04 - Lebe lieber untot
seine Liebe gelobt hatte. Er würde sich auch in nächster Ewigkeit nicht wieder in das Vampirarschloch verwandeln, das er einmal gewesen war, ganz gleich, wie sehr sich meine Mutter das auch wünschte.
Zumindest war das meine Hoffnung.
„Wo wir gerade von übermächtigen gebürtigen Vampiren reden -“
„Ach, tun wir das? Ich dachte, wir reden über Jack.“
„Genau.“
Oh.
„Zufällig kenne ich einen übermächtigen gebürtigen Vampir, der dich schrecklich gerne wiedersehen würde.“
Einfach so konnte meine Mutter das Thema wechseln - und wieder einmal stand ich im Mittelpunkt ihres Interesses.
„Hör mal, Ma, ich weiß ja, ich hab gesagt, ich würde mit Remy ausgehen, aber wir waren sicher schon ein Dutzend Mal zusammen aus, und ich fühl mich einfach nicht zu ihm hingezogen.“
Remy Tremaine war der Chef des Fairfield Police Departments und der allerliebste Schwiegersohnwunschkandidat meiner Mutter. Er sah gut aus, war stinkreich (dank des privaten Sicherheitsdienstes, den er leitete, wenn er nicht gerade Fairfields Freund und Helfer spielte) und verfügte über eine geradezu astronomische Fertilitätsrate. Außerdem war er der Sohn der ältesten und liebsten Freundin meiner Mutter (sie waren zusammen aufgewachsen, hatten mit ihren Puppen gespielt, über Jungs geredet und kleine Dörfer terrorisiert).
Sicher, ich mochte Remy (wir waren zusammen aufgewachsen, aber ohne die Puppen, Jungs und kleinen Dörfer, natürlich), aber das hieß noch lange nicht, dass ich Remy mochte.
Das hatte ich zumindest bis vor ein paar Monaten gedacht. Zwischen uns hatte es einige Kabumm-Momente gegeben (Subst., beschreibt Augenblicke, in denen es zwischen zwei Individuen plötzlich und unerwartet funkt und sie ein Kribbeln im Bauch spüren), und jetzt war ich nicht mehr so hundertprozentig überzeugt, dass er auf keinen Fall der Richtige für mich war.
Gleichzeitig war ich aber auch nicht hundertprozentig sicher, ob ich es herausfinden wollte.
Weil du Ty magst.
Ich ignorierte die Stimme. „Ich werd darüber nachdenken.“
„Dann beeil dich damit, weil ich ihn zur Jagd einladen möchte. Ihr beiden könntet früher gehen und ein bisschen Zeit miteinander verbringen, um euch kennenzulernen. Ihr könntet über deinen eindrucksvollen Orgasmusquotienten reden und über seine Fertilitätsrate.“ Erregung durchdrang ihre Stimme.
„Ich möchte dir ja nicht die Überraschung verderben und die Zahl verraten, die Estelle erwähnte, aber lass mich einfach nur sagen, dass ihr einander mehr als ebenbürtig seid.“
„Das weiß ich schon, Ma. Du hast es mir letzte Woche erst erzählt. Und die Woche davor. Und die Woche davor.“
„Nun ja, dann ist ja alles klar. Ich werde Estelle anrufen.
Sie und ich, wir sind beide für eine Bindungszeremonie im April. Sie könnte im Club der Jägerinnen stattfinden und -“
„Es ist doch nur ein Abendessen, Ma, und ich hab noch nicht mal Ja gesagt.“
Sie ignorierte den zweiten Teil. „Zuerst ist es nur ein Abendessen, und bevor du dich versiehst, bringst du schon die kleine Jacqueline Marie du Champagne Genoise Tremaine zur Welt.“
„Ich muss jetzt Schluss machen, Ma.“ Ich legte den Hörer auf und versuchte, mein aufgeregt schlagendes Herz zu beruhigen.
Nicht weil ich nicht vorhatte, eines Tages einen Babyvampir rauszupressen. Sicher wollte ich das. Daher ja auch meine jüngste Politik von wegen „keine Beziehungen ohne Zukunft“. Aber ich würde das Kleine so was von auf keinen Fall nach meiner Mutter nennen. Mein eigener Name fand nicht mal auf dem Antragsformular für eine MasterCard Platz, und es kam gar nicht in Frage, dass ich meinem Kind ein ähnlich grausames Schicksal auferlegen würde.
Eher würde ich mich für etwas Kurzes und Niedliches und nicht ganz so Altmodisches entscheiden.
Shiloh vielleicht.
Oder Violet.
Oder Magenta.
Diese Vorstellung beruhigte mich ungefähr ganze fünf Sekunden lang und rief sogar ein winziges Lächeln hervor.
Allerdings eines, dem kein langes Leben beschieden war, da ich meine Aufmerksamkeit wieder Vinnies Antrag zuwandte. Ich tippte eine kleine Auswahl seiner Must-haves ein und ließ meine Datenbank durchsuchen.
Null Komma gar nichts.
Was bedeutete, dass ich außerhalb des Kreises meiner bereits existierenden Klientinnen suchen musste.
Weit außerhalb, erkannte ich nach einigen Minuten des Nachdenkens. Also stand ich auf und nahm mir meine Handtasche.
Schnell noch ein bisschen Lipgloss aufgetragen, und ich war auf dem Weg
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