0382 - Claudines Schreckensnacht
fahren.«
Nicole zog einen Stuhl heran und ließ sich darauf nieder. »Worum geht es, Monsieur Focault? Wie können wir Ihnen helfen?«
»Der Professor ist doch Parapsychologe, nicht wahr?« sagte Focault. Als Nicole nickte, fuhr er fort: »Es gibt da ein Problem. Meine Tochter Claudine. Sie ist vor einem Vierteljahr fünfzehn geworden. Und sie leidet unter einer Poltergeist-Erscheinung.«
Nicole hob die Brauen. »Mit fünfzehn? Das ist erstaunlich.«
Focault nickte. »Deshalb bin ich hier. Es hielt sich eigentlich in Grenzen. Wir hatten auch schon mal einen Parapsychologen aus Paris da, aber der konnte oder wollte nichts machen. Aber jetzt, in den letzten Tagen, ist es immer schlimmer geworden. Wir wissen nicht mehr, wie es weitergehen soll. Claudine leidet, Mademoiselle. Sie leidet unter diesen Erscheinungen, und es gibt anscheinend keine Möglichkeit, sie zu kontrollieren. Da dachte ich, daß vielleicht Professor Zamorra uns helfen kann.«
Nicole schürzte die Lippen. »Das wird nicht einfach sein«, sagte sie. »Gerade bei Poltergeist-Phänomenen gibt es eigentlich keinen Ansatzpunkt. Was soll man da machen? Diese Phänomene tauchen auf, und sie verschwinden nach einiger Zeit wieder.«
»Aber das hier ist doch unnatürlich!«
»Wieviel Zeit haben Sie, Monsieur Focault?«
Er lächelte gequält. »Urlaub…«
»Dann kommen Sie mit. Wir sprechen darüber. Der heutige Tag ist zwar etwas ungünstig, aber es wird sich schon was machen lassen. Von wo kommen Sie?«
»Von Neulise.«
»Das ist ja gar nicht weit von hier«, erkannte Nicole. »Na schön. Kommen Sie mit hinauf zum Château, dann sehen wir weiter. Ich weiß nicht, ob wir Ihnen helfen können, aber wir werden es zumindest versuchen, das kann ich Ihnen jetzt schon versprechen.« Sie lächelte deNoe zu. »Tut mir leid, Rogier, daß ich Sie so einfach vernachlässigte… was halten Sie übrigens davon, wenn Sie Ihre Zelte hier bei Mostache abbrechen und sich im Château einquartieren? Dort kostet’s nichts, und die Spinnen fegen wir auch vorher aus dem Zimmer. Wir haben sogar die Toilette im Haus…«
DeNoe schmunzelte. »Das klingt gut. Ich hasse es nämlich, mit der Rolle Toilettenpapier unter dem Arm eine halbstündige Wanderung zu machen, nur um dann festzustellen, daß das Häuschen mit dem Herz in der Tür schon besetzt ist…«
»Oh, zur Not können wir auch mit dem sibirischen Wanderklo dienen«, schlug Nicole vor.
»Was ist denn das?«
»Es ist äußerst transportabel, überall einsetzbar und besteht aus zwei Stöcken. Einer wird in den Boden gerammt, damit man den Mantel daran aufhängen kann, und mit dem zweiten wehrt man die Wölfe ab.«
Henri Focault verdrehte die Augen und seufzte.
Der junge Finanzberater erhob sich und lächelte Nicole zu. »Trinken Sie Ihren Wein, während ich mein Köfferlein packe und -mir die Rechnung geben lasse. Ich muß mir das Château ja ohnehin ansehen… warum also nicht?«
»Die Rechnung hier geht an uns«, protestierte Nicole. Sie wandte sich wieder Focault zu, der sofort von dem Poltergeist-Phänomen zu sprechen begann. »Es wird von Stunde zu Stunde schlimmer«, sagte er. »Jetzt zerbrechen sogar schon Fensterscheiben. Es hat sich innerhalb von ein paar Tagen fürchterlich aufgeschaukelt. Früher war es sehr lästig, aber einigermaßen zu ertragen, nachdem wir uns alle daran gewöhnt hatten. - Sofern man sich an so etwas überhaupt gewöhnen kann«, schränkte er ein. »Aber jetzt ist alle paar Minuten was los. Claudine ist mit den Nerven fertig. Es muß dringend etwas passieren, ganz dringend.«
Nicole sah auf die Uhr. »Neulise ist ja nicht weit entfernt… mal sehen, vielleicht reicht die Zeit ja noch. Aber dann sollten wir allmählich in die Gänge kommen.«
***
Die Vorbereitungen für die am frühen Abend beginnende Party liefen mit Volldampf. Zamorra griff Raffael Bois unter die Arme, wo er konnte, auch wenn der alte Diener damit gar nicht einverstanden war und am liebsten alles allein gemacht hätte. Aber es war ihm deutlich anzumerken, daß ihm die Arbeit von Jahr zu Jahr schwerer viel. Dennoch tat er sie mit Begeisterung. Sie war sein Lebensinhalt. Wahrscheinlich würde er eine Pensionierung nicht überleben.
Von Teri Rheken war nichts zu sehen. Offenbar hatte sie sich zum Schlafen zurückgezogen. Sie hatte eine Andeutung fallen lassen, daß es in den letzten Tagen für sie heiß hergegangen war und sie froh über ein wenig Ruhe und Entspannung sei. Statt dessen wieselte Fenrir, der
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