04 - Winnetou IV
Vorsitzender.
Edward Summer (Ti-iskama),
Professor der Klassikal -Philologie,
als Stellvertreter des Vorsitzenden.
William Evening (Pe-widah),
Agent, als Schriftführer.
Antonius Paper (Okih-tschintscha),
Bankier, als Kassierer.
Old Surehand,
Partikulier, als Direktor.“
Ganz unten, am Rand dieses Schriftstückes, stand die von dem letzteren selbst geschriebene Privatbemerkung:
„Ich hoffe, das Du auf alle Fälle kommst. Betrachte mein Haus als das Deinige, auch wenn wir nicht daheim sind. Ich bin als Direktor jetzt leider stets unterwegs. Es gibt für Dich eine ungeheuer freudige Überraschung. Du wirst entzückt sein über die Leistung unserer beiden Jungens.
Dein alter, treuer Old Surehand.“
Ich füge zu diesem langen Brief gleich den folgenden, kürzeren, der bei mir eintraf. Er lautete:
„Mein Bruder!
Ich weiß, daß Du eingeladen bist. Versäume ja nicht, Dich einzustellen! Ich freue mich unbeschreiblich auf Dich. Die beiden Boys werden Dir noch besonders schreiben. Dein
Apanatschka,
Häuptling der Kanean-Komantschen.“
Diese ‚beiden Boys‘, oder wie Old Surehand sich ausgedrückt hatte, ‚unsere beiden Jungens‘, schreiben mir hierauf folgende Zeilen:
„Hochverehrter Herr!
Als Sie uns einst von unserem falschen, niedrigen Kunstweg so streng hinüber nach dem höheren, ja allerhöchsten wiesen, versprachen wir Ihnen, nur erst dann an die Öffentlichkeit zu treten, wenn wir imstande seien, durch wirkliche und unanfechtbare Meisterwerke zu beweisen, daß die rote Rasse in keiner Weise weniger begabt ist, als irgendeine der anderen Rassen, auch in Beziehung auf die Kunst. Wir erbten unsere Begabung von unserer Großmutter, die, wie Sie wissen, eine Vollindianerin, ja, in rein äußerer Beziehung sogar ein Vollindianer war. Wir sind bereit, den von Ihnen verlangten Beweis jetzt nun zu führen. Sie versprachen uns, wenn diese Zeit gekommen sei, sich trotz der weiten Entfernung hier bei uns einzustellen, um unsere Werke zu prüfen. Wir sind der Meinung, daß wir diese Prüfung nicht zu fürchten haben und erwarten Sie um die Mitte des September am Mount Winnetou, um Sie willkommen zu heißen. Wir haben erfahren, daß Sie, wie sich ganz von selbst verstand, eingeladen sind, an diesen verschwiegenen und hochwichtigen Beratungen teilzunehmen und hegen die feste Überzeugung, daß Sie sich durch nichts abhalten lassen werden, zur rechten Zeit am angegebenen Ort zu erscheinen. In größter Hochachtung sind wir Ihre ganz ergebenen
Young Surehand.
Young Apanatschka.“
Diese Zuschrift hatte Hände und Füße. Sie machte mir Freude, obgleich sie von den beiden ‚Jungens‘ nur zu dem Zweck, mir einen tüchtigen Rippenstoß zu versetzen, in dieser Weise verfaßt worden war. Wer meine beiden Reiserzählungen ‚Winnetou‘ und ‚Old Surehand‘ gelesen hat, kann sich sehr leicht denken, wer diese beiden Boys sind. Wer sie noch nicht gelesen hat, den muß ich bitten, dies nachzuholen, um den vorliegenden Band, der zu gleicher Zeit auch der vierte Bank von ‚Old Surehand‘ und ‚Satan und Ischariot‘ ist, verstehen zu können.
Wie man sich erinnern wird, hatte sich herausgestellt, daß Old Surehand, und Apanatschka Brüder waren, die man ihrer Mutter, einer körperlich, seelisch und geistig hochbegabten Indianerin, unterschlagen hatte. Um diesen Raub aufzuklären, hatte sie, als Indianer verkleidet, unter dem Namen Kolma Putschi viele Jahre lang die Städte des Ostens, die Savannen und die Urwälder durchforscht, ohne dieses Ziel zu erreichen, bis es Winnetou und mir gelang, die von ihr gesuchten Spuren und infolgedessen dann auch die beiden Söhne zu entdecken, den einen als hochberühmten Westmann und den andern als nicht weniger berühmten Komantschenhäuptling, zwei außerordentlich wertvolle Menschen, deren Freundschaft mir treugeblieben ist, trotz aller Wandlungen, welche sowohl ihr, als auch mein Leben seit damals durchzumachen hatte.
Beide heirateten später ein schönes, intelligentes Schwesternpaar aus dem besonderen Stamm Winnetous, also der Mescalero-Apatschen, und jedem von ihnen war sodann die Freude beschert, einen Sohn zu besitzen, auf den alle Begabungen Kolma Putschis in noch vermehrtem Grad vererbt worden waren. Sie hatten die Mittel, diese Gaben ausbilden zu lassen. Young Surehand und Young Apanatschka wurden nach dem Osten gebracht, um Künstler zu werden, der erstere Architekt und Bildhauer und der letztere Maler und Bildhauer. Die auf sie gesetzten Hoffnungen
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