0394 - Die Bestie erwacht
davorstehen, die offenbar mit größter Befriedigung die Nachricht lasen, die Rodeger nach Capricornus' Worten dort angebracht haben sollte. Als die beiden Männer Rodeger erblickten, lächelten sie ihm zu und einer sagte: „Das ist wirklich eine großartige Idee, Sir."
Rodeger nickte grimmig und trat an die Tafel. Der Zettel, der das alles ausgelöst hatte, hing genau in der Mitte.
„GROSSES SCHLACHTFEST Anläßlich der einmonatigen Abwesenheit der SCENDALA von ihrem Stützpunkt und um seine Verbundenheit mit der Besatzung des Schiffes zu beweisen, lädt unser Erster Offizier, Syn Rodeger, zu einem großen Schlachtfest ein. Das Fest findet am 15. Juli von 20.00 - 22.00 Uhr für die erste und von 22.30 bis 0.30 Uhr für die zweite Dienstgruppe statt. Syn Rodeger wird die Schlachtung seiner Säue um 10.00 Uhr persönlich vornehmen."
Rodegers Augen traten hervor. Er machte einen Schritt auf die Tafel zu und riß den Zettel ab. Dann fuhr er herum und starrte die beiden Techniker an, deren Lächeln sofort gefror, denn sie merkten, daß so kein Mann aussah, der Vorbereitungen für eine Festlichkeit traf.
„Wer hat das getan?" schrie Rodeger so laut, daß seine Halsschlagadern anschwollen. Sein von Natur aus rosiges Gesicht verfärbte sich weiter und glich jetzt einer Tomate im ersten Stadium ihrer Reife.
Da keiner der beiden Techniker begriff, was überhaupt los war, gaben sie keine Antwort, sondern verfolgten nur voller Sorge, wie die Farbskale im Gesicht Rodegers in ein dunkles Rot hinüberwechselte.
„Hängt das" - Rodeger hielt den zerknüllten Zettel hoch- „etwa an allen Anschlagtafeln im Schiff?"
„Ja, Sir", sagte einer der Techniker leise.
Rodeger stöhnte und rannte davon. Allmählich wurden seine Schritte jedoch langsamer, denn er wußte daß die Katastrophe nicht mehr aufzuhalten war. Die Besatzung war inzwischen von der Anwesenheit der fünf Säue an Bord der SCENDALA informiert. Sie würde darauf bestehen, daß Rodeger nicht länger allein von Frischfleisch leben konnte.
Rodeger entschloß sich, in die Zentrale zurückzukehren. Auf dem Weg dorthin begegnete ihm Gunneroffizier Garpean.
„Ich habe schon davon gehört!" rief er Rodeger zu. „Großartige Sache. Zum Glück gehöre ich zur ersten Dienstgruppe."
Rodeger wandte sich ab, um nicht in dieses hungrige Gesicht blicken zu müssen. In einer düsteren Vision sah er die Mannschaft in zwei Gruppen von je fünfundsiebzig Mann an einer langen Tafel sitzen und gewaltige Schweinskotelette in sich hineinschlingen.
Rodeger war froh, als er seinen Platz in der Zentrale wieder einnehmen konnte. Habylet hatte inzwischen von Capricornus erfahren, was geschehen war. Er lächelte zufrieden, denn er sah nun seinen heimlichen Wunsch in Erfüllung gehen, daß Rodegers Schweine unter der Besatzung verteilt wurden.
„Ich bin sicher, daß Lamely hinter dieser Verschwörung steckt", sagte Rodeger.
„Was willst du tun?" erkundigte sich Habylet.
„Ich widerrufe die Ankündigung über Interkom."
Das lasse ich nicht zu", erklärte Habylet. „Die endgültige Befehlsgewalt über die Funk- und Sprecheinrichtungen des Schiffes liegt beim Kommandanten. Ich verbiete dir, den Interkom zur Rettung deiner Säue zu benutzen."
„Du steckst ebenfalls dahinter!" beklagte sich Rodeger.
Habylet schüttelte entschieden den Kopf.
Rodeger begriff, daß ihm keine andere Wahl blieb, als das Schlachtfest zu veranstalten. Die Besatzung begann bereits, sich darauf vorzubereiten. Seine Stellung als Erster Offizier würde auf Monate hinaus geschwächt sein, wenn er jetzt einen Rückzieher machte.
„Lamely!" murmelte er erbittert.
„Hüte dich vor Racheakten", ermahnte ihn Habylet. „Ich werde nicht dulden, daß sich meine Offiziere wegen einiger Schweine bekriegen."
„Schon gut", sagte Rodeger. „Ich frage mich nur, wie sie es herausgefunden haben."
„Es mußte einfach herauskommen", meinte Habylet. „Ich hätte von Anfang an dagegen einschreiten müssen. Wenn sich die Sache herumspricht, lacht die gesamte Solare Flotte über uns."
„Flora", seufzte Rodeger unterdrückt.
„Sagtest du etwas?" erkundigte sich Habylet.
„Flora" wiederholte Rodeger niedergeschlagen. „So heißt die Sau, die ich für die Besatzung der SCENDALA nun schlachten werde. Es ist eine Schande, sage ich dir. Es ist einfach eine Schande."
2.
Immer dann, wenn es verhältnismäßig still im Schiff war und nur wenige Männer Dienst hatten, schlich sich Syn Rodeger ins untere Poldeck
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