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0382 - Claudines Schreckensnacht

0382 - Claudines Schreckensnacht

Titel: 0382 - Claudines Schreckensnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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wird, kann ich allerdings heute nicht mehr damit beginnen. Sie sehen ja, was hier los ist… ich habe Gastgeberpflichten.«
    Außerdem kann es so schlimm nun wirklich nicht sein, dachte er. Poltergeister sind mit die harmlosesten Spukerscheinungen, die’s gibt…
    ***
    Er war hinter Focault hergefahren. Eine schmale, kurvenreiche Straße führte durch Waldgebiete und an Wiesen vorbei bergauf nach Neulise. Kleine, hübsche Häuser mit gepflegten Vorgärten säumten die Hauptstraße. Focault hielt vor einem Haus in einer Seitenstraße an und stieg aus. Zamorra stoppte hinter ihm.
    »Wir sind da«, sagte Focault überflüssigerweise.
    Er öffnete die Zaunpforte und ging auf die Haustür zu. Zamorra lehnte sich an den Wagen und betrachtete das Haus und das Grundstück. Eines der zur Straße zeigenden Fenster war zersplittert. Jemand hatte eine durchsichtige Kunststoffplane mit einem provisorischen Holzrahmen davor genagelt.
    Der Poltergeist sollte das Fenster zerstört haben.
    Zamorra schürzte die Lippen und sah sich um. Ringsum lag alles ruhig und friedlich.
    Feierabendstimmung. Aus dem geöffneten Fenster eines Nachbarhauses drang Fernsehlärm. Ein paar Dutzend Meter weiter war jemand mit Eimer, Schwamm und Bürste damit beschäftigt, sein Auto zu waschen. Ein paar Tauben hockten nicht weit entfernt auf einem Stromkabel und warteten darauf, daß er mit seiner Arbeit fertig würde, um das Resultat nach bewährter Tauben-Manier zunichte zu machen.
    Zamorra tastete nach seinem Amulett, das er unter dem Hemd am Silberkettchen vor der Brust trug. Außer der handtellergroßen Zauberscheibe hatte er nichts mitgenommen. Er war sicher, daß er an diesem Spätnachmittag ohnehin noch nicht viel machen konnte. Er wollte erst einmal mit dem Mädchen sprechen und sich auch die hervorgerufenen Schäden ansehen.
    Focault hatte indessen die Haustür aufgeschlossen und ließ sie nach innen schwingen. »Kommen Sie, Professor«, bat er.
    Zamorra folgte ihm. Focault war schon ein paar Schritte vorausgegangen.
    Zamorra wollte gerade eintreten, als eine unsichtbare Faust die Tür packte und ihm vor der Nase laut krachend ins Schloß warf. Die Bleiglasverzierung klirrte leise und drohte aus der Holzfassung zu brechen.
    Schattenhaft sah Zamorra durch das Milchglas Focault herumfahren. Die Tür wurde wieder aufgerissen. Focaults Augen waren geweitet.
    »Pardon, Professor«, stieß er hervor. »Das tut mir leid. Es muß…«
    »… unser Freund, der Poltergeist, gewesen sein«, vollendete Zamorra. »Das war also seine Begrüßung. Na dann…«
    Er folgte Focault in ein kleines Wohnzimmer. »Nehmen Sie Platz«, bat Focault. »Was darf ich Ihnen anbieten?«
    »Ein Glas Wasser oder Saft. Ist es möglich, daß ich mich im Haus etwas umsehe?«
    »Aber sicher«, sagte Focault, aber es klang nicht ganz echt. Zamorras Bitte kam ihm wohl ungelegen. Es ist auch nicht jedermanns Sache, einen völlig Fremden durch das ganze Haus streifen zu lassen. »Möchten Sie nicht erst einmal mit Claudine sprechen? Birgit! Birgit! Bist du oben? Wir sind wieder da…«, rief er mit erhobener Stimme.
    »Ich möchte erst einmal das Haus auf mich wirken lassen«, sagte Zamorra.
    »Warum?«
    »Es ist möglich, daß es in ihm etwas gibt, das auf Claudines Psyche einwirkt und die Phänomene so verstärkt, daß sie nicht wieder von selbst aufhören«, vermutete Zamorra.
    »Und wie können Sie so etwas feststellen?«
    »Ich spüre es«, sagte Zamorra.
    Eine attraktive Frau trat ein, wie Henri etwa Mitte der Dreißig. Sie begrüßte Zamorra herzlich, und er konnte die Skepsis erkennen, die sie ihm entgegenbrachte. Auf Henris gemurmelte Worte hin holte sie den von Zamorra erbetenen Fruchtsaft.
    Mit hellwachen Sinnen beobachtete und registrierte Zamorra alles. Jedes Wort, jede Bewegung. Er nahm Gefühlsschwingungen auf. Das alles mochten Mosaiksteine sein, die später zusammen ein großes Bild ergaben. Das Empfinden und Verhalten von Menschen konnte die Aura eines Hauses bestimmen und verändern, in welchem diese Menschen lebten. Und das wiederum führte zu Rückkopplungen.
    Er griff sich in einem unbemerkten Augenblick an die Brust. Unter dem dünnen Stoff des Hemdes fühlte er die erhaben gearbeiteten Hieroglyphen. Über sie aktivierte er das Amulett und befahl ihm, die vorhandenen Schwingungen aufzunehmen und zu analysieren. Er wollte die Silberscheibe nicht öffentlich einsetzen - zumindest jetzt noch nicht. Er spürte die schwache Ablehnung Birgit Focaults und wollte nicht

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