0385 - Horrornacht im Himmelbett
dafür nicht reif. Ich habe gekämpft, ich wußte mehr, ich war derjenige, der die Geheimnisse genau kannte, aber ich hütete mich, mit anderen darüber zu sprechen, weil man mich auslachte. Von den Mächtigen der Kirche bin ich verfolgt worden. Man legte mich in Eisen und strangulierte mich, aber ich gab das Geheimnis nicht preis. Niemand wußte, daß es sich in einem der Bettpfosten befand. Bei der Liegestatt, die zu meinem Totenbett geworden ist. Mein Geist aber wanderte ruhelos durch die Dimensionen, denn ich bin der Wächter dieser Aufzeichnungen. Erst wenn sie vernichtet sind, kann auch ich sterben. Einige Hundert Jahre blieb es unentdeckt, ich will weiterhin, daß es so bleibt. Laßt ihr die Finger davon, vergeßt mich, vergeßt das Pergament, vergeßt mein altes Wissen…«
Mehr sagte er nicht.
Es hatte ausgereicht, und ich ahnte schon, daß er sich noch eine Überraschung ausgedacht hatte.
Ich täuschte mich nicht.
Auch Suko sah es. Das auf dem halb zerstörten Bett liegende Papier bewegte sich plötzlich. Es rollte sich nicht zusammen, sondern wurde auseinandergefaltet, als wäre jemand dabei, es zu glätten, um die Botschaft lesen zu können.
Leider trat genau das Gegenteil von dem ein.
Plötzlich wurde das Papier schwarz, die Ecken hoben sich ab, und im nächsten Augenblick schoß eine dünne, schmale Flamme aus seiner Mitte in die Höhe. Ich rannte los!
***
Suko stand näher am Ziel als ich. Wahrscheinlich hatte er den letzten Angriff aus dem Unsichtbaren noch nicht überstanden, deshalb überließ er mir die Initiative, und mir war es auch egal, daß sich Samaran bewegen konnte, ich wollte das Dokument, dessen Aufzeichnungen für uns Menschen in der Gegenwart von einem unschätzbaren Wert sein konnten.
Die Flamme hatte das Dokument noch nicht ganz erfaßt, als ich das Bett erreichte. Was um mich herum geschah, interessierte mich nicht, ich kümmerte mich auch nicht um gellende Schreie, hörte auch einen Schuß, ich hechtete auf das Bett zu, krachte hinein und schlug meine flache Hand auf die senkrechte Feuerzunge.
Noch im gleichen Moment schrie ich auf. Eine Sekunde ließ ich mir Zeit, um hinzuschauen.
Die bläulich rote Flammenzunge war durch meine Hand gestoßen, als wäre sie als Hindernis überhaupt nicht vorhanden gewesen. Ich spürte nur den Schmerz, zog die Hand wieder hoch und sah, daß es dem Feuer gelang, eine Ecke des Bettbezugs anzusengen.
Wenn es mir nicht gelang, die Flammen zu löschen, würde bald das Bett in Flammen stehen.
Ich dachte an das Pergament und sah, daß es brannte. Über die Hälfte davon hatten die Flammen bereits zu fassen bekommen, und wußte noch immer nicht, wie ich es löschen sollte.
»John, dein Kreuz!«
Bill hatte es geschrien und möglicherweise genau das Richtige getroffen.
So rasch wie möglich holte ich das Kreuz hervor, während die Flammen sich weiterfraßen.
Dann drückte ich meinen Talisman auf das Pergament.
Im gleichen Augenblick umgab mich eine helle Lichtwolke, die wie eine Leinwand wirkte, denn in ihr sah ich das Gesicht eines grauhaarigen Mannes, dessen Kinn von einem ebenfalls grauen Knebelbart bedeckt war. Ein scharfer Blick war auf mich gerichtet.
Forschend, lauernd, vielleicht auch wütend.
Ich wußte es nicht.
Aber der Mann, der mich da innerhalb dieser magischen Zone anschaute, mußte der Verfasser des Dokuments, Hector de Valois, sein.
So schnell, wie er gekommen war, verschwand er auch wieder.
Das Gesicht löste sich auf, die magische Zone ebenfalls, die Realität hatte mich wieder.
Mein Kreuz hatte den Brand gelöscht! Verdammt, das mußte doch etwas bedeuten!
Ich war ziemlich durcheinander und hätte eigentlich etwas anderes tun müssen, statt dessen saß ich da, dachte nach und fragte mich, wieso es dem Kreuz gelungen war, das Feuer zu löschen.
Okay, es war ein magischer Brand gewesen, dennoch mußte mein Kreuz ursächlich etwas mit diesem Dokument zu tun haben.
Vielleicht auch mit den Templern oder dem Dunklen Gral. Und was war eigentlich der Schatz von Jerusalem?
In den letzten Minuten hatten sich zahlreiche Fragen aufgetan, auf die ich nicht die Spur einer Antwort wußte.
Statt dessen lag vor mir ein verbranntes Dokument. Das Erbe des Hector de Valois, das nur mehr bis auf einen winzigen Rest an der unteren rechten Kante aus Asche bestand.
Ansonsten konnte man es vergessen.
Und ich spürte den Hauch.
Wie ein heißer Atem strich er über meinen Nacken. Das war Warnung genug, denn ich dachte wieder daran,
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