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0394 - Die Unheimliche vom Schandturm

0394 - Die Unheimliche vom Schandturm

Titel: 0394 - Die Unheimliche vom Schandturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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früher auch immer getan hatte. Nur waren damals keine Erdkrumen aus den Strähnen gerutscht. Jetzt rollten sie aus den Strähnen, berührten die Schultern, tickten dort weg, fielen auf die angezogenen Beine und von dort zu Boden.
    Gertrude trug ihr Totenhemd. Ihr Mann hatte es bei einem Schneider anfertigen lassen. Es bestand aus Linnen, war jetzt zerknittert und schmutzig, wie die Frau, die aus dem Grab gekrochen war.
    Rudolph ächzte. »Du… du bist ein Geist«, stöhnte er und schüttelte sich. »Du bist ein verdammter Geist, du kannst nicht zurückkehren. Das ist unmöglich …«
    »Ich bin da.«
    »Neiinnn! Ich habe dich tot gesehen. Ich habe dich selbst beerdigt. Das geht einfach nicht.«
    »Ich bin es trotzdem, Rudolph. Ich bin zurückgekehrt, um dich zu sehen, Geliebter. Ich erinnerte mich an die Worte, die du mir auf dem Sterbebett gesagt hast. Du wolltest mich immer lieben, auch über den Tod hinaus. Darüber habe ich mich gefreut, Rudi. Denn jetzt kannst du mich lieben.« Sie streckte ihm die Arme entgegen und zeigte ihm die offenen Handflächen. »Komm her und liebe mich, Rudi.«
    Der Mann war überrascht. Er holte Luft und verschluckte sich dabei. »Ich soll… ich soll?«
    »Ja, du sollst herkommen und mich lieben. Oder ist das zuviel verlangt, Rudi?«
    »Ja, nein…«
    »Hast du etwa gelogen?« fragte sie. »Hast du eine Sterbende belogen, Rudi?«
    Ihre Stimme klang so anders, wie aus einem Verstärker. Überhaupt konnte sie gar nicht seine Frau sein, die lag unter der Erde.
    Das mußte eine andere…
    »Du bist es nicht, Gertrude! Verdammt, du bist es nicht! Ich kann dir einfach nicht glauben…«
    »Doch ich bin es. Ich kehrte zurück, um dich zu überraschen. Außerdem will ich, daß du dein Versprechen einlöst.«
    Rudolph Ricardis merkte, wie seine Knie anfingen zu zittern. Er hatte Mühe, die Fassung zu bewahren. In seinem Kopf tobte das Blut, und hinter den Schläfen hämmerte es. Das Pochen spürte er ebenfalls hinter den Augen, so daß er das Gefühl hatte, sie würden aus den Höhlen quellen und auch die Höhlen verlassen.
    »Nun…«
    »Geh zum Teufel!« schrie er plötzlich.
    Die lebende Tote lachte. »Spricht man so mit seiner geliebten Frau, Rudolph? Oder sollten deine Worte Lügen gewesen sein? Warst du froh, daß ich starb?«
    Er hätte ihr ein »Ja« ins Gesicht schreien sollen, doch er brachte es einfach nicht übers Herz. So blieb er am Fenster stehen und starrte den weiblichen Zombie an.
    »Gib mir eine Antwort!«
    »Geh weg!« ächzte der Mann.
    »Nein, ich bleibe!«
    »Dann muß ich dich umbringen!«
    Da lachte sie ihm entgegen. Gertrude sah das schweißnasse Gesicht ihres Gatten, und sie fragte mit einer blechern und höhnisch klingenden Stimme: »Willst du eine Tote töten?«
    »Du bist schon…«
    »Ich bin gestorben und lebe trotzdem. Nimm ein Messer und stich es mir in den Körper. Es kann mir nichts anhaben. Ich lebe, mein werter Gatte. Ich lebe wirklich, um mit dir mein zweites Leben zu beginnen, das für mich ewig dauern wird. Ich will sehen, wie du alterst, wie du allmählich gebrechlich wirst und der Schönheit, der Kraft und dem vitalen Leben der Jugend nur noch nachtrauern kannst. Du schaust hinter den Mädchen her, aber du wirst zu schwach sein, um dir eine Geliebte nehmen zu können. Das brauchst du auch nicht, denn du hast ja mich. Ich werde dich dann beerdigen und weiterleben…«
    »Hör auf, verdammt! Hör auf!« Der Mann drehte fast durch. Er hielt sich die Ohren zu. Nichts wollte er mehr hören. Sie sollte den Mund halten, aber sie sprach weiter und bewegte sich dann.
    Rudolph ließ die Hände sinken. »Was ist los?«
    »Hast du meine letzten Worte nicht verstanden?«
    »Nein!«
    »Dann will ich sie für dich wiederholen. Ich zeige dir jetzt deine Geliebte. Du kennst sie doch – oder?«
    »Gretchen?«
    »Ja, so heißt das blonde Pummelchen. Oder so hieß es. Es wollte sich bei dir einnisten…«
    »Was hast du getan, Gertrude?«
    Da lachte sie laut und irre. »Was ich getan habe, ist ganz einfach. Zudem habe ich es tun müssen.« Mehr sagte sie nicht, statt dessen drückte sie ihren Oberkörper vor, streckte auch die Arme aus und griff unter das Bett.
    Ricardis ahnte etwas, allein er tat nichts, aber er hörte das Schleifen, als die lebende Tote, das gefunden hatte, was sie suchte.
    Und dann sah er die Hand.
    Eine Klaue mit dünnen Fingern. Blaß, bleich, gekrümmt. Mit den Nägeln schabte sie über den Boden.
    »Laß es!« Der Mann hörte sich selbst

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