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0394 - Die Unheimliche vom Schandturm

0394 - Die Unheimliche vom Schandturm

Titel: 0394 - Die Unheimliche vom Schandturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Schuppen lagerten.
    Darunter befanden sich edle Stoffe, die keinesfalls vernichtet werden sollten. In Venedig hatte Rudolph Ricardis sie eingekauft, und sie waren für einen hohen Geistlichen gedacht, der sich aus ihnen neue Gewänder schneidern lassen wollte.
    Der Sturm tobte weiter.
    Gretchen, die eingeschlafen war, wurde plötzlich wach, als ein besonders hohl klingendes und hohes Pfeifen durch die Luft schnitt und wie eine Warnsirene klang.
    Sie lauschte dem Pfeifen, das ebenso schnell verklang, wie sie es gehört hatte. Außerdem mußte es vom Friedhof her gekommen sein, wo auch Gertrude, Rudolphs Frau, begraben lag.
    Sie war vergessen…
    Schon zu ihren Lebzeiten hatte er sich nicht mehr viel aus seiner Gattin gemacht und sich lieber eine junge Geliebte gesucht. Gertrude hatte davon erfahren, ihm aber nach außen hin keine Szene gemacht.
    Plötzlich fiel Gretchen auf, wie still es geworden war. Zwar wehte noch immer der Wind, aber er war im Vergleich zu dem vergangenen Orkan nur noch ein laues Lüftchen.
    Eine richtige Erholung…
    Es tat gut, zu liegen, in die Ruhe hineinzulauschen und sich auf das vorzubereiten, was auf sie in Gestalt ihres Geliebten zukommen würde.
    Da war er schon!
    Sie hörte die Schritte auf der Treppe durch die geschlossene Tür des Turmzimmers. Aber war das überhaupt ihr Geliebter, der sich da näherte?
    Rudolph ging viel forscher und voller Tatendrang. Diese Schritte aber waren lahm und völlig gleichmäßig. Nein, das mußte ein anderer sein, es sei denn, Rudolph war sehr müde oder verletzt.
    Man würde sehen.
    Mit fiebernden Blicken schaute das Mädchen auf die Tür. Nur noch wenige Stufen, dann stand der Besucher vor dem Zimmer, würde die Tür aufdrücken, den Raum betreten und…
    Die Klinke bewegte sich.
    Sehr langsam wurde sie nach unten gedrückt. Auch das war nicht Rudolphs Art, bei ihm lief dieser Vorgang viel rascher und forscher ab. Am Druckpunkt blieb die Eisenklinke für einen Augenblick in dieser Stellung, bevor sie heftig aufgestoßen wurde.
    Freie Bahn für den Besucher!
    Gretchen saß im Bett. Sie starrte auf das offene Rechteck und sah die Gestalt auf der Schwelle stehen. Es war nicht Rudolph! Trotzdem schrie sie nicht, sie vergaß zu atmen, denn die Frau, die ihr da einen Besuch abstattete, lebte nicht mehr.
    Es war Gertrude Ricardis, eine Tote!
    Gretchen saß starr im Bett, die andere stand auf der Schwelle. Sie hatte den Schädel mit dem bleichen Gesicht ein wenig vorgeschoben und glotzte wie aus toten Fischaugen in den Raum. Das Haar war in den letzten Jahren grau geworden. Jetzt klebten noch Dreckkrumen zwischen den Strähnen und fielen ab, wenn die Frau den Kopf bewegte.
    Sie trat langsam vor.
    Den ersten Schritt, den zweiten. So hatte sie Platz, die Tür zu schließen.
    Diese knallte mit einem lauten Schlag ins Schloß. Genau dieses Geräusch war es, das Gretchen aus der Erstarrung riß. »Wer… wer bist du?« flüsterte sie und noch immer unfähig, einen Hilfeschrei auszustoßen.
    Eine Antwort bekam sie nicht. Statt dessen trat die lebende Leiche ans Bett und nahm ein dünnes Laken auf, das sie zusammendrehte.
    Dabei wurde sie von Gretchen mit weit aufgerissenen Augen beobachtet, dann das junge Mädchen ahnte, was ihr bevorstand.
    So fertigte man eine Würgeschnur an…
    Auch bei den nächsten Schritten der lebenden Leiche drang nur ein röchelndes Atmen über Gretchens Lippen. Sie schaute zu, wie die Untote weiterging und dabei ihren Blick nicht von der Blonden losließ.
    Die Haut über den Knochen wirkte wie ein schwammiger Teig.
    An einigen Stellen zeigte sie schon gelbe Flecken, das alles bekam Gretchen mit, die wie zur Abwehr ihren linken Arm vorstreckte.
    »Wer bist du?« schrie sie noch einmal.
    Als Antwort warf sich die andere vor. Ihr Körper fiel schwer auf die hockende junge Frau und drückte sie zurück. Gretchen spürte das Gewicht dieser lebenden Leiche, und sie merkte auch die kalte Totenhand, die über ihren Körper kroch, die Kehle erreichte und sich dann auf ihre Lippen preßte.
    Nun konnte sie erst recht nicht mehr schreien und auch nicht mehr fliehen. Sie wehrte sich nicht einmal, auch dann nicht, als die lebende Leiche ihr die Würgeschnur um den Hals legte und zuzog.
    Und die Tote schaute mit leeren Blicken zu, wie die junge Geliebte ihres Mannes starb…
    ***
    Der Wind schlug die Tür so heftig zu, daß der Mann nicht mehr ausweichen konnte und den schweren Riegelbalken gegen die Stirn bekam. Wie vom Blitz getroffen, brach der

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