04 - komplett
Elisabeth stammte. Trotzdem hatte man es gut instand gehalten, und drinnen waren viele Modernisierungen vorgenommen worden, sodass es sich behaglich dort leben ließ.
„Oh, wie schön“, flüsterte Cassie, als Vincent ihr spät am Abend aus der Kutsche half.
Der Duft der Rosen- und Geißblattbüsche erfüllte die Nachtluft. „Wie wundervoll es duftet. Der Garten muss bei Tageslicht einen herrlichen Anblick bieten.“
„Es tut mir leid, dass wir erst so spät angekommen sind“, entschuldigte Vincent sich, da es schon fast Mitternacht war. „Aber ich dachte, du möchtest gewiss lieber in deinem eigenen Zuhause schlafen als in einem Gasthof.“
„Oh ja, das möchte ich auch“, stimmte Cassie ihm zu und versuchte tapfer, ein Gähnen zu unterdrücken. „Ich bin unendlich glücklich, hier zu sein, Vinnie. Und den Garten sehe ich mir eben morgen an.“
In der Halle warteten bereits einige Dienstboten, die hastig herbeigeeilt waren, um ihren Herrn und ihre neue Herrin willkommen zu heißen.
„Verzeihen Sie unsere so knapp angekündigte Ankunft“, wandte sich Vincent an den Butler. „Die Entscheidung fiel ganz impulsiv. Ich nehme an, unsere Schlafräume sind fertig, Morton?“
„Jawohl, Mylord“, erwiderte der Butler. „Ihren Anweisungen entsprechend rechneten wir zu jeder gegebenen Zeit mit Ihrer Ankunft, also sind wir seit der Hochzeit in Bereitschaft. Ein kalter Imbiss ist im Frühstückszimmer angerichtet, falls Sie hungrig sind, Mylord.“
„Danke. Ich wusste, dass ich mich auf Sie verlassen kann. Wäre Mrs. Morton so freundlich, Ihre Ladyschaft nach oben zu begleiten? Meine Frau ist sehr erschöpft von der Reise. Sie können ihr in zehn Minuten ein Tablett nach oben bringen lassen.
Danach braucht keiner von Ihnen aufzubleiben. Die Zofe Ihrer Ladyschaft wird sich um die kleine Gepäcktruhe kümmern. Alles andere kann bis zum Morgen warten.“
„Jawohl, Mylord, vielen Dank.“
Cassie wurden schnell die wichtigeren Mitglieder ihres Haushalts vorgestellt. Sie war zu müde, um sich die Namen zu merken, doch Janet würde sie ihr morgen in Erinnerung rufen. Mrs. Morton führte sie die Haupttreppe hinauf und den Flur entlang zu einer Zimmerflucht im Westflügel des Hauses. Im ersten, sehr hübschen Salon, der in Blautönen und Creme gehalten war, sah sie erleichtert ihre treue Janet auf sie warten. Sie hatte im angrenzenden Schlafzimmer schon ihre Nachtwäsche ausgepackt und bereitgelegt.
Und dort erlebte Cassie noch eine schöne Überraschung. Die Wände waren mit einer grünen Seidentapete verkleidet, die ein dezentes Muster aus Veilchen aufwies. Die Bettvorhänge, in einem helleren Grünton gehalten, waren mit einer Bordüre aus erlesener Stickerei besetzt, die kleine Veilchenbouquets darstellten.
Cassie war begeistert. „Selbst wenn es regnet und ich nicht ausgehen kann, werde ich das Gefühl haben, in der freien Natur zu sein.“
Mrs. Morton nickte lächelnd und überließ ihre neue Herrin den Händen ihrer Zofe.
Erleichtert ließ Cassie sich von Janet aus ihrem Reisekleid befreien. Warmes Wasser stand bereit. Cassie trat hinter einen wunderschön bemalten Wandschirm, wusch sich und zog das zarte, hauchdünne Nachthemd an. Danach schlüpfte sie in einen sehr eleganten Satinmorgenrock.
Sie setzte sich auf den Stuhl vor der Frisierkommode und betrachtete entzückt die silbernen Bürsten und Spiegel, die dort aufgereiht lagen.
„Schau doch nur, Janet, meine Initialen stehen darauf. Vincent hat sie für mich eingravieren lassen.“
„Sie werden außerdem einen ganz besonderen Schreibtisch in Ihrem privaten Salon vorfinden“, verriet Janet mit einem zufriedenen Lächeln, als wäre es ihre Idee gewesen. „Alle Stifte und Tintenfässer tragen Ihre Initialen, Miss Cassie. Seine Lordschaft hat sich große Mühe gegeben, alles hübsch für Sie zu gestalten.“
„Ja, nicht wahr?“ Cassie lächelte. „Ich glaube, hier werden wir sehr glücklich sein, Janet.“
„Ja, Miss Cassie. Das werden wir gewiss.“ Janet war fertig damit, ihr das Haar zu bürsten. „Kann ich noch etwas für Sie tun?“
„Nein, danke, Janet.“ Cassie stand auf und küsste sie auf die Wange. „Du kannst zu Bett gehen. Ich werde dich heute Nacht nicht mehr brauchen, und du musst völlig erschöpft sein.“
„Gute Nacht, Mylady. Ich wünsche Ihnen und Ihrem Gemahl alles Glück der Welt.“
Nachdem Janet gegangen war, nahm Cassie einen kleinen Flakon in die Hand und schnupperte daran. Das Parfüm duftete sehr
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