte den gleichen Gedanken wie ich. »John!« flüsterte er. »Piu Hang hat das verdammte Haus unter Kontrolle.«
»Das befürchte ich auch.«
»Sir! Sir!« Es war der gellende Angstruf des Butlers George, der uns erreichte. Er wollte noch ein drittesmal rufen, diesmal jedoch hörten wir nur noch einen erstickten Schrei.
»Willst du?« fragte Suko.
Ich rannte schon!
***
Schlagartig brach das Lachen ab, denn auch McDee hatte gespürt, daß ein anderer dabei war, die Kontrolle über seinen Körper zu bekommen. Während Ollbright immer tiefer in den veränderten Boden sank und sich selbst dabei auflöste, wurde er gepackt und steif in die Höhe geschleudert, so daß er schon Furcht davon bekam, mit der Schädelplatte gegen die Decke zu schlagen.
Dicht davor bremste er ab.
McDee schwebte in der Luft. Er sah die Szenerie aus der Vogelperspektive, konnte die Leichen erkennen, die ebenso wie der Sarg nicht in den Boden einsank, und bekam auch mit, daß sich der Körper seines Freundes als weiche Masse und waagerecht liegend verteilte.
Wann war er an der Reihe? Gehörte das, was er erlebte, bereits zum Vorspiel für den Tod?
Er wußte es nicht, und es war auch keiner da, der ihm darauf hätte eine Antwort geben können. Der andere ließ ihn über dem Boden schweben und führte ihn erst nach einer geraumen Weile einem neuen Ziel zu.
Obwohl der Poltergeist selbst nicht zu sehen war, hatte er alles voll unter Kontrolle. Seine Kraft war permanent vorhanden und wurde von ihm gezielt eingesetzt.
Zum Beispiel gegen Harold McDee!
Die für ihn erklärbare Kraft schob ihn plötzlich nach vorn und gleichzeitig
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