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04 - Winnetou IV

04 - Winnetou IV

Titel: 04 - Winnetou IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Seite zwischen die Felsen hinein.“
    Wir halfen ihm, die Zeltstangen anders zu legen, und ließen ihn dann mit den Maultieren voran, um unser Führer zu sein. Es war grad noch soviel Tageslicht vorhanden, daß wir sehen konnten, wohin wir ritten. Wir kamen an den Weiher, der dunkel wie ein Rätsel erschien, ritten hindurch und sahen, drüben angekommen, daß es im Felsen allerdings eine von dichtem Grün maskierte Lücke gab, der wir seitwärts folgen konnten. Dann ging es noch eine Strecke am Wässerchen steil aufwärts, bis wir seinen Quellpunkt erreichten, der in einem großen, kreisförmigen Felsenloch lag, dessen Wände, wie es schien, sich senkrecht und unersteigbar in die Höhe reckten.
    „So! Das ist der Ort!“ sagte Pappermann. „Da können wir hundert Jahre lang kampieren, ohne daß uns ein Mensch entdeckt.“
    „Aber feucht, sehr feucht?“ fragte ich.
    „Keineswegs! Die Feuchtigkeit fließt ja ab. Übrigens haben wir Indianersommer, schon wochenlang ohne eine Spur von Regen.“
    „Kann man da an den Wänden hinaufklettern?“
    „Weiß nicht. Habe es damals nicht versucht. Bin niemals ein Kletterspecht gewesen.“
    „Und kann jemand von da oben herunterschauen?“
    „Da müßte er erst von hier hinauf. Von draußen bringt es keiner fertig.“
    „So bin ich beruhigt. Machen wir also erst ein Feuer, um sodann das Zelt aufzuschlagen!“
    Beides war in Zeit von einer halben Stunde geschehen. Wir banden die Pferde und Maultiere nicht an, so daß sie sich bewegen konnten, wie sie wollten. Sie tranken sich erst tüchtig satt. Dann wälzten sie sich ebenso tüchtig im Moos, was sie gern tun, solange sie gesund in den Knochen und Gelenken sind. Und hierauf fanden sie so viel Blatt- und auch anderes Grün, daß wir getrost mehrere Tage hier bleiben konnten, ohne befürchten zu müssen, daß es ihnen an Futter mangele. Sie bedurften aber der Ruhe mehr als der Nahrung, denn der Ritt von dem Kanubisee bis hierher war doch weiter und anstrengender gewesen, als wir nach Pappermanns Worten vermutet hatten. Auch wir selbst fühlten uns ermüdet. Darum dauerte es nach dem Abendessen gar nicht lange, bis wir uns niederlegten. Und das war heut abend ganz anders als gestern. Heut schliefen wir sofort ein, und ich muß zu meiner Schande gestehen, daß ich nicht eher aufwachte, als bis Pappermann mich weckte.
    „Mrs. Burton ist schon munter!“ entschuldigte er sich. „Sie hat schon heißes Wasser bestellt, um – hört Ihrs? Sie mahlt den Kaffee im Zelt, um Euch nicht aufzuwecken. Sagt Ihr ja nichts, daß ich es dennoch für richtig hielt, Euch einen Stoß zu versetzen! Der Mann sei doch immer Mann! Das ist er aber nicht, wenn er schläft!“
    „So habt Ihr mich also nur um meiner Ambition willen geweckt?“ lachte ich. „Yes! Old Shatterhand, und schlafen, wenn seine Frau schon munter ist! Das geht auf keinen Fall!“
    Jetzt betrachtete ich mir die Örtlichkeit. Sie bot allerdings ein selten schönes Versteck. Es gab nirgends auch nur die geringste Spur, daß jemals ein Mensch an diesem abgelegenen Ort gewesen sei. Die Felsenwände waren überaus steil, aber nicht unersteigbar. Es gab Riesenbäume, die mehrere hundert Jahre alt waren und sich mit ihren Ästen und Zweigen so eng an das Gestein schmiegten, daß sie das Klettern erleichterten und unterstützten. Der ‚Junge Adler‘ hatte kaum seinen Kaffee zu sich genommen, so begann er den Versuch, in die Höhe zu kommen. Es gelang ihm ohne Schwierigkeit. Kaum war er oben angelangt, so ertönte sein lauter Ruf:
    „Uff, uff! Ich sehe ein Wunder, ein Wunder!“
    „Nicht so laut!“ warnte ich hinauf. „Wir wissen noch nicht, ob vielleicht doch Menschen in der Nähe sind!“
    „Hier kann es keinen geben, der uns hört!“ antwortete er herab. „Da ist ringsum nichts als nur Luft!“
    „So hoch! Und was liegt unten?“
    „Devils pulpit!“
    „Die Teufelskanzel? Wirklich?“
    „Ja.“
    „Das ist unmöglich, ganz unmöglich!“ widersprach Pappermann.
    „Warum?“ fragte ich ihn.
    „Weil ich es weiß. Und was Maksch Pappermann weiß, das weiß er ordentlich! Der Weg nach der Teufelskanzel führt tief nach links hinunter, wir aber sind rechts abgewichen. Und sie ist von allen Seiten von hohen, steilen Felsen umgeben, die kein Mensch erklimmen kann. Wie ist es da möglich, daß er sie sieht!“
    „Er behauptet es aber!“
    „Er irrt!“
    „Ist es nicht auch möglich, daß Ihr Euch irrt?“
    „Nein!“
    „Daß der Weg von hier nach der Teufelskanzel

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