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0392 - Der Rachedolch

0392 - Der Rachedolch

Titel: 0392 - Der Rachedolch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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einem Trick hatte er sich aus der Hölle freikaufen können. Seitdem bewohnte er unter Sid Amos’ Obhut ein paar Zimmer in Caermardhin.
    Su Ling war seine Gefährtin. Eine Reihe von Wiedergeburten hatte dafür gesorgt, daß die beiden, die in ferner Vergangenheit Mann und Frau gewesen waren, sich in der Gegenwart wieder begegneten - und sich erkannten. Damit Wang nicht über Su Ling erpreßbar war, hatte er sie ebenfalls nach Caermardhin geholt, dem Zugriff dämonischer Mächte erst einmal entzogen.
    Die hübsche Chinesin, die in San Francisco geboren und aufgewachsen war, hatte dort für eine der Niederlassungen der Tendyke-Industries Inc. gearbeitet. Ihre Arbeit konnte sie dank einer besonderen Vereinbarung nun auch in Merlins Burg in Wales durchführen. Sie saß gerade an ihrem kleinen Computer-Terminal, das in der altehrwürdigen, prunkvoll mittelalterlich eingerichteten Burg ein absoluter Anachronismus war. Aber es gab noch weitere Anachronismen ähnlicher Art…
    »Du, Sid?« stieß sie verwundert hervor. »Was ist passiert?«
    Wang Lee ging an Amos vorbei und baute sich neben Ling auf. Er legte ihr die linke Hand leicht auf die Schulter.
    »Er regt sich über etwas auf«, sagte er leise. »Kein Grund zur Panik.«
    »Du hast gestern Sara Moon kontrolliert«, sagte Amos. »Ist dir dabei etwas aufgefallen? Denke sehr gut nach.«
    Die Chinesin sah ihn an, drehte dann den Kopf und schenkte Lee einen fragenden Blick. Der Mongole schwieg.
    »Mir ist nichts aufgefallen«, sagte Ling. »Alles war normal. Warum fragst du?«
    »Wejl ich vorhin feststellte, daß sie geflohen ist«, sagte Lee rauh.
    »Das ist unmöglich!« stieß Ling hervor. Sie sprang auf, Lees Hand glitt von ihrer Schulter ab. »Willst du mir etwa ankreiden, daß sie fort ist? Gibst du mir die Schuld, Sid? Das ist eine bodenlose Frechheit…«
    »Beruhige dich«, sagte Amos. Er hob blitzschnell die Hand, wob ein unsichtbares Muster in die luft. Lee faßte nach dem Schwertgriff, aber mitten in der Bewegung erstarrte er. Eine seltsame Kraft hielt ihn fest, verurteilte ihn zur Bewegungslosigkeit. Ling war ebenfalls erstarrt. Amos trat direkt vor sie. Seine Fingerspitzen berührten Stirnmitte und Schläfen der jungen Frau.
    »Ich will deine Erinnerung«, murmelte Amos. »Ich muß wissen, was du gesehen hast. Jede Kleinigkeit, selbst die, die du nicht bewußt registrieren konntest…«
    Er schloß die Augen. Ein schwacher Energiestrom schien zwischen den beiden ungleichen Geschöpfen zu fließen. Dann trat Amos zurück und löste den Bann.
    »Was fällt dir ein?« schrie Su Ling empört. »Ich verbiete dir, in meiner Erinnerung herumzuwühlen!« Sie fuhr herum und warf sich gegen Wang Lee, der sie auffing und an sich zog. Er senkte die Brauen. Drohend sah er Amos an.
    »Wage das, was du gerade getan hast, nur noch ein einziges Mal, und ich töte dich!«
    »Beruhige dich«, sagte Amos. »Es ist ihr doch nichts geschehen. Aber sie hat tatsächlich nichts bemerkt. Das könnte die Zeitspanne erheblich einschränken, in der Sara Moon geflohen sein kann.«
    »Könnte…?« dehnte Wang Lee.
    »Nun, vielleicht hat sie Su Ling hypnotisiert oder sonstwie getäuscht. Schon einmal gelang es ihr, ein Trugbild zu errichten. Ich dachte, ich hätte diesmal Sicherheitsvorkehrungen getroffen, die das verhindern, aber mir scheint, ich habe mich getäuscht. Ich werde mir ihre Zelle einmal näher ansehen.«
    »Ich werde die anderen informieren«, sagte Wang Lee.
    Amos nickte. »Tu das.«
    Er schritt davon und fragte sich, wie es möglich sein konnte, daß die Druidin entwich. Sie konnte die vorhandenen Sperren einfach nicht überwinden!
    Amos erreichte die Zelle, in der Sara untergebracht worden war. Vorsichtig durchquerte er die »Magieschleuse« und trat ein. Von seiner Erschöpfung hatte er sich in den letzten zwei Tagen teilweise wieder erholt, aber er wußte, daß er noch längst nicht wieder richtig fit war. Anders wäre es gewesen, wenn er Merlins Regenerationskammer in der Dimensionsfalte hätte benutzen können. Aber das ging nicht. Auch wenn sie Brüder waren, war ihre Magie doch immer noch zu ungleich. Sie würde Amos abstoßen und eher vernichten, als daß sie ihm half. Er konnte es nicht riskieren…
    Aber jetzt rechnete er mit einem Angriff. Vielleicht hatte Sara Moon sich zwar befreien können, täuschte ihre Flucht aber nur vor, um jemanden zu überfallen, der kam, um nachzusehen.
    Amos setzte seine überscharfen Sinne ein. Doch die Kabine war tatsächlich leer.

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